Das waren noch Zeiten, früher, als ich noch ein Kind war. Da gab es Spaß ohne Ende. Vor allem, wenn ich bei meiner Großmutter mütterlicherseits weilte. Das war sehr oft. Vor allem in den Ferien. Fast meine ganze Zeit verbrachte ich dort. Oma Dora war berühmt, berüchtigt und von den Enkelkindern allseits geliebt.
Oft waren noch Cousins von mir mit dort, die genau wie ich, ihre Ferien bei Oma verbrachten. Es ging zu wie im Ferienlager. Oma konnte gar nicht genug von uns Kindern um sich haben.
Lange ist es her, aber nicht vergessen. Es war eine schöne Zeit, die wir alle genossen. Die Oma weilt schon längst nicht mehr unter uns.
Die schönsten Tage waren immer die Badetage. Voller Unruhe und aufgeregt tigerten wir Kinder in der Küche hin und her, in der im Winter oder an kalten Tagen die Zinkwanne aufgestellt wurde. Ein Badezimmer, wie wir es heute kennen, gab es damals nicht. Da musste man sich etwas einfallen lassen, um sich regelmäßiger Körperpflege zu unterziehen. Groß geworden sind wir trotzdem und geschadet hat es uns auch nicht.
Oft genug musste Oma eingreifen, damit wir nicht an den heißen Herd gingen und uns verbrannten. Dort standen nämlich riesige Töpfe, gefüllt mit Wasser. Ungeduldig warteten wir darauf, dass das Wasser heiß wurde und wir endlich in die große Wanne konnten.
Letztere hatte Opa Kurt bereits keuchend die lange Treppe hochgehievt und mitten in der Küche aufgestellt. Schön in Nähe des Küchenofens, damit wir Kinder es auch warm hatten.
Na gut, frieren konnten wir garantiert nicht. Die Küche hatte sich bereits in eine Sauna verwandelt. Wabernde Schwaden heißen Dampfs machten die Sicht schwer. Doch nicht einmal das vertrieb uns.
War das Wasser endlich heiß, verbannte uns Oma vorerst vom Ort des Geschehens. Die Zinkwanne musste gefüllt werden – und zwar mit kochendem Wasser. Gefährlich für denjenigen, der nicht aufpasste und ohne weise Voraussicht und voller Vorfreude ins Wasser griff. Das Geschrei danach war groß – das Geschimpfe der Oma auch.
Endlich durften wir ran. Das Wasser war wohltemperiert. Als erfahrene Ehefrau und Mutter wusste Oma immer instinktiv, wie heiß das Wasser sein durfte, damit wir nicht wie gekochte Krebse aus der Zinkwannenoase steigen.
Nacheinander wie die Heinzelmännchen zogen wir uns aus. Erst die Kleinsten. Die durften immer zuerst ran. Wir Großen hatten zu gehorchen, da kannte Oma keine Gnade. O-Ton Oma: Ihr Großen seid dreckiger. Ha… wir und dreckig. Die kleinen Dreckspatzen sahen nach dem Spielen viel schlimmer aus als wir Großen.
Einer nach dem Anderen wurde von oben bis unten eingeseift. Das Shampoo, oder besser, die Seife, denn Shampoo war Mangelware, brannte in den Augen wie Feuer, aber keiner heulte und jammerte, auch die Kleineren nicht. Niemand wollte sich vor den anderen blamieren. Tapfer standen wir die Tortur durch. Danach wurden wir alle trocken gerubbelt, dass die Haut brannte und wir wirklich aussahen wie gekochte Krebse.
Im Winter gab es nach dem Baden Abendessen, oft Brötchen mit Butter beschmiert und heißem, süßem Kakao. Wie die Orgelpfeifen saßen wir im Schlafanzug mit geröteten Gesichtern um den großen Tisch in der kleinen Stube herum und schmatzten um die Wette.
© Milly B. / 26.07.2021