Ankunft:
"Es war wohl eine sehr stürmische Nacht", meinte Amy, während ihre Kutsche durch einen stürmischen und dunklen Tag rollte und über Straßen holperte. Die Friesen, die die Kutsche zogen, schaubten.
"Es waren vier Schriftsteller in der Villa versammelt. Die ganze Zeit redeten sie schon über übernatürliche Phänomene, über Geister und Monster. Bis schließlich ihr Gastgeber, Lord Byron, vorschlug, jeder solle selbst eine solche Geschichte schreiben."
Der Regen klatschte heftig gegen die Scheibe. Der Wind ließ die Kutsche schaukeln, und die anderen lauschten ihr gebannt.
"Zwei Geschichten wurden später zu Romanen. Der bekannteste ist "Frankenstein", die Geschichte des gleichnamigen Wissenschaftlers, der eine lebendige Kreatur erschafft. Sein namenloses Monster ist jedoch sehr lieb, doch wohin es auch kommt, wird es nur abgewiesen und beschimpft, bis es schließlich loszieht und seinen Schöpfer aus Rache tötet."
Nur Samira hatte sich zurück gelehnt, ein sarkastisches Lächeln auf den Lippen.
"Das zweite Buch war "Der Vampyr" von John Polidori, das später Bram Stoker dazu inspirierte, "Dracula" zu schreiben."
"So hätte Herr Casten Unterricht machen sollen. Dann hätte ich mich vielleicht für Geschichte interessiert", meinte Eve, nachdem Amy fertig war.
"So hätten alle Lehrer vorgehen müssen", bestätigte Liam.
Milo und Eve schwiegen. Samira stieß Dimitri an, der seine Aktentasche auf dem Schoß trug: "Dein Lieblingshotel, was?"
Dimitri verzog das Gesicht: "Vermutlich."
Amy sah die beiden fragend an: "Warum das denn?"
"Dimitri ist Autor", erzählte Samira grinsend: "Er ist nur mitgekommen, weil dieses Hotel auf der Liste stand."
"Wie seid ihr an die Liste gekommen?", fragte Milo.
Samira seufzte: "Ich hab letztes Jahr die Hell-Hopping-Tour hier getroffen. Zufall, also."
"Hatten die auch solche komischen Sachen?", hakte Eve nach.
Samira zuckte mit den Schultern: "Sie waren ziemlich schweigsam. Vermutlich, also."
Die Kutsche hatte den ganzen Weg über geschaukelt, so heftig, dass Liam sogar einen Anfall von Seekrankheit bekommen hatte. Jetzt bemerkte Amy, dass das Gefährt sanfter rollte. Die Kutsche wurde langsamer. Sie schob den roten Vorhang zur Seite und spähte nach draußen. Aus dem strömenden Regen schälte sich vor ihnen tatsächlich der dunkle Umriss eines Hauses.
"Wir kommen an. Glaube ich", sagte sie und rückte zur Seite, als Eve an ihr vorbei spähte. Je näher sie kamen, desto deutlicher war das Gebäude zu erkennen.
Die Villa Diodati war ein barockes Gebäude aus hellem Stein, mit voluminösen Säulen, großen Fenstern, hellen Stufen, die zur Tür führten und einem unglaublich großem Eingangstor, durch das die Kutschen auf einen Innenhof führten. Es ging über einen Schotterweg, zwischen ordentlichen Blumenbeeten hindurch. Zwischen den Beeten verliefen verschnörkelte Wege, die die Pflanzen scharf einfassen und zu geometrischen Formen anordneten. An der ganzen Fassade des Gebäudes gab es eine hoch gestellte, überdachte Veranda mit schlanken Säulen. Nur hinter ihnen, die Seite mit dem Tor, hatte keine Veranda. Dort bestand das unterste Stockwerk aus Pferdeställen und lag auch niedriger als der Rest des Gebäudes.
Das Hotel war drei Stockwerke hoch, und überall hingen helle Vorhänge in den Wänden.
Die Kutschen rollten bis vor den Aufstieg zum Eingang und hielten dann. Die Kutscher mussten absitzen und die Gäste aus den Kutschen entlassen, da die Türen von Außen verriegelt waren.
Im strömenden Regen hetzten alle 13 schnellstens durch die Pforte und in einen hellen Flur, von dem zwei Treppen direkt in den nächsten Stock führten. Ein kleiner Innengarten mit einem winzigen Teich und einem teuren Garten-Wasserfall lag unter den Treppen.
"Schick hier", murmelte Liam beeindruckt, aber misstrauisch.
"Es ist wirklich schick", sagte Samira, "allerdings schon zu normalen Zeiten etwas unheimlich."