Schon als ich auf den Parkplatz des Supermarkts fuhr, entfleuchte mir ein derber Fluch. „Herrgott nochmal, verflixte Sch…!“ schimpfte ich. Auto an Auto reihte sich aneinander wie Perlen an einer Kette. Ein freier Parkplatz in Eingangsnähe war wohl nur ein sehnlicher Wunsch. Erst weit hinten wurde ich fündig. „Egal“, dachte ich, „ein bisschen Bewegung hat noch niemanden geschadet.“ Ich ergatterte auch noch einen Einkaufswagen, das Abenteuer konnte losgehen. Am liebsten hätte ich schreiend das Weite gesucht. Doch ich musste da rein, komme, was wolle.
Bereits im ersten Gang musste ich meinem spontanen Fluchtreflex vehement entgegenwirken. Die Leute drängelten als gäbe es in nur wenigen Sekunden nichts mehr in den Auslagen. Genau in diesen Gang musste ich, also Augen zu und durch. Genervt schob ich meinen Wagen durch die Massen.
Von hinten begannen die ersten zu drängeln. Ich war wohl nicht schnell genug. Dabei wollte ich doch nur in Ruhe einkaufen gehen. Ein böser Blick über meine Schulter bestätigte meine Vermutung. „Ich muss hier durch“, quengelte ein schon etwas in die Jahre gekommener Herr. „Ich mach Platz, junger Mann“, säuselte ich und tat es sogleich. Keinen Dank, nichts.
Nach gefühlten 1000 Stunden hatte ich fast alles in meinem Einkaufswagen, das auf meinem Merkzettel stand. Nur noch Getränke. Wie ein aufgeschreckter Hase lief ich durch den für mich riesigen Supermarkt. Eine Verkäuferin zu fragen, Fehlanzeige – keine in Sicht.
Da mich das Übermaß an Angeboten verwirrt und die vielen Menschen mir Angst machen, mied ich große Märkte. Aber heute musste ich mich ins Gewirr stürzen und die Herausforderung annehmen.
Endlich hatte ich die Getränkeabteilung gefunden. Aber was war das? Erneut eine wild zusammengewürfelte Menschentraube. „Nicht schon wieder“, fuhr es mir durch den Kopf. Wie es der Teufel so wollte - der Typ hatte heute wohl was gegen mich - musste ich auch in diesen von vier zusammenstehenden und plaudernden Frauen verstopften Gang.
Was nun? Einen anderen Weg suchen? Doch da könnte ich mich nochmals verlaufen und die Sucherei ginge von vorne los. Außerdem hatte ich mein Handy im Auto liegenlassen, konnte also auf kein Navigationsprogramm zurückgreifen. „Nun gut“, dachte ich und wagte die ersten Schritte in den Gang. Langsam näherte ich mich den Frauen, die mich bisher noch nicht bemerkt hatten.
„Meine Damen, bitte keine Knoten bilden“, sprach ich diese freundlich lächelnd an. Das Lächeln war wohl mehr zu erahnen als zu sehen, Maske sei Dank. Doch der gute Wille zählt.
Wie eine aufgescheuchte Schar Hühner stoben sie auseinander. „Entschuldigung“, antwortete die eine, die zuletzt Platz machte. „Danke schön“, erwiderte ich und ging an ihnen vorbei. Hinter mir hörte ich es nur noch kichern. Was sie dann taten, entzieht sich leider meiner Kenntnis, da sie aus meinem Blickfeld entschwanden.
Die Kassenzone konnte ich zum Glück schnell verlassen. Die Kassiererin arbeitete routiniert und sogar lächelnd. Bei den Massen hätte ich sie auch verstanden, wenn sie übellaunig ihre Arbeit getan hätte. „Ich wünsche ihnen schöne Weihnachten“, verabschiedete ich mich freundlich, worauf sie lächelte und mir ebensolche wünschte.
Endlich draußen, atmete ich erleichtert auf. Weihnachtseinkauf geschafft. Doch nach dem Einkauf ist vor dem Einkauf! Also auf ein nächstes!
© Milly B. / 08.01.2022