Ein seltsames Gefühl ist das gewesen, Arm in Arm mit Gregor den kurzen Weg zu seinem Auto entlangzuschreiten.
Irgendwie hatte ich befürchtet, dass sich Gregor etwas kalt anfühlt. Dieses seltsame Empfinden bei unserem Abschied vor ein paar Stunden ist mir noch gut im Gedächtnis.
Ich konnte aber nichts dergleichen feststellen und auch jetzt bemerke nichts Außergewöhnliches.
Unten steht Markus vor einer riesigen Limousine. Ganz in schwarz, mit getönten Scheiben.
Verrückt, wie im Film. Fehlt nur noch, dass jetzt Gestalten im Trenchcoat auftauchen oder Al Capone persönlich.
Wo kommt das Fahrzeug eigentlich her? Da müsste es ja eine große Garage geben. Kaum vorstellbar, dass er diesen Wagen im Freien parkt.
Der Butler – und in diesem Falle wohl auch der Fahrer – öffnet die hintere Wagentüre. Gregor reagiert darauf mit einer einladenden Handbewegung.
„Nach Ihnen. Steigen Sie ein.“, bittet er mit einem freundlichen Lächeln.
Ich zögere nur kurz, ehe ich dem nachkomme.
Ich bin noch nie in einem solchen noblen Gefährt gesessen. Daher fühlt es sich mehr als komisch an, darin Platz zu nehmen. Etwas unbehaglich setze ich mich auf das schwarze Leder.
„Viktoria?!“ Der Graf beugt sich zu mir hinein. „Sie müssten noch ein wenig beiseite rücken.“
„Beiseite rücken?“ wiederhole ich einfallslos.
„Naja, so dünn bin ich nicht ganz, da kann ich nicht neben Sie sitzen, höchstens auf Ihren Schoß.“, erklärt er mir mit einem schelmischen Grinsen.
„Sie sitzen nicht vorne bei Ihrem Angestellten?“, antwortete ich mit einer Mischung aus Verblüffung und Freude, ohne auf seinen kleinen Scherz einzugehen.
„Natürlich nicht“, entgegnet er überrascht. „Das wäre doch äußerst unhöflich von mir, meinen Sie nicht?“
„Ähm…“ Statt direkt zu antworten, rutsche ich ein wenig zur Seite.
Der Graf macht immer noch keine Anstalten, einzusteigen. Natürlich, er har immer noch zu wenig Platz. Mit einem leichten Seufzen rücke ich noch ein wenig mehr nach links.
Nun setzt sich der Mann endlich auch hin. Markus schließt vorsichtig die Türe, um sich anschließend hinter das Lenkrad zu setzen.
So sitzen wir beide also nebeneinander auf dem edlen Polster, als der Angestellte losfährt. Nicht zu nahe wie bei einem Paar – aber auch nicht sehr weit auseinander, um wirklich Abstand zu haben. Auf jeden Fall ist es mir nicht wirklich unangenehm, ganz im Gegenteil.
Der Adlige schaut mich noch einmal kurz an, um dann die Augen zu schließen.
Verwundert schüttle ich den Kopf und bin kurz unschlüssig, was ich nun tun soll.
Eine Möglichkeit wäre ja, aus dem Fenster zu schauen und die Gegend zu genießen. Die Limousine fährt ruhig und gleichmäßig, der Motor ist kaum zu hören und die Fahrt fühlt sich daher sehr angenehm an. Trotzdem macht es keinen Sinn, nach draußen zu blicken und die Landschaft zu betrachten. Dafür sind die Fenster zu stark getönt. So dunkel, dass ich fast nichts erkennen kann. Wenn es nicht das kleine warme Deckenlicht gäbe, würde man wohl nicht viel sehen können. So ist das aber ganz behaglich.
Was also tun?
Da es nichts gibt, womit ich mich ablenken kann, folge ich seinem Beispiel und schließe die Augen.
Und wieder verändert sich die Realität. Wir befinden uns immer noch am gleichen Ort, hinten auf der Sitzbank. Gregor sitzt nun jedoch ganz nahe bei mir. Plötzlich ohne Sakko und Handschuhe.
Unsere Körper sind sehr eng beieinander und berühren sich.
Seine Hand wandert auf meinen Oberschenkel. Ruhig lässt er sie dort liegen.
Wir schauen uns beide an.
„Hab keine Angst“, sagt er mit leiser Stimme.
„Was hast du vor?“, frage ich leicht beunruhigt und verwende nun ebenfalls die vertrauliche Anrede.
Er schweigt, öffnet jedoch leicht den Mund. Wieder schieben sich seine Zähne hervor.
Ich blicke erneut in das Gesicht eines Vampirs, der mich leicht belustigt angrinst, bevor er sich zu mir herüberbeugt.