Am Zeltplatz:
Sie hatten kein Gepäck. Nur Samira hielt immer noch an der Aktentasche fest. Amy vermutete langsam, dass sich darin vielleicht ein paar Millionen Euro befinden müssten, denn es schien keinen anderen Grund zu geben, die Tasche zu behalten.
Die zehn Gäste betrachteten die beiden Zelte, die ihnen zugeteilt worden waren, ein kleineres offenbar für die Jungen, ein größeres für die Mädchen.
"Ich bleibe nicht hier", verkündete Amy.
Die anderen sahen sie an.
"Willst du wieder in den Wald rennen, oder was?", zischte Samira: "Das ist doch hirnrissig!"
"Nein", sagte Amy und deutete auf den Platz: "Aber sie wollen uns ja am Rand des Zeltplatzes haben, oder? Aber den Gefallen tu ich ihnen nicht."
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Sie würde nicht hier bleiben, auf dem Präsentierteller für alles, was da vielleicht aus dem Wald zu spazieren meinte.
"Sie hat recht", kam Milo ihr zu Hilfe: "Wir haben viel zu lange das getan, was sie von uns erwarten."
"Und wo wollt ihr genau hin?", fragte Samstag, nicht unbedingt skeptisch.
Amy zuckte mit den Schultern: "Irgendwo hin, das nicht hier ist."
Es fühlte sich gut an, zwischen den Zeltreihen hindurch ins Innere zu marschieren. Amy hatte das Gefühl, endlich einen Rest Kontrolle zurück zu erhalten. Als würde ihr Leben wieder ihr gehören und nicht irgendwelchen gesichtslosen Veranstaltern der Hell-Hopping-Tour.
Der Zeltplatz wirkte auf den zweiten Blick wie ausgestorben. Die meisten Zelte schienen verlassen zu sein. Amy und die anderen klopften an einigen an, um die anderen Menschen kennen zu lernen. Es konnten doch nicht alle hier zur Show gehören.
Aber meistens antwortete Niemand. Als Amy schließlich in einige Zelte hinein sah, fand sie keine persönlichen Gegenstände vor, und auch sonst nichts, dass auf Bewohner schließen lassen würde.
"Ich denke mal, die Zelte gehören zum Platz und werden vermietet", riet Lily schließlich.
Amy seufzte. Sie hatten bei der Ankunft ein paar Gestalten in der Ferne gesehen, doch sie trafen Niemanden, bis sie schließlich das Waschhaus erreichten.
Eine junge Frau mit hellbraunen, geflochtenen Haaren trat heraus, einen großen Korb mit gespülten Besteck im Arm und ein nasses Tuch über der Schulter. Sie lächelte sofort, als sie die zehn Menschen entdeckte.
"Oh! Neue Gesichter! Es wurde langsam eintönig hier."
Sie eilte sofort auf die Hell-Hopping-Tour zu, setzte den Korb ab und schüttelte ihnen nacheinander die Hände: "Ich bin Maike!"
Sie stellten sich zögerlich vor. So groß die Freude auch war, einen anderen Menschen zu treffen, so groß war auch ihr Misstrauen.
"Wie lange bleibt ihr?", fragte Maike.
"Nur einen Tag", antwortete Amy schließlich, die Vertrauen zu fassen begann: "Wir sind von der Hell-Hopping-Tour.“
Enttäuschung zeigte sich auf Maikes rundlichem Gesicht: "Oh, ist es schon wieder so weit? Schade."
"Schon wieder so weit?", wiederholte Samstag fragend.
Maike nickte: "Mein Mann Thomas und ich haben einen Dauerzeltplatz da drüben", sie deutete in eine unbestimmte Richtung: "In den letzten Jahren kommen nur noch wenige andere Menschen."
"Ihr lebt hier?", fragte Evelyn erstaunt.
Maike lächelte: "Wir lieben die Natur und das einfache Leben. Wisst ihr - wenn ihr wollt, könnt ihr zu uns kommen. Wir würden uns über Gesellschaft sehr freuen!"
Die zehn tauschten Blicke.
"Liegt Ihr Zelt am Rand vom Platz?", fragte Luca schließlich.
"Nein, ziemlich mittig. Es ist wirklich nicht weit. Und ihr dürft mich gerne duzen", sagte Maike.
Die anderen beschlossen, ihr zu folgen.