Merkantos Seelenreich zeigte sich trocken und versengt. Ein einst grünes Tal, nun unter flirrender Hitze, mit verdorrten Sträuchern und ausgetrockneten Seen. Viele dieser Gewässer waren Erinnerungen gewesen, nun vertrocknet dank der Macht eines Amnesietranks. Stella erschauderte unwillkürlich, als sie das erkannte. Aus welchem Grund war Merkanto damit gefoltert worden? Seine Erinnerungen lesen konnte sie nicht, doch sie stieß auf die Alraunen, dürre Kräuter, die im verbrannten Land überdauert hatten.
Ein merkwürdiges Gewächs, in der Tat. Ihm haftete der Geruch der Liebe an, doch war dieser so schwach, dass kein Bild dazu erschienen. Auch diese hatte Merkanto also vergessen. Ein trauriges Schicksal, doch er selbst würde nichts davon wissen.
Stella schätzte die Alraune. Sie war ein zwiespältiges Blatt, das sowohl heilen als auch vergiften konnte, und von großer Zauberkraft. Merkantos Macht war Teil seiner Persönlichkeit geworden, und doch war er bescheiden geblieben, ein zähes, niedriges Pflänzchen, genügsam mit sich und seinen Blüten.
Stella konnte nicht wissen, dass die Antwort nach der Frage, wen Merkanto geliebt hatte, im Land selbst lag, in dieser weiten Ödnis, die von Drachenfeuer versengt war. Eine Wahrheit, tiefer eingegraben als bloße Erinnerung. Anwesend, aber nicht länger sichtbar.
Würde diese Wahrheit jemals wiedergefunden werden? Stella hoffte es um des Magiers willen, doch eine solche Offenbarung würde für ihn auch viel Leid bedeuten. Momentan wusste er nicht, was er verloren hatte. Würde er es erfahren …