«Ja, bestimmt wird alles gut,» meinte nun auch Ululala. «Aber sagt mir, wie wollt ihr nun weiter vorgehen?»
«Wir werden wohl zurück zum Blauen Kristall reisen. In seinem unteren Teil haben wir damals eine Art Öffnung entdeckt, wo das Medaillon vermutlich reinpasst. Was aber genau passiert, wenn wir es dort hineinstecken, das wissen wir bisher noch nicht. Eigentlich sollte das Medaillon ja die Türen zwischen den Welten öffnen. Wir hoffen, dass es funktioniert.»
«Ihr meint also, dass das Medaillon sich wieder mit dem Blauen Kristall, von dem es ziemlich sicher abstammt, vereinen muss und sich dann die Tore in andere Welten öffnen?»
«Ja, doch ganz sicher sind wir uns da nicht.»
«Ich glaube, ich werde mal die guten Geister befragen, wie ihr vorgehen müsst,» anerbat sich der alte Zauberer.
«Meinst du sie werden dir antworten?»
«Ich glaube schon. Immerhin geht es um etwas sehr Wichtiges und ich hatte eigentlich immer einen guten Draht zu den Geistern.»
«Das wäre wirklich grossartig. Wir hatten gehofft, dass du uns helfen kannst, das war mit ein Grund, warum wir hierhergekommen sind.»
«Ich kümmere mich baldmöglichst darum. Nun geniesst aber erst mal euren Aufenthalt und erholt euch von euren anstrengenden Reisen.»
«Ausruhen können wir später, zuerst werden wir zu Nofrete gehen. Vielleicht schaffen wir es sogar, dass wir alle zusammen, das leckere Abendessen in deinem Schloss geniessen können.»
«Ich werde mich dann mal etwas zurückziehen,» sprach Malek «und ein wenig in Erinnerungen schwelgen. «Die Schlossanlage hat sich wirklich wunderbar entwickelt. Es wohnen mittlerweile ja richtige viele Leute hier.»
«Das hat sich im Laufe der Zeit einfach so ergeben,» erwiderte Ululala. «Einige von ihnen hoffen auch noch immer, dass ich sie in die Lehre zu mir nehme. Es gibt schon zwei bis drei vielversprechende Kandidaten da unten. Aber ich bin jetzt schon sehr alt und ich weiss wirklich nicht, ob ich noch einen weiteren Lehrling ausbilden werde.»
«So etwas darfst du nicht sagen!» riefen die Geschwister aus. «Du wirst bestimmt noch viele Lehrlinge ausbilden!»
«Ach Kinder! Das ist lieb von euch, aber manchmal denke ich, dass meine Zeit vielleicht schon bald gekommen ist.»
«Ach was! So etwas darfst du noch nicht einmal denken!»
Ululala nickte mit einem sanften Lächeln, sagte jedoch nichts mehr weiter dazu.
Wiedersehen mit Nofrete
Die Geschwister liessen sich den Weg zu Nofretes Unterkunft genau beschreiben, dann machten sie sich auf, um die Prinzessin zu begrüssen.
Bald hatten sie ihre Gemächer gefunden. Sie befanden sich, wie es Ululala gesagt hatte, im Ostflügel. Alles war hier in den Farben türkis und hellblau gehalten. Die Möbel besassen elegante, geschwungen Formen und waren mit Gold an den verschnörkelten Füssen und Armlehnen, verziert. Wandbehänge in denselben Farben, ab und zu mit etwas orange durchbrochen, hingen an den Wänden.
In einem kleinen Salon, der umgeben war mit Büchergestellen, sass eine schmale Gestalt, welche in ein Buch vertieft war. Ihr langes, etwas zerzaustes, ebenholzfarbenes Haar, fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern. Sie trug ein weisses, spitzen-besetztes Nachthemd und darüber einen, aus smaragdgrünem Satin bestehenden, mit Gold Emblemen bestickten, Morgenmantel. Scheinbar war sie noch nicht so lange aufgestanden.
Die Geschwister klopften gegen die offene Tür, um sich bemerkbar zu machen und Nofrete rief: «Ja? Wer ist denn da?»
Die Kinder traten ein und riefen: «Zwei gute, alte Freunde!»
Die Smaragd Lady, schaute zuerst etwas erschrocken drein, doch dann erhellte ein Strahlen ihr Gesicht, das den ansonsten schon lichtdurchfluteten Raum, noch heller erscheinen liess.
«Pia, Benjamin!» rief sie und sprang auf. Das Buch fiel zu Boden, doch die Prinzessin kümmerte sich nicht darum, sie lief auf die Geschwister zu und umarmte sie stürmisch.
«Ihr seid zurück! Ihr seid tatsächlich zurück! Wie wunderbar! Geht es euch gut?»
Nachdem sie die Kinder jedoch gemustert hatte, gab sie sich selbst die Antwort: «Auf jeden Fall seht ihr grossartig aus!»
«Es geht uns auch wirklich sehr gut!» lachte Pia «stell dir vor, wir haben das Medaillon vervollständigen können!»
«Was, wirklich? Das müsst ihr mir unbedingt näher ausführen. Kommt setzt euch zu mir! Welch eine Freude, welch eine Freude!» Nofrete liess von einem Angestellten etwas zu trinken und ein paar Knabbereien bringen und wandte sich dann mit leuchtenden Augen an die Geschwister. «Ihr habt also tatsächlich das ganze Medaillon gefunden?»
«Ja!»
«Dann können ja meine Eltern, unser Hofstaat und ich schon bald nach Hause zurück!» «Es sieht ganz so aus. Allerdings müssen wir noch genauer herausfinden, wie wir das Medaillon anwenden müssen. Ululala kümmert sich darum.»
«Dann kann ja nichts mehr schiefgehen! Oh Kinder! Ich kann es kaum glauben! Darf ich dieses besondere Artefakt einmal sehen?»
«Ja klar!» Ben zog das Medaillon hervor und hob es in die Höhe. Einmal mehr leuchtete dieses im Sonnenlicht auf. Die Prinzessin schaute es mit grossen Augen an und der bläuliche Schimmer des Artefaktes, liess magische Lichtreflexe, auf den smaragdenen Teichen ihrer Augen, tanzen.
«Darf… ich es berühren?»
«Ich denke schon.»
Nofrete streckte leicht bebend ihre Hand aus und als sie die kristallene Oberfläche des Medaillons berührte, durchfloss sie dessen Macht, wie eine sanfte, licht-durchtränkte Woge. «Oh beim grossen Geist! Es ist einfach wundervoll! Es war bestimmt nicht einfach alle Teile zu finden.»
«Nein das war es wirklich nicht, besonders der Viertel mit dem Feuersymbol, war schwer zu kriegen. Wir mussten dafür bis in die Unterwelt reisen.»
«In die Unterwelt! Das klingt ja schauerlich! Bitte erzählt mir alles!»
Die Geschwister taten wir ihnen geheissen und begannen zu berichten.
«Bei der Reise in die Unterwelt, war Malek uns eine grosse Hilfe,» sprachen sie. Als Nofrete diesen Namen jedoch hörte, verdüsterte sich ihr Ausdruck. «Also Malek… war auch dabei?»
«Ja. Zum Glück! Ohne ihn wäre es bedeutend schwieriger geworden.»
«Bestimmt hat er nur wieder einen Deal mit dem Herrn der Finsternis gemacht: Seine ewige Treue, als Pfand für das Medaillon,» meinte Nofrete abschätzig.
«Da irrst du dich,» sprach Pia, «der Herr der Finsternis hätte den Medaillonsviertel niemals rausgerückt. Schon gar nicht, nachdem Malek sich von ihm abgewandt hat. Nein! Unser Freunde machte zwar einen Deal, aber einen Deal mit einer uralten Gottheit namens Balorion.»
«Balorion? Von diesem Gott habe ich schon einmal gehört. Er soll schon ganz am Anfang, als das Omniversum noch kaum geordnet war, gelebt haben und er soll auch ziemlich grausam und kriegerisch gewesen sein.»
«Dennoch, waren es schliesslich Balorion und all seine Getreuen, welche im Blut- Meer eingesperrt waren, die uns halfen, ohne einen gefährlichen Kampf gegen den Herrn der Finsternis, an den Medaillonsviertel zu kommen.»
«Ich weiss nicht so recht. Das kann mich nicht wirklich davon überzeugen, dass Malek sich so verändert hat.»
«Das hat er aber, dass musst du uns glauben,» erwiderte Ben. «Er hat auch den bösen Priester Skarion besiegt, welcher deine alte Heimat unterjocht hat.»
«Skarion? Ich dachte, das sei ein anderer Magier namens Miros gewesen?» Die Geschwister fühlten sich ertappt und ihnen war klar, dass sie sich wohl verplappert hatten. «Nun ja…» stotterten sie. «Miros und Malek… sie sind dieselbe Person, aber das weiss bisher niemand!»
«Wie bitte? Malek soll dieser gütige Zauberer gewesen sein, welcher so viele Menschen heilte und dem Volk der Grauen Stadt den Frieden gebracht hat?»
«Ja, er ist es! Er hat wirklich Grosses geleistet Nofrete. Es wird Zeit, dass du ihm vergibst. Ululala hat es auch getan.»
«Ululala hat jedoch nicht dieselben Schrecken durchgemacht, wie ich und meine Familie. Malek hat einfach alles zerstört und so viel Leid angerichtet. So einfach kann ich ihm deshalb nicht vergeben.»
«Aber er hat sich so wunderbar entwickelt!» verteidigte Pia Malek ebenfalls. «Der Herr der Finsternis hat damals seinen Kummer ausgenutzt, als du ihn wegen dem anderen Mann, den du heiraten solltest, verlassen hast.»
Ein Schatten des Kummers, legte sich über das schöne Gesicht der Prinzessin. «Ja… ich weiss, das war damals eine traurige Geschichte und ich sah später auch ein, dass ich das nicht hätte tun sollen. Ich habe mich dann gegen den Willen meines Vaters aufgelehnt und meine Verlobung aufgelöst. Doch da hatte Malek sich schon so zum Negativen verändert, dass ich es ihm gar nicht mehr erzählen konnte.»
«Du hast die damalige Verlobung mit dem anderen Mann, tatsächlich gelöst?»
«Ja, ich wollte niemanden, nur wegen eines strategischen Vorteiles heiraten. Ich wollte den Menschen heiraten, den ich liebte. Eigentlich wäre das Malek gewesen. Wir hätten glücklich werden können zusammen, denn die Familie meines damaligen Verlobten, respektierte meine Entscheidung auch. Malek aber… er hat alles zerstört und nun kann ich ihm einfach nicht mehr vertrauen.»