Er blieb noch einen Moment in mir, bevor er das Kondom in ein Kleenex wickelte und zwei weitere aus der Schachtel zog. Eines reichte er mir, mit dem anderen machte er sich selbst sauber.
Danach schmiegte er sich an mich und küsste meinen Hals. »Ist das okay? Oder willst du direkt aufstehen?«.
»Nein. Ich bin noch zu fertig, um mich zu bewegen.« Ich drehte mich etwas und legte meinen Kopf gegen seine Brust.
Seine Finger kraulten meinen Rücken und Nacken. »Dabei musstest du doch gar nichts tun, als dazuliegen. Aber du hast mir ja lieber den Rücken zerkratzt.«
»Tut mir leid.« Ich meinte es ernst. Ich hatte selbst schon erlebt, wie schmerzhaft das sein konnte.
»Jetzt mach dir nicht so viele Gedanken.« Er hauchte einen Kuss auf meine Stirn. »Wenn es schlimm gewesen wäre, hätte ich mich schon gemeldet. Ich find es gut, wenn du langsam etwas auftaust.«
Wir blieben eine Weile so liegen, dann wurde es kalt.
»Komm, wir gehen duschen.« Toby stand auf, suchte aus seinen Klamotten seine Unterhose heraus und lief in Richtung des Bades.
Ich folgte, nachdem ich ebenfalls meine Boxershorts gefunden hatte.
»Ich hoffe, ich hab dir nicht zu viel zugemutet?« Toby stand hinter mir und seifte meinen Rücken ein. Die Dusche war tatsächlich groß genug, dass wir problemlos beide duschen konnten.
»Nein, ich hätte sonst was gesagt.« Langsam nervte es mich, dass er sich so viele Gedanken darüber machte.
»Gut, das wollte ich hören.« Seine flache Hand klatschte geräuschvoll auf mein nacktes Hinterteil. Dann hob er mahnend den Zeigefinger. »Für den genervten Unterton. Wenn ich mir sicher bin, dass du das auch wirklich tust, hör ich auch auf, zu fragen. Ich will nur nicht, dass du direkt schlechte Erfahrungen machst.«
»Ich weiß, aber das Fragen nervt trotzdem etwas. Ich bin alt genug um den Mund aufzumachen, wenn mir etwas nicht passt.« Ich drehte mich zu ihm um, griff an ihm vorbei und machte die Dusche an.
Er ließ sich das warme Wasser über den Rücken laufen, drehte sich dann um, um auch die Seife auf der Vorderseite loszuwerden, dann tauschte er den Platz mit mir, damit ich mich ebenfalls entseifen konnte. »Aber kannst du auch sagen, wenn du etwas willst?«
Er hatte Recht. Das war schon deutlich schwieriger.
Ich versuchte mich an einer ausweichenden Antwort: »Hast du doch gehört.«
»Soso, ich muss dich also jedes Mal betteln lassen? Das krieg ich hin.« Er kam auf mich zu und drückte mich sanft gegen die Wand. Seine Lippen pressten sich auf meine und seine Zunge bahnte sich einen Weg in meinen Mund. Mit seinem Körper keilte er mich zwischen sich und der Wand ein.
Ich mochte, wie er mich küsste. Nie zaghaft, sondern immer fordernd.
Irgendwo aus der Wohnung erklang eine Klingeltonmelodie. Auch Toby schien sie zu vernehmen, denn er löste augenblicklich den Kuss, entfernte sich von mir und stieg aus der Dusche. »Sorry, da muss ich rangehen.« Im Rausgehen schnappte er sich ein Handtuch, dass er sich notdürftig um die Hüfte wickelte.
»Roger?!« Da er die Tür offengelassen hatte und nun wohl in der Küche war, konnte ich seine kräftige Stimme bis ins Bad hören.»Was ist passiert?«
Ich stellte die Dusche ab und rieb mich mit einem Handtuch trocken.
»Nichts da. Du kommst sofort her!«
Eigentlich wollte ich nicht lauschen, doch Toby war lautgeworden und klang regelrecht verärgert. Was war passiert?
»Ich lass dich doch jetzt nicht allein in ein Hotel gehen. Was ist, wenn er dir auf dem Weg nochmal auflauert?«
Wow, das klang ziemlich ernst. Hoffentlich ging es Roger gut.
»Roger, ich will jetzt keine Diskussion hören! Du kannst mit mir diskutieren, wenn du hier bist.«
Was es auch war, es war Toby wirklich ernst, dass Roger herkommen sollte. Schade, dann würde ich wohl gehen müssen. Aber ich konnte es verstehen, immerhin schien ihm Roger sein sehr wichtiger Freund zu sein.
Ich ging ins Wohnzimmer und zog mich an.
»Das lass mal meine Sorge sein. Du bist mir da wichtiger. Kümmer du dich darum, dass dein Arsch sicher hier landet. Wenn du in einer halben Stunde nicht hier bist, schleif ich ihn persönlich her.«
Mehr hörte ich nicht, er hatte wohl aufgelegt.
Als Toby ins Wohnzimmer kam, hatte ich mich bereits fertig angezogen. Er stand in der Tür, blickte zu mir herüber und schien nicht zu wissen, was er sagen sollte.
Ich nahm es ihm kurzerhand ab: »Schon gut, du warst laut genug, dass ich es mitbekommen habe. Ich bin schon weg.«
Toby stellte sich breit in die Tür und versperrte mir damit den Durchgang. Seine Stimme klang noch immer gereizt. »Wer hat euch beiden heute eigentlich ins Hirn geschissen? Wer hat behauptet, dass du gehen sollst?«
Vielleicht klang er nicht nur gereizt, sondern war es auch. Immerhin hatte er gerade nicht nur mich, sondern vorher auch Roger beleidigt. Ich sah darüber hinweg. »Ich dachte, wenn irgendwas mit Roger ist und er deswegen herkommt, dass ihr lieber zu zweit sprechen wollt. Beim letzten Mal, als er wegen dem blöden Typ schlecht drauf war, hättest du mich doch auch nicht mitgenommen.«
»Da war ich aber auch von vornherein mit ihm verabredet und er war so nett, mir etwas Zeit mit dir zu lassen.« Toby klang jetzt ruhiger und stand wieder normal neben der Tür. »Und heute Abend hätte eigentlich dir gehört. Ich würde dich wegen Roger nicht rausschmeißen. Eigentlich wollte er ins Hotel. Er würde sich Vorwürfe machen, wenn du jetzt wegen ihm gehst. Wenn du aber lieber gehen magst, werd ich dich auch nicht aufhalten. Ich fände es nur schade, uns davon den Abend verderben zu lassen.«
»Hmm.« Ich musste wirklich nachdenken. Ich hatte Angst zu stören und mit Sex würde es wohl auch nichts mehr werden, es klang ja so, als sollte Roger hier übernachten, wenn er herkam statt ins Hotel zu gehen. Andererseits fand ich ihn auch ganz nett und wollte ihm nicht das Gefühl geben, mich vertrieben zu haben. Und wenn ich jetzt ging, musste ich mich bei Lance reinschleichen. Vielleicht hatten Toby und ich ja doch noch etwas Zeit zu zweit, wenn Roger im Wohnzimmer schlief.
Ich grinste Toby an. »Na gut, ich bleibe. Sein Frühstück war gut, ich glaub, das bekommt er besser hin als wir beide.«
»Zumindest in meinem Fall hast du da vollkommen recht. Hilf mir mal, hier etwas aufzuräumen.« Er kam zu mir herüber, legte kurz seine Hand auf meine Schulter und lief dann zum Tisch weiter, um die Kleenextücher einzusammeln, die wir dort hatten liegen lassen.
Ich öffnete das Fenster, im Zimmer roch es ziemlich nach Sex. Dann folgte ich ihm in die Küche. Mehr Dreck hatten wir zum Glück nicht gemacht und meine Sachen standen auch nicht im Weg. Wohin ich sie während der Nacht legte, würde ich später noch klären, im Moment schien Toby dafür keine Nerven zu haben.
Die Papiertücher waren bereits verschwunden und er saß vor dem offenen Fenster, als ich bei ihm ankam. Aus der Zigarettenschachtel auf dem Fensterbrett fummelte er ein Feuerzeug und eine Zigarette.
Ich setzte mich auf einen der freien Stühle, von wo aus ich ihn schweigend beobachtete. Gern hätte ich etwas gesagt, um seine Anspannung zu reduzieren, doch ich wusste einfach nicht, was.
Nachdem er aufgeraucht hatte, sah er auf die Küchenuhr. Zornesfalten bildeten sich auf seiner Stirn. Mit einem Brummen stand er auf.
Dabei bemerkte ich, dass er immer noch nur das Handtuch trug. Das Wasser an seinem Körper war mittlerweile getrocknet, nur seine Haare waren noch nass. »Willst du Roger wirklich so begrüßen?«
Er schaute fragend zu mir herüber. Als er meinem Blick folgte, bemerkte er, was ich meinte. Er zog sich das Handtuch von der Hüfte und warf es mir zu. »Du hast recht, so ist es besser.«
Ich hatte das Gefühl, sein Lachen war nicht ehrlich. Ihn schien die Sache mit Roger wirklich mitzunehmen. Er verließ die Küche, vermutlich um sich anzuziehen. Unsicher blieb ich sitzen.
»Komm zu mir und knie’ nieder
Vergiss die Angst dich zu verlieren
Senke deine Augenlider
Bis wir vereint auferstehen«
Staubkind – Knie’ nieder