Eine wahre Episode aus dem Jahr 2014 – Ein Ausrutscher, ich schwör´s!
Es ist nicht so, dass ich Alkohol in Unmengen trinke. Eher ist es so, dass ich einen weiten Bogen darum mache. Jedenfalls seit dem Tag, als diese Geschichte hier geschah.
Der Teufel Alkohol hat schon Viele geholt. Ich will keineswegs dazu zählen. Trotzdem kommt es ab und an mal vor, dass ich welchen trinke. Meist ist das in Maßen und nicht in Massen.
An ein einziges Mal kann ich mich erinnern, dass ich am nächsten Morgen nicht nur einen mächtigen ausgewachsenen Kater mein Eigen nennen konnte. Das kam so:
Schimpfend saß ich am Schreibtisch und suchte eine Beurteilung, die ich für ein Praktikum erhalten hatte. Der Wisch war einfach nicht zu finden. So sehr ich auch suchte, er war wie vom Erdboden verschluckt.
„Was ist los? Dein Gemecker hört man bis nach unten“, sprach mich mein Mann an, der eben zur Tür hereinkam.
Grimmig schaute ich ihn an. „Ich suche was“, antwortete ich kurz angebunden und kramte weiter in den Unterlagen.
„Na, na, das wird schon“, versuchte er mich zu trösten. Aber die liebevollen Worte genügten nicht, das Verschwundene wieder herbeizuzaubern. „Hier, schau mal, das habe ich heute bekommen“, sagte er auf einmal zu mir und stellte eine Flasche Rum auf den Tisch.
„Na und“, grummelte ich erneut. Was ging mich die Pulle Fusel an? „Kannste selber trinken“, sagte ich wie nebenbei, während ich ein Blatt Papier von ganz unten aus dem Stapel zog. „Ach! Da ist es ja!“, fuhr ich hoch und wedelte mit dem Korpus Delikti vor seiner Nase herum.
„Na dann! Prost“, sagte mein Mann und nahm gleich aus der Flasche einen Schluck.
„Hey, sauf nicht alles allein“, mokierte ich und nahm ihm die Buddel aus der Hand. „Was du kannst, kann ich schon lange“, sagte ich lachend und genehmigte mir ebenfalls einen Schluck. Der war allerdings ein wenig zu groß. Der Rum brannte in meiner Kehle wie Feuer, ich bekam kaum Luft, musste schrecklich husten. „Oh mein Gott, was ist das für ein Gesöff“, schimpfte ich, als ich endlich wieder Luft bekam.
Mein Mann lachte nur und foppte mich.
Das wollte ich keinesfalls auf mir sitzen lassen. Mutig nahm ich den nächsten Schluck, erneut gleich aus der Flasche. Es brannte nicht mehr so schlimm, allerdings bekam ich bereits die erste Wirkung zu spüren. Hochprozentigen Alkohol zu trinken, war ich nicht gewohnt. Mir wurde es ein wenig schwummrig, was ich äußerst lustig fand.
Im Laufe des Abends leerte sich die Flasche. Inzwischen war ich nicht mehr in der Lage, auch nur einen Satz richtig zu sprechen. Der Alkohol tat seine Wirkung. Ich sprach nur noch in Reimen, was mein Mann belustigend fand und mich immer wieder nötigte, neue Reime zu erfinden, was ich nur zu gerne tat.
Die Strafe folgte am nächsten Morgen auf dem Fuße. Ich musste sechs Uhr aufstehen, aber nichts ging. Mein Körper weigerte sich vehement, mir zu gehorchen.
„Du bleibst heut zu Hause“, bestimmte mein Mann. „Keinesfalls fährst du die 40 Kilometer bis Gera.“
Ich gehorchte widerwillig und schrieb meiner Dozentin eine Nachricht, in der ich mich für den Tag abmeldete. Dazu musste ich eine fadenscheinige Ausrede nutzen, die Wahrheit wäre zu makaber gewesen. Dabei sagte meine geliebte Oma immer: „Wer saufen kann, kann auch arbeiten gehen!“
„Liebste Oma, ich gebe nur ungern zu, Du hattest immer Recht. Aber es war doch nur eine Buddel Rum, die es mir unmöglich machte, meine Pflichten zu erfüllen.“
© Milly B. / 12.07.2021