„Du Schatz, wir könnten doch mal wieder…“, schlich mein Göttergatte um mich herum. Dabei machte er den Hab-Mich-Lieb-Dackelblick, der mich zum Dahinschmelzen brachte. Blicke sind so anziehend, vor allem der meines Mannes.
Ich wusste sofort, was los war. Immerhin kannte ich ihn gut genug.
„Du weißt doch, die Kinder“, wehrte ich ab. „Wenn die was mitbekommen, das wäre mir peinlich.“
„Was sollen die Kids schon mitbekommen. Außerdem sind sie auf dem Spielplatz. Die kommen so schnell nicht wieder.“ Er ließ nicht davon ab, mich zu überreden. Aber noch war ich längst nicht so weit, seinem Drängen nachzugeben.
„Du weißt doch wie sie sind. Fällt ihnen was ein, dann sind sie sofort hier und…“, versuchte ich mich herauszureden. „Außerdem…“, ich zeigte mit dem Finger zur Decke.
„Was ist da? Da ist nichts“, erwiderte er, nachdem er mit seinem Blick meinem Finger zur Decke gefolgt war. Dabei blickte er so schelmisch, dass ich ihn am liebsten sofort mit Haut und Haaren verschlungen hätte.
„Na meine Eltern. Wenn die was hören. Das wäre mir peinlich. Meine Mutter machte letztens schon so komische Andeutungen, nachdem wir in der einen Nacht wohl etwas zu heftig waren“, erklärte ich ihm.
Mein Ehegespons grinste. „Warst wohl wieder zu laut“, meinte er darauf und grinste noch mehr.
„Ach hör auf“, schimpfte ich mit ihm. „Es war schon peinlich genug, dass meine Mutter was gehört hat. Sie nahm aber an, es wäre eine Katze gewesen, die da auf der Straße Krawall gemacht hat. Bloß gut, dass sie nicht mitbekommen hat, wie rot ich plötzlich wurde und zu schwitzen begann. Mit in die Wechseljahre gekommen, hätte ich mich nicht rausreden können. In dem Alter bin ich noch lange nicht.“
Immer wieder musste mein Mann lachen. Doch das hielt ihn nicht davon ab, weiter um mich herumzuschwänzeln. „Was hast du geantwortet?“, fragte er neugierig.
„Na ja“, schlich ich um den heißen Brei herum. „Ich sagte, ich hätte nichts gehört. Was sollte ich sonst auch sagen. Unmöglich konnte ich ihr sagen, dass ich die Katze war.“
„Du bist doch sonst nicht so“, erwiderte er und blickte mich zweifelnd an.
„Du musstest ja auch nicht diese Peinlichkeit erleben, sondern ich“, fuhr ich ihn an.
„Sei doch nicht so“, konterte er. „Außerdem, deine Eltern waren auch mal jung. Ist zwar lange her, aber egal. Das muss dir doch nicht peinlich sein.“ Er schaute mich schon wieder mit diesem Dackelblick an, dem ich kaum mehr widerstehen konnte.
Ich schniefte nur und sagte gar nichts mehr. Ich wollte ja auch. Nur zu gerne würde ich… Wenn da nur diese unmöglichen Hemmungen nicht wären. Was wäre, wenn doch die Kinder nach Hause kamen und uns im Schlafzimmer ertappten. Oder, noch schlimmer, dieses Mal mein Vater etwas hörte. Gerade mein Vater, der ein Gehör wie eine Fledermaus hatte, nur nicht, wenn er schlief. Jetzt, mitten am Nachmittag schlief er keineswegs. Da saß er meist vor dem Fernseher oder vor seinem Laptop.
„Können wir nicht später?“, versuchte ich erneut auszuweichen.
„Ich will aber jetzt!“ Mein Mann stampfte beinahe mit dem Fuß auf, wie ein Kind, das unbedingt etwas erreichen wollte, es aber nicht bekam. „Komm schon, Süße…“, schmeichelte er weiter und knabberte an meinem Ohr.
„Hör auf“, wehrte ich ihn ab und versuchte, von ihm loszukommen. Aber es war schon zu spät, viel zu spät, um ihn weiter hinzuhalten. „Mensch, dann komm schon“, sagte ich auf einmal und zog ihn zum Schlafzimmer. In meinem Bauch kribbelte und krabbelte es in Vorfreude vor dem, was nun folgen sollte.
„Geht doch“, murmelte mein Liebster in den nicht vorhandenen Bart.
Schneller als der Wind kamen wir zur Sache. Wir waren eben so schön mittendrin. Doch plötzlich! Was war das? Ich ahnte Schlimmes, nein noch sehr viel Schlimmeres. Oh, nein! Nicht das! Bitte, lieber Gott, alles, nur nicht das! Lass sie weggehen! Sie dürfen uns so nicht sehen!
Die Tür wurde aufgerissen, dass sie beinahe aus den Angeln riss. Unsere Kinder stürmten herein. Erschrocken blieben sie stehen, während wir hektisch versuchten, unsere Blöße zu bedecken. Ich wurde rot wie eine Tomate.
„Mama, Papa, was macht ihr da?“, fragte mein Ältester, der inzwischen fünf Jahre alt war. „Seid ihr krank, dass ihr mitten am Tag im Bett seid?“ Seine dunklen Kulleraugen schauten uns erschrocken an, während sich seine zwei jüngeren Geschwister hinter ihm versteckten.
„Mama und Papa sind nicht krank“, versuchte ich ihm zu erklären. „Wir waren nur ein wenig müde.“
„Seid ihr beim Schlafen immer nackig“, fragte der kleine Nervzwerg uns weiter Löcher in den Bauch.
„Erwachsene schon. Kinder nicht“, mischte sich nun mein Mann in das Gespräch ein. Er hatte bemerkt, dass ich Schwierigkeiten hatte, den Kindern Rede und Antwort zu stehen. „Geht schon mal ins Bad und wascht euch. Es gibt gleich Kuchen. Wir sind sofort bei euch“, befahl er den Kindern.
„Aber ihr seid wirklich nicht krank?“, fragte Sohnemann erneut nach. Die Sorge um uns stand ihm ins Gesicht geschrieben. In seinen Kulleraugen bildeten sich Tränen, die er kaum noch zurückhalten konnte.
„Nein, wir sind nicht krank, wirklich nicht. Und nun geht“, sagte mein Mann noch einmal. Ein wenig ungeduldig wedelte er mit der Hand, als würden sich die Kinder dadurch schneller fortbewegen.
„Oh Mann, so eine Aufregung. Ich hab fast einen Herzinfarkt bekommen, als die Kinder plötzlich in der Tür standen und uns anstarrten“, stieß ich aus, als die Kids endlich gegangen waren. Ich schaute meinen Mann streng an. „Hab ich es dir nicht gesagt! Es musste so kommen!“
Erneut lachte er, diesmal richtig schallend, dass mir die Ohren klingelten. „Ja, weil du es herbeigeunkt hast! Es ist doch nicht so schlimm. Irgendwann wissen die Kinder auch so, was zwischen Mann und Frau vorkommen kann.“
„Ja, aber nicht in dem Alter“, erwiderte ich zickig.
„Komm, ziehen wir uns schnell an, sonst steht die Bande gleich wieder auf der Matte“, sagte er, nachdem er mich noch einmal in den Arm genommen und geküsst hatte.
Erleichtert stand ich auf und langte nach meinen Kleidern. „Kommt ihr endlich. Wir haben Hunger“, hörte ich, während ich mich anzog, auf einmal die Stimme meines Ältesten vor der Schlafzimmertür.
Ich verdrehte ein wenig genervt die Augen. „Mama ist gleich da“, rief ich zurück und schlüpfte in meine Schuhe. „Ich geh schon mal“, sagte ich zu meinem Mann, der die Ruhe selbst war und sich gerade erst aus den Laken quälte.
„Heute Abend…“, flüsterte er mir zu, als ich nach draußen ging.
„Wenn die Kinder uns lassen…“, konterte ich grinsend, ehe ich die Tür hinter mir schloss.
Jetzt, viele Jahre später, erinnerte ich mich an dieses kleine Vorkommnis und dachte: „Wie gut, dass ich inzwischen Großmutter bin und mir solche Peinlichkeiten nicht mehr passieren können. Obwohl… wenn die Enkel da sind, könnte es schon sein, dass…“
© Milly B. / 28.07.2021