Es war einmal eine Elfe, die zur Heldin geworden war …
Caryellê Assadars Name war überall im Sonnenland berühmt. Ihr Vater hörte ungläubig von ihren Heldentaten, wenn Berichte von der Front heimkehrten. Vailandamir konnte die Geschichten kaum fassen. Es schien ihm, als hätte Amirana es bereits geahnt, als sie Cary Assadar genannt hatte. Seine kriegerische Geliebte schien von den Toten zurückgekehrt, wilder und mutiger als je zuvor.
Doch er ahnte, dass Caryellês Kampf auf dem Verlust zweier Geliebter beruhte, und so senkte er seufzend sein Haupt und fürchtete in der Tiefe seines Herzens um das Wohlergehen seiner Tochter.
Andere hörten die Geschichten auch. Vor allem junge Elfinnen zog es nun zur Armee, ermutigt von Carys Erfolg. Ihr Beispiel gab vielen jungen Frauen Hoffnung, dass auch sie etwas erreichen konnten.
Die Weißen Wächter erhielten in diesen Tagen viel Zuwachs und die Grenze war so sicher wie selten zuvor. Es half, dass um etwa diese Zeit der gefürchtete Stratege der Schattenländer, Merkanto Arimort, von der Bildfläche der politischen Machenschaften verschwand. Es hießt, es wäre Opfer eines Amnesietranks geworden, doch in den Liedern und Geschichten wurde es Carys Verdienst.
Sie nahm bei weitem nicht jeden Fan auf. Längst hatte sie gelernt, niemandem zu vertrauen, der sie nur umschwärmte wegen dem, was sie darstellte. So gesehen war es kein großer Unterschied zwischen einer Prinzessin und einer legendären Anführerin.
Ihre Prüfungen waren streng und ihr Training hart. Es gab so viel Zustrom, dass sie es sich leisten konnte, nur die talentiertesten Kämpfer aufzunehmen.
Eines Tages kamen einige Engel zu ihr und verlangten, dass sie ihren größten Krieger aufnehme. Dieser erschien als ein einfacher Engel, weder besonders groß noch stark. Caryellê zögerte. Es widerstrebte ihr, einen solchen Befehl von der Seite anzunehmen. Sie war der Königin des Sonnenlandes treu ergeben, doch sie sah nicht, dass sie den Engeln irgendeine Folgschaft schuldete.
Und der Kämpfer überzeugte sie nicht. Er bestand die Prüfungen nicht, die sie ihm stellte, und er schien kein besonderes Talent zu haben. Immerhin gab es in ihrem Heer Drachen und Magier. Was sollte sie da mit einem einzelnen Geflügelten?
Dann jedoch hatte sie Mitleid mit ihm, als sie seinen Kampfwillen bemerkte. Er erinnerte sie an sie selbst und Cary zeigte sich nachsichtig. Sie gab diesem Kämpfer eine zweite Chance und diesmal bestand er die Prüfung knapp.
Damit wurde Terziel Teil der Armee.
Cary fragte die Engel, warum es ihnen so wichtig gewesen war, diesen höchst durchschnittlichen Engel in der Armee zu wissen.
Als Antwort erhielt sie nur, dass Terziel ein gewisses Potential habe, eine ruhige, besonnene Art, die im Heer noch von Vorteil sein könnte.
Ja, mit solchen und ähnlichen Anfragen musste sich Cary herumschlagen, und verwirrende Entscheidungen treffen, deren Konsequenzen sie nicht wissen konnte. All das machte ihr Spaß, doch es erfüllte sie nicht. Ein Loch war in ihrem Herzen, so tief und schwarz, dass nichts es jemals füllen könnte. Die Führung der Armee war eine Ablenkung vom Schmerz, aber kein Ersatz für Adhairos. Cary jedoch machte weiter, stürzte sich in die Arbeit und plante einen Krieg.
Die Schattenländer hatten ihr ihre Mutter genommen, und dann ihren Geliebten, den zweiten Teil ihrer Seele. Sie würde es ihnen heimzahlen, dazu war sie wildentschlossen.
Ein wahrer Soldat, hieß es in einem alten Sprichwort, kämpfte nicht, weil er das vor sich hasste, sondern weil er das hinter sich liebte.
Doch ihre Liebe war Cary entrissen worden. Für sie war nur noch Hass geblieben.
Es hätte vielleicht ein finsteres Ende mit ihr genommen, und vielleicht hätte sie gar eines Tages das Reich der Finsternis vollkommen vernichtet, doch es sollte anders kommen.