Die Schulzeit ist eine Zeit, an die sich viele von uns gerne erinnern. Eine fast unbeschwerte Epoche des Lebens, in der man machen konnte, was man wollte. Es sei denn, die Eltern legten einen Riegel vor eventuelle Ausschweifungen oder Lernen an den Nachmittagen für bevorstehende Leistungskontrollen oder größere Klassenarbeiten war angesagt. Immerhin hatten Mutter und Vater damals noch das Sagen und wir Kinder hatten zu gehorchen.
Damals dachten wir: Hoffentlich bald achtzehn und volljährig. Das ist wohl der Traum eines jeden Teenagers mitten in der Pubertät, frei zu sein.
Wohlgemerkt, so einfach war das allerdings nicht. Fast keiner von uns ahnte, dass Erwachsensein sehr viel mehr bedeutet als volljährig zu sein. Es bedeutete, das eigene Geld zu verdienen, den Eltern nicht mehr auf der Tasche zu liegen. Manche hatten zu Beginn der Volljährigkeit auch schon das Hotel Mama verlassen und lebten in einer eigenen Wohnung. Das hieß: zur Arbeit gehen, Wohnung putzen, Wäsche waschen, Essen kochen, einkaufen gehen, die Ausgaben planen, später vielleicht noch Partner und Kinder. Alles Dinge, die als Kind eher Nebensache waren. Es sei denn, man wurde von klein auf darauf vorbereitet, dass das Leben nicht nur Zuckerschlecken ist.
Doch bis es so weit war, genossen wir unser Leben mit allen Sinnen. Diskobesuche waren an der Tagesordnung. Wir lernten die Liebe kennen, verliebten und entliebten uns. Man ist nur einmal jung. Genau das habe ich auch meinen eigenen Kindern immer wieder gesagt.
Meine Schulzeit ging 1985 zu Ende. Zehn Jahre an ein und derselben Schule lagen hinter mir. Zehn Jahre mit fast immer den gleichen Mitschülern, den gleichen Lehrern, dem täglich gleichen Schulweg – auch an Samstagen.
In den Jahren danach trafen wir uns in regelmäßigen Abständen zu lustigem Zusammensein inclusive einem kleinen Umtrunk. Wir schwelgten in Erinnerungen an vergangene Zeiten. Lachten zusammen über die verrückten Dinge, die wir anstellten. Aber wir weinten auch gemeinsam, wenn wir erfuhren, ein weiterer Klassenkamerad ist den Weg des Irdischen gegangen.
Ab und an kamen Dinge ans Tageslicht, von denen nur Eingeweihte wussten. Das gab natürlich laute Lacher oder hämisches Grinsen, was den Verursachern nicht immer angenehm war. Aber wir nahmen es lässig. Immerhin waren wir nicht nur an Jahren gereift, sondern auch an Lebenserfahrung und Gelassenheit. Jugendsünden konnte jeder von uns vorweisen.
Zu mir sagte mal eine Klassenkameradin: Du warst schon immer ein Luder – den Spruch habe ich sogar einmal in eine meiner Geschichten verarbeitet, was wiederrum meine Freundin zum Lachen brachte.
Erst letztes Jahr holten wir das Klassentreffen nach, das 2020 aufgrund der Pandemie leider ausfallen musste. Wir trafen uns im Sommer, konnten daher draußen sitzen. Der laue Sommerabend lud regelrecht dazu ein, das Beisammensein zu genießen. Auch zwei unserer Klassenlehrerinnen waren dabei, genau wie wir gealtert, aber immer noch gut drauf. Es wurde schön, auch wenn es schon wieder etwas gab, über das wir trauern mussten.
Nicht nur einmal fiel während der Gespräche der Ausruf: Das ist verdammt lang her.
Wir beschlossen, uns ab sofort möglichst jedes Jahr zu treffen, worauf ich mich sehr freue. Dann hören wir garantiert wieder nicht nur einmal: Das ist verdammt lang her.
© Milly B. / 11.01.2022