Seit Tagen, nein seit Wochen sogar, hatte ich auf diesen Tag hin gefiebert. Immer wieder kam etwas dazwischen, was verhinderte, dass wir zusammenkamen. Endlich war es soweit… ich konnte mich auf den Weg machen und ihn treffen.
Die letzten Tage konnte ich vor Aufregung kaum schlafen. Doch in der Nacht vor meiner Abfahrt schlief ich tief und fest. Trotzdem war ich nicht ausgeruht, als der Wecker klingelte. Wie erschlagen quälte ich mich aus dem Bett. Mein Magen schmerzte, mir war übel. Wie so oft, wenn ich aufgeregt war.
Seit Tagen ging das schon. Ich konnte kaum etwas essen und wenn doch, dann versuchte ich es, krampfhaft im Magen zu behalten. Auch wenn ein Sprichwort sagt, man kann auch von Luft und Liebe leben, etwas essen muss trotzdem sein.
Ich wusste, mit diesen überwältigenden Gefühlen war ich nicht allein. Da gab es noch jemanden, der auf dort in der Fremde auf mich wartete.
Eigentlich sollte ich nicht Fremde schreiben. Immerhin war mein Ziel noch in Deutschland und nicht irgendwo in Europa oder sonst wo. Allerdings, die Gegend war mir fremd. Immerhin sind 550 Kilometer keine Entfernung, die man jeden Tag einfach so zurücklegt. Und der Mann, den ich treffen wollte, war mir ebenfalls nicht mehr fremd.
Ein früher Anruf ließ mein Herz schneller schlagen als normal. Es war wunderbar, seine Stimme zu hören, zu wissen, er wartet auf mich. Genauso sehnsüchtig wie ich.
Er, dieser Mann, der mein Herz im Sturm eroberte, war auch der Grund, warum ich mich auf den Weg machte, um die Fremde zu erkunden.
Meine Vorfreude war kaum mehr zu bremsen. Früher als geplant machte ich mich auf den Weg. Ich hielt es einfach nicht mehr aus. Ich musste auf die Straße und Strecke hinter mich bringen. Der Tag war noch jung, als ich aufbrach. Noch nicht einmal die Sonne machte Anstalten, ihre Strahlen zu strecken und die Erde zu erwärmen.
Laute Musik aus dem Autoradio hielt mich wach. Ich war müde, hätte eigentlich anhalten und Pause machen müssen. Doch die Sehnsucht trieb mich voran, immer in seine Richtung.
Endlich kam sie näher, seine Stadt. Ich Landei aus der tiefsten Provinz kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Ein Fluss teilte die Großstadt, kleine Boote dümpelten dort im am Ufer. Einsame Spaziergänger liefen die Pfade entlang. Dann die Stadtmauer! Ah… welch ein wundervoller Anblick. Ich war von den Socken.
Trotz Navigationsgerät verpasste ich die Zufahrt zum Parkplatz des Wohnblocks zweimal und musste erneut ums Rund fahren. Vor Aufregung wusste ich kaum noch, was ich tat. Endlich schaffte ich es.
Doch niemand war zu sehen. Ich rief an, wir verpassten uns. Ich hörte es klingeln, nahm auch ab, doch niemand war zu hören. Es dauerte, bis ich bemerkte, ich hatte die Freisprechanlage nicht vom Handy getrennt und das verflixte Ding lag natürlich im Auto.
Endlich… da war er. Ich sah ihn um die Ecke biegen. Sofort erkannte ich ihn und er mich. Er blieb stehen, ich ebenfalls. Wir sahen uns an und wussten sofort: Wir sind füreinander bestimmt.
Die Fremde war für mich vergessen. Ich fühlte mich sogleich zu Hause… angekommen mit Herz und Seele… und nichts war mir mehr fremd.
© Milly B. / 18.10.2021