Kurz zuvor:
Luca lehnte lässig an einer Säule, von wo er die Küche gut im Blick hatte, als er Fay sah, die, mehrere Handtücher auf dem Arm, den Gang entlang kam. Sie grüßten einander mit nicken und lächeln. Luca starrte das blonde Mädchen an und überlegte, ob er sie ansprechen sollte. Doch ihm fiel nichts ein. Sie ging an ihm vorbei.
Gerade, als Luca sich für seine Feigheit verfluchen wollte, hörte er, wie etwas hinter ihm fiel und ein niedliches, kleines "Oh Nein!" von Fay.
Ihr waren die Handtücher hingefallen.
In einer Rekordzeit, die wohl jeden seiner Sportlehrer überrascht hätte, kniete Luca neben ihr und half ihr beim Aufheben. Fay lächelte ihn schüchtern hinter einem Vorhang blonder Haare her an. Als sie aufstand, behielt Luca einen Stapel Handtücher auf dem Arm.
"Danke", sagte das Mädchen schüchtern.
"Ähm. Kann ich dir tragen helfen?", fragte Luca. Noch im gleichen Moment fiel ihm ein, dass er seinen Beobachtungsposten sicher nicht verlassen sollte.
"Das wäre lieb", sagte Fay und Luca biss sich auf die Unterlippe. Ihr entging das nicht: "Was hast du?"
"Eigentlich soll ich hier auf Maya warten", erklärte er nach kurzem Zögern: "Eve und Milo wollen die Tour abbrechen, und wir können uns irgendwie nur bei Maya abmelden."
Fay legte den Kopf schief: "Warum wollen sie abbrechen?"
"Es ist ihnen zu unheimlich", zuckte Luca mit den Schultern.
"Diese ganze Sache mit unseren Daten", nickte Fay: "Das IST unheimlich, findest du nicht auch?"
"Jain", meinte Luca, hin- und hergerissen zwischen dem Drang, ehrlich zu sein, und dem Drang, sie zu beeindrucken.
Fay kicherte: "Es sollte dir unheimlich sein. Sam meinte sowieso -"
Das Mädchen brach ab.
"Was meinte Sam?", fragte Luca, zu seiner Überraschung eifersüchtig.
Maya sah auf etwas hinter ihm: "Da ist Maya! Schnell!"
Luca drehte sich um und sah die junge Frau mit den kurzen, braunen Haaren, die kurz davor stand, hinter einer Ecke zu verschwinden.
"Maya!", rief er und lief los, noch Fays Handtücher auf dem Arm. Maya blieb stehen und wartete auf ihn.
"Ja?", machte sie und musterte ihn etwas länger, bevor sie ihn erkannte: "Du bist von der Hell-Hopping-Tour, oder?"
Luca nickte: "Wir haben dich gesucht!"
"Oh, tut mir leid", sagte Maya und setzte eine besorgte Miene auf: "Irgendetwas nicht zu eurer Zufriedenheit?"
"Naja, ich find's prima", sagte Luca, "aber zwei aus der Gruppe möchten abbrechen. Die Frau am Empfang meinte wohl, du könntest sie abmelden."
Mayas Miene wurde ernst: "Um wen geht es denn?"
"Evelyn Berg und Milo Yamada", sagte Luca.
Maya nickte und schürzte die Lippen dann deutete sie auf den Raum hinter sich: "Ich muss noch kurz was erledigen. Dann kannst du mich zu deinen Freunden bringen."
"Danke", sagte Luca und gab Fay die Handtücher wieder, um sein Handy heraus zu kramen: "Kann ich sie einfach zu deinem Zimmer schicken?", fragte er Maya, doch die Frau war bereits durch die Tür. Luca sah kein Schild, das es ihm verbot und folgte ihr. Er sah zu Fay: "Wenn du Zeit hast - ich würde meinen Freunden nur eine SMS schicken und dir dann helfen."
"Ich muss die Handtücher nur in die Wäsche bringen", sagte Fay lächelnd: "Aber ja, ich habe Zeit." Sie zögerte, dann meinte sie: "Vielleicht sind mir die Handtücher nicht so ganz aus Versehen herunter gefallen ..."
Lucas Herz machte einen kleinen Hüpfer, während er Maya folgte. Er kam in einen kurzen Gang mit mehreren Türen. Eine Tür war halb offen und dahinter lag ein Raum voller Spülmaschinen. Einige davon liefen und surrten leise. Maya hatte eine der Maschinen geöffnet und lud Geschirr in ein Plastikgitter, zweifellos, um es danach in die Küche zu bringen. Luca fragte sich, welchen Job sie eigentlich hatte.
Er hielt sein Handy hoch: "Ich schreibe Milo und Eve. Sie würden vor deinem Raum auf dich warten, ist das okay?"
Maya antwortete mit einem unbestimmten Murmeln und räumte schnell das letzte Geschirr weg. Luca begann, zu tippen. Er ging mit Fay zusammen den Gang zurück, an diversen Türen vorbei.
Er war in Gedanken so sehr mit Schreiben und Fay beschäftigt, dass es ihn völlig überraschte, als Maya ihn plötzlich von Hinten anstieß und durch eine der Türen stieß. Er hörte Fay überrascht aufschreien, dann prallte sie gegen ihn und sie landeten auf dem Betonboden des kleinen Raumes. Maya stand in der offenen Tür und sah auf sie herunter: "Niemand verlässt die Tour", knurrte sie.
Dann schlug die Tür ins Schloss und ließ sie in völliger Dunkelheit zurück. Sie hörten, wie ein Schlüssel umgedreht wurde, und dann, wie sich schnelle Schritte entfernten.
"Fay?", fragte Luca leise, als es still war: "Bist du okay?"
"Ja", sagte sie leise. Luca fand sein Handy und aktivierte den Bildschirm. Das schwache Licht reichte, um Fays Gesicht sehr nah an seinem zu erkennen. Sie standen vorsichtig auf. Luca erkannte, dass er - wohl im Sturz - auf die Senden-Taste gekommen war und die halbfertige Nachricht abgeschickt hatte.
"Ich hole Hilfe", meinte er, ganz der Held der Situation. Doch ein fruchtloser Versuch "Wir sind im Waschkeller eingesperrt! Maya ist verrückt!!" zu schreiben endete darin, dass er keinen Empfang hatte. Er fluchte und hielt sein Handy in die Luft, dann wanderte er langsam durch den Raum und versuchte es immer wieder, bis er mit den Knien gegen eine Spülmaschine stieß.
"Kein Empfang?", fragte Fay leise.
"Nein. Kein Internet, kein Empfang, nichts", knurrte Luca geschlagen.
"Das muss an der Tür liegen", meinte Fay, die erfolglos am Griff gerüttelt hatte.
Luca trat neben sie und zerrte selbst an der Klinke. Nichts geschah.
"Heißt das, wir sitzen hier fest?", fragte er.
Fay zog eine Taschenlampe aus ihrer Hosentasche und leuchtete den Raum aus. Es gab kein Fenster, nur Spülmaschinen, die nicht in Betrieb waren. Sie zwirbelte nachdenklich eine Locke um ihren Finger: "Warum habe ich nur keine Haarklammern dabei? Hast du etwas in der Art? Büroklammern, dünne Stifte, irgendwas? Draht?"
"Nein", sagte Luca: "Was hast du vor? Die Tür aufbrechen?"
Fay nickte vollkommen ernst. Luca starrte sie in dem schwachen Licht der Taschenlampe an: "Bist du Polizistin oder sowas?"
"Ich bin sowas", antwortete sie leise und sah auf den Boden: "Tut mir leid. Ich darf nicht darüber reden. Wirklich nicht."
Luca starrte das Mädchen an. War sie eine Art Geheimagentin? Er wollte nachfragen, aber Fay schaltete die Taschenlampe aus. Einen Moment war es vollkommen dunkel, bis Luca wieder auf den Bildschirm tippte: "Lass das Licht doch an!"
"Wir müssen es uns vielleicht aufsparen", meinte Fay und setzte sich auf den Boden, die Taschenlampe im Schoß.
"Aufsparen?", Luca mochte den Klang dieses Wortes überhaupt nicht.
Fay deutete auf den Boden ihr gegenüber: "Wir sollten ruhig bleiben und überlegen."
Die Situation war so aberwitzig, dass Luca sich tatsächlich wortlos setzte und Fay anstarrte. Plötzlich musste er trocken lachen.
"Was?", fragte Fay.
"Ich wollte schon immer mal mit einem hübschen Mädchen allein an einem dunklen Ort sein", meinte Luca und wünschte sich im Reden halb, er könnte einfach die Klappe halten, statt alles auch noch peinlich zu machen: "Aber so hatte ich es mir nicht vorgestellt."
Zu seinem Glück lachte Fay auf seine Worte nur: "Erwarte immer das Unerwartete."
"Ich werd's mir zu Herzen nehmen", versprach Luca.