16. Dezember
Ich laufe. Mein Atem geht flach. Jeder Atemzug schmerzt.
Ich bin im Moment zu wütend, um kalt zu werden. Ich hasse Mingan, doch mehr noch mich selbst.
Mein Herz ist kein verdammter Spielball! Das muss aufhören.
Von jetzt an bin ich wirklich die Schneekönigin. Nur das Eis an meiner Seite.
Eis und Tod.
Ich gehe inzwischen. Seit gestern Nacht bin ich nur gerannt, inzwischen weit über 24 Stunden. Ich bin wie im Wahn. Irgendwie laufe ich vorwärts, auch ohne Magie.
Ich friere nicht. Darüber bin ich hinaus. Ich werde in die Berge gehen und dort auf meine Verfolger warten.
Ich weiß, dass Mingan seine verdammte SMS gesendet hat. Das ganze Land wird mich suchen? Nun, es ist Winter. Und der Winter hat gerade begonnen. Ich werde in den Bergen warten, wo der Schnee am höchsten ist.
Ich werde mich erholen. Ich werde warten und planen und dann werde ich siegen.
Mingan hat mich manipuliert, das ist mir jetzt klar. Meine veränderte Wahrnehmung der Zeit. Die idiotische Geschwindigkeit, mit der ich mich verliebt habe. Und dann hat er meine Eissinne getäuscht.
Er hat bezahlt. Und die, die ihn angeheuert haben, werden ebenfalls bezahlen. Es muss mehr Gerechtigkeit in dieser Welt geben.
Ich falle auf die Knie. Ich bin zu erschöpft. Ich spüre meinen Körper nicht mehr richtig. Sogar mein Denken setzt kurzzeitig aus. Ist es Tag oder Nacht?
Es ist Sonnenaufgang. Das Licht will mich schmelzen. Ich werde stärker sein.
Es ist Winter. Die Sonne hat keine Macht über mich.
Wer bin ich nochmal? Ach ja, die Schneekönigin. Gespött der Indianer nah und fern. Ich werde es ihnen heim zahlen.
Mein Ziel? Stimmt, die Berge. Wo Schnee liegt. Schnee und Eis. Und Tod. Das sind meine neuen Freunde.
Ob ich einen grauen Wolf sehe, wenn ich aufwache? Ich könnte ihn töten und sein Fell als Mantel tragen.
Was sagst du mir, Eis? Ich kann Schnee bewegen? Ich kann Schritte meilenweit durch den Schnee hören, auch wenn ich schlafe? Das ist gut, sehr gut. Ich könnte es vielleicht gebrauchen. Weißt du, unbekannte Magie, ich werde nämlich verfolgt. Und du bist alles, was mich retten kann.
Ob ich den Preis für Gerechtigkeit kenne? Ja, natürlich. Und ich kenne den Preis dafür, zu lügen: Gerechtigkeit. Aber ja, ich werde bezahlen.
Ich gebe die Macht des Wassers auf. Gerne. Wessen Leben würde ich retten wollen?
Es gibt kein Zurück mehr – außer einen Tod?
Ja.
Ich weiß.
Ich wähle diesen Weg. Ich wähle Eis und Tod gegenüber Wasser und Leben. Ich wähle falsche Gerechtigkeit gegenüber Wahrheit.
Ich wähle meinen Tod gegenüber meinem Leben.
Wozu bräuchte ich es denn?
Ich bin der Winter. Die Schneekönigin. Die Gerechtigkeit ist mein.