Seit Sallys und Raimons Vermählung war bereits einige Zeit vergangen. Sie hatten in aller Stille geheiratet. Nur die Kinder gingen mit zur Kirche, dazu noch Raimons engste Freunde, die als Trauzeugen agierten. Die kleine Feier, die die Frischvermählten in ihrem Zuhause veranstalteten, war mehr als knapp bemessen. Aber das machte niemanden etwas aus.
Der Alltag hielt schnell Einzug im Haus des Henkers. Sally hatte sich daran gewöhnt, drei Kinder versorgen zu müssen. Doch sie tat es gerne. Sie liebte die drei Wirbelwinde und ließ öfters mal kleine Streiche durchgehen als Raimon.
Auch Raimon genoss es, endlich wieder Leben unter seinem Dach zu haben. Besonders die kleine Faylynn hatte es ihm angetan. Doch wenn er sich unbeobachtet fühlte und das Mädchen betrachtete, überkam ihn die Trauer um seine eigenen Kinder und seine verstorbene erste Frau.
Einmal kam Sally dazu, wie er mit den Tränen kämpfte. Sie setzte sich neben ihn, nahm seine Hand, blieb aber still. Sally wusste, in solchen Momenten war ihr Gatte sehr verletzlich. Ganz anders, als man von einem Scharfrichter annehmen würde. In solchen Fällen musste sie Ruhe bewahren und geduldig sein.
„Sie sieht Bilke so ähnlich“, sagte Raimon eines Tages zu Sally, als ihn die Wehmut nach seiner verstorbenen Familie wieder einmal eingeholt hatte. „Bilke und auch Margareth. Während die beiden sterben mussten, darf Faylynn fröhlich sein, leben, tanzen, Späße machen.“ Er sah Sally mit traurigen Augen an. „Aber wenn sie nicht gegangen wären, hätte ich dich nicht hier bei mir“, sagte er dann. In seiner Stimme klang so viel Liebe zu Sally, dass ihr ein wohliger Schauer über den Rücken lief. „Und du wärst nicht meine Frau.“
Sally lehnte sich nur an Raimons Brust und hörte seinen Herzschlag, im Hintergrund das Lachen der Kinder, die im Garten spielten. Sie waren endlich glücklich und bei Sally und Raimon angekommen.
Einige Wochen später kam Raimon aus dem Rathaus nach Hause. Er hatte wieder seine obligatorische Runde durch die Hurenhäuser gemacht und die Abgaben eingesammelt. Nur in Rodneys Hurenhaus hatte er keinen Erfolg. Er fand es verriegelt vor. Auf seinen Runden schaute er auch nach den Dirnen und deren Gesundheit. Nur gesunde Frauen durften arbeiten.
„Es gibt Neues“, rief Raimon bereits im Flur, nachdem der die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er hatte es eilig, seiner Gattin davon zu erzählen.
Sally kam aus der Küche gelaufen. „Erzähl!“, forderte sie ihn auf.
„Ich war im Rathaus, die Abgaben abliefern“, begann der Henker. „Was denkst du, was ich dort erfahren habe.“ Er grinste breit.
„Nun spanne mich nicht so sehr auf die Folter“, drängelte Sally, die es kaum abwarten konnte, von den Neuigkeiten zu erfahren.
„Rodney wurde eingekerkert“, platzte Raimon heraus. „Einige seiner Kumpane gleich mit. Die anderen sind abgetaucht. Es wird aber nach ihnen gefahndet.“
Sally fiel vor Staunen die Kinnlade herunter. „Was haben sie getan?“, fragte sie, als sie begriff, dass ihr Problem wohl mit einem Mal kein Problem mehr sein könnte.
„Du hast doch letztens von dem Überfall auf die Kaufleute gehört. Die Kunde darüber ging in der Stadt herum wie ein Lauffeuer. Ein paar von den Männern sind bei dem Überfall ums Leben gekommen. Aber mehrere der Überlebenden haben Rodney und seine Kumpane in der Stadt gesehen, erkannt und der Obrigkeit gemeldet.“
„Und nun?“, wollte Sally wissen.
„Die Stadtbüttel haben Rodneys Hurenhaus gestürmt und fast die ganze Meute an Ganoven festgenommen. Nun sitzen sie im Kerker“, wusste der Henker zu berichten.
„Und was ist mit Edwina?“ Sally machte sich Sorgen um die alte Frau, die sie seit ihrer Rückkehr einige Male heimlich in der Stadt getroffen hatte.
„Die haben sie mitgenommen. Als ich erfuhr, dass sie ebenfalls inhaftiert wurde, habe ich für sie gebürgt“, erwiderte Raimon. „Ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, dass die Alte bei dem Überfall mitgemacht hat, geschweige denn davon gewusst hat.“
„Das denke ich auch“, entgegnete Sally. „Aber was mir nun Sorgen macht, ist sie selbst. Wo ist sie jetzt?“
„Ich denke, sie wird zurück ins Hurenhaus gegangen sein. Der Stadtrichter erlaubte ihr, die Verriegelung zu öffnen. Ich wüsste nicht, dass sie noch lebende Verwandte in der Stadt hat, bei denen sie unterkommen könnte. Aber im Hurenhaus kann sie auch nicht bleiben. Das wird geschlossen.“
Sally überlegte. Sie wollte Edwina keinesfalls ohne Dach über dem Kopf lassen. Wenn das Hurenhaus geschlossen bleiben sollte, müsste sie dort auch hinaus. „Könnten wir Edwina nicht hier bei uns aufnehmen?“, fragte Sally. „Sie war immer gut zu mir. Mir graut es davor, sie obdachlos hier zurückzulassen.“
„Wenn du es wünschst, dann geh zu ihr“, antwortete Raimon lächelnd. Er strich über Sallys gerötete Wange. Seine Gemahlin hatte in der letzten Zeit ein wenig zugenommen und ihr Busen war größer geworden. Außerdem hatte er beobachtet, wie sie sich morgens übergeben musste. Obwohl sie zu ihm noch nichts gesagt hatte, war er sich sicher, sie trug ein Kind unter ihrem Herzen.
Aufgeregt hüpfte Sally umher. „Wo ist meine Haube?“, rief sie und kramte in der Truhe, bis sie das Gesuchte fand. Schnell stopfte sie sich ihre Haare unter die Haube. Dass dies nicht besonders ordentlich aussah, interessierte sie nicht. Sie wollte nur so schnell wie möglich zu Edwina. Ehe sie das Haus verließ, warf sie Raimon noch eine Kusshand zu. Dann schloss sie die Tür hinter sich und eilte zum Hurenhaus. Raimon blickte ihr nur kopfschüttelnd hinterher.
Sally lief so schnell sie konnte durch die Straßen der Stadt. Sie konnte es nicht glauben, dass Rodney im Kerker saß und sich das Problem mit ihm sozusagen in Luft aufgelöst hatte. Wenn er die Kaufleute umgebracht hatte, würde die Obrigkeit kurzen Prozess machen und ihn an den Galgen bringen. Auch wenn sie Hinrichtungen verabscheute, Rodney und seine Kumpane hatten es verdient. Dass ihr Raimon diese Leute vom Leben in den Tod bringen musste, missfiel ihr zwar, aber es war nun mal sein Beruf.
Endlich kam Sally am Hurenhaus an. Erinnerungen an die Erlebnisse hinter diesen Mauern kamen in ihr hoch. Schnell verdrängte sie die schlimmen Gedanken, sonst hätte sie nur geweint.
Energisch klopfte sie an die Tür. Sie hätte zwar einfach hineingehen können, aber das wollte sie nicht. Vielleicht war sie hier nicht mehr gern gesehen und wer weiß, wer sich außer Edwina noch drinnen aufhielt und für sie eine Gefahr sein könnte. Aber das zog sie lieber erst gar nicht in Betracht.
Erst nachdem Sally mehrmals geklopft hatte, rührte sich etwas. Sie hörte schlurfende Schritte, so wie sie es von Edwina gewohnt war. Dann öffnete die Alte die Tür und starrte sie an.
„Du“, stieß Edwina erstaunt aus. „Welch eine Überraschung.“ Sie blickte sich um, ob in der Gasse jemand zu sehen war. „Schnell, komm rein“, sagte sie zu Sally und gab die Tür frei.
Sally schlüpfte hinein. Edwina verriegelte die Tür wieder, ehe sie sich der Besucherin zuwandte. „Dich hätte ich am allerwenigsten hier erwartet“, sagte Edwina anstatt einer Begrüßung und schlurfte vor ihr zur Küche. Dort bot sie Sally einen Platz an.
„Warum öffnet Osbert nicht die Tür?“, fragte Sally, während sich Edwina am Herd zu schaffen machte und das Feuer schürte. Sie setzte einen Topf Wasser auf, in dem sie ihren Kräutersud aufkochte.
„Der ist auf Nimmerwiedersehen verschwunden“, erklärte Edwina. „Gleich nach dem Überfall war er weg. Niemand hat ihn gesehen.“
„Vielleicht hat Rodney ihn umgebracht. Du weißt doch, er mochte Mitwisser nicht besonders. Zuzutrauen ist es ihm, Osbert verschwinden zu lassen. Ich habe von dem Unglück gehört“, sagte Sally. „Raimon sagte mir, dass auch du eingekerkert wurdest. Als könntest du einer Fliege etwas zuleide tun, oder unschuldige Menschen umbringen“, ereiferte sich Sally.
„Ach was, Kindchen. Halb so schlimm“, erwiderte Edwina. „Dein Raimon hat mich ja herausgeholt. Er ist ein guter Mann. Außerdem hätte man mir eine Mittäterschaft nachweisen müssen, um mich auf Dauer festzusetzen.“
„Trotzdem“, ereiferte sich Sally erneut. „Wie können diese Stadtbüttel denken, du hast etwas mit diesem Überfall zu tun?“
Edwina reichte Sally einen Becher mit Kräutertee. „Nun rege dich doch nicht so auf! Ich bin doch wieder frei!“, beruhigte sie die aufgebrachte Sally.
„Frei ja, aber bald ohne ein Dach über dem Kopf“, schimpfte die junge Frau weiter. „Ich hörte von Raimon, dass hier kein neues Hurenhaus eröffnet wird. Vielleicht wird das Haus sogar abgerissen. Man weiß ja nie, was die Stadtoberen noch vorhaben.“
„Ja, das stimmt“, antwortete Edwina.
„Weißt du schon, wo du unterkommen kannst?“, fragte Sally. Edwina schüttelte darauf den Kopf. Das hatte Sally bereits vermutet. „Raimon und ich würden dich gerne bei uns aufnehmen“, bot sie der Alten an.
Über Edwinas altes, verrunzeltes Gesicht huschte ein Lächeln. „Ich kann euch doch nicht zur Last fallen“, wehrte sie dann doch ab. „Ich bin eine alte Frau und kann im Siechenhaus auf den Tod warten.“
Sally traten Tränen in die Augen, als sie ihr Gegenüber so reden hörte. „Edwina, ich bitte dich!“, sagte sie dann zu ihr. „Ich könnte es nicht ertragen, dich in Not zu sehen. Immer warst du für uns da. Jetzt kann ich dir endlich zurückgeben, was du uns immer gegeben hast. Du wirst mir nicht zur Last fallen und Raimon auch nicht.“ Schluchzend hielt sich Sally die Hände vor das Gesicht. Die Tränen flossen in Strömen.
„Ach, Kindchen, nun weine doch nicht“, sagte Edwina erneut. „Was will ich alte Frau mit euch jungen Leuten? Ihr habt doch jetzt schon kaum Platz mit drei Kindern und bald noch einem kleinen Hosenscheißer mehr.“
Sally schaute auf. „Woher weißt du?“, stotterte sie mit bebenden Lippen. Noch nicht einmal Raimon hatte sie gesagt, dass sie in anderen Umständen war und Edwina sagte es so frei heraus, als wäre es alltäglich.
Edwina lächelte nur. „Ich sehe es dir an“, meinte sie dann. „Und nun lass gut sein. Ich will euch nicht zur Last fallen und euren knappen Platz noch knapper machen.“
„Jetzt werde ich aber arg böse“, schimpfte Sally. „Ich habe schon einmal gesagt, du fällst uns nicht zur Last. Wenn es so wäre, dann wäre ich nicht hierhergekommen und hätte dir angeboten, zu uns zu kommen.“
„Du bist unverbesserlich und aufmüpfig. Ganz die alte Sally, die ich kenne“, meinte Edwina lachend.
„Ich finde das gar nicht zum Lachen“, schimpfte Sally weiter. „Außerdem werden wir bald nach Dilton Marsh reisen. Dort lebt meine Freundin Genefa. Ach, ich vergaß, Sabrin nun auch. Ein Detektiv, den wir in Dover trafen und ein alter Freund, der nun wohl kein Freund mehr ist, erzählten mir davon.“
„Freund? Detektiv? Was hat es damit auf sich?“, wollte Edwina wissen.
„Das ist eine lange Geschichte, die ich dir später erzählen werde“, erwiderte Sally.
„Dann tu es später“, sagte Edwina.
„Wenn wir in Dilton Marsh alles erledigt haben, gehen wir nach Trowbridge in mein Elternhaus“, platzte Sally dann noch heraus. „Dort werden wir genug Platz haben. Auch für dich!“
„Was wollt ihr in Trowbridge?“, wollte Edwina wissen.
„Ich habe da noch jemanden, mit dem ich ein ganz großes Hühnchen zu rupfen habe“, antwortete Sally. „Und nun, packe dein Bündel“, bestimmte sie.
Edwina gab sich geschlagen. Vielleicht war es sogar besser, wenn sie das Hurenhaus verließ und mit Sally ging.
„Da seid ihr ja“, sagte Raimon zu Sally und Edwina und küsste seine Frau auf die Stirn. „Willkommen in unserer bescheidenen Hütte“, begrüßte er dann auch Edwina, die sich im Hintergrund gehalten hatte.
„Mir blieb ja nichts anderes übrig, als mitzukommen. Deine Gattin kann ganz schön hartnäckig sein“, moserte Edwina und knuffte Sally in die Seite. „So kenne ich sie gar nicht. Früher war sie zwar ein scheues Mäuschen, aber trotzdem sehr aufmüpfig. Aber nun! Du tust ihr gut!“
Raimon kratzte beschämt mit dem Fuß, ehe er sich auf seine Hausherrenpflichten besann. „Komm erst einmal rein in die gute Stube“, bat er Edwina in die Küche, wo die Kinder wie die Orgelpfeifen artig in einer Reihe standen, um der unbekannten Frau guten Tag zu sagen.
„Ah, da ist ja auch die Rasselbande. Schön, dass ich sie nun endlich auch kennenlernen darf“, sagte Edwina, als sie die Kinder erblickte. Sie strich Faylynn übers Haar, den Jungen reichte sie die Hand. „Ich bin Edwina“, stellte sie sich gleich selbst vor. „Aber ihr dürft Großmutter zu mir sagen.“ Im ersten Augenblick, als sie die Kinder zu Gesicht bekam, hatte sie sie ins Herz geschlossen.
Die Kinder strahlten die Frau an. „Ich wollte schon immer eine Großmutter haben“, platzte Faylynn heraus.
Alle lachten und Edwina strahlte mit den Kindern um die Wette. Sie drückte das Mädchen an ihren wogenden Busen, bis es sich strampelnd befreite und wetterte, es würde von der neuen Großmutter gleich am ersten Tag zu Tode gedrückt werden. Die Kleine plärrte jämmerlich, worauf alle lachten.
Seit Edwina im Haus des Henkers Einzug gehalten hatte, hörte man immer öfter Lachen aus dem Haus. Die Kinder waren glücklich. Sie wurden von der Alten verwöhnt wie noch nie in ihrem erst kurzen Leben. Vor allem Faylynn genoss es, außer Sally noch eine andere Frau an ihrer Seite zu haben.
Wenn die Kinder glücklich waren, war es Sally auch. Sie sah täglich, wie sie mehr und mehr die Vergangenheit vergaßen und aufblühten. Die schlimme Zeit in Dover war für sie vorbei. Jetzt waren Sally, ihr Onkel Raimon und die alte Edwina ihr Lebensmittelpunkt.
Sally sah man inzwischen an, dass sie ein Kind unter dem Herzen trug. Raimon trug sie auf Händen und nahm ihr jede Last ab. Öfter schimpfte Sally mit ihm. Sie wäre doch nur schwanger und nicht krank. Der Henker aber wusste es besser. Immerhin war er bereits zweimal Vater und wusste, welche Last sich eine Frau damit aufbürdete.
Nur Edwina schaute die werdende Mutter immer öfter besorgt an. Obwohl Sallys Schwangerschaft noch nicht allzu weit fortgeschritten war, trug sie bereits einen beträchtlichen Bauch vor sich her. Die alte Frau hatte einen Verdacht, sagte aber noch nichts. Erst wollte sie Gewissheit haben. Die hatte sie spätestens bei der Niederkunft.
Die Gerichtsverhandlung gegen Rodney und seine Kumpane stand bevor. Raimon hatte die Männer foltern müssen. Er musste harte Bandagen anlegen, damit sie ihre Untaten gestanden. Die Beweise gegen sie waren eindeutig. Einige Kaufleute und deren Gehilfen hatten sie erkannt. Vor Gericht wiederholten sie ihre Beschuldigungen. Rodney und seine Kumpane bestätigten ihre Geständnisse ohne Murren, obwohl sie wussten, dass dies für sie den Galgen bedeutete. Der Richter verhängte über alle die Todesstrafe. Sie sollten am Galgen ihr Leben aushauchen.
Die Hinrichtung war Raimons letzte Amtshandlung in Exmouth. Er hatte mit den Stadtoberen gesprochen und um seine Entlassung gebeten. Natürlich war der Stadtrat nicht besonders erfreut über seine Nachricht. Zu guter Letzt musste Raimons Anfrage aber stattgegeben werden. Er empfahl noch einen befreundeten jungen Henker als seinen Nachfolger im Amt, den der Stadtrat akzeptierte.
Am Tag der Hinrichtung hatte sich beinahe die ganze Stadt am Richtplatz versammelt. Nur Sally vermied es, dem Spektakel zuzuschauen. Auch die Kinder blieben zu Hause. Sally wollte nicht, dass sie bei der grausamen Handlung dabei waren. Edwina jedoch wollte es sich nicht nehmen lassen, den ihr verhassten Hurenwirt und dessen Kumpane baumeln zu sehen. Sie zwängte sich sogar bis nach vorn in die erste Reihe.
„In der Hölle sollst du schmoren, du Untier“, schrie sie Rodney entgegen, als er von den Stadtbütteln herangeführt wurde. Sie spuckte ihm vor die Füße. Rodney verzog keine Miene, sondern sah Edwina nur herablassend an.
Als alle Delinquenten endlich bewegungslos am Galgen hingen, klatschten die Leute Beifall. Raimon aber wollte keinen Beifall, auch keinen Dank. Es war schlimm, Menschen umbringen zu müssen. Auch nach Jahren haderte er mit sich, warum er gerade diesen Beruf ergreifen musste. Er sprach ein kurzes Gebet für die Erhängten und verließ wortlos den Richtplatz. Er hatte seine Arbeit getan, zum letzten Mal.
Raimon lief noch lange durch die Straßen der Stadt. Er achtete nicht auf seine Umgebung. Die Leute, die ihn grüßten, sah er nicht. Er war jetzt in seiner eigenen Welt, wie immer, wenn er seine furchtbare Pflicht erfüllen musste. Nur dieses Mal wusste er, es war die letzte seines Lebens.