Der grosse Miros offenbart sich!
Schliesslich löste sich Nofrete wieder von Malek und sprach: «Nun wird es aber Zeit, dass du dich mal auf dem Fest blicken lässt! Ich werde dich begleiten und die Schützenhilfe geben.»
«Du unterstützt mich?»
«Ja, das tue ich. Ich werde vor allem meinem Vater klar machen, dass, was immer auch seine Reaktion auf dich sein wird, ich zu dir stehen werde.»
«Das… bedeutet mir wirklich sehr viel…» sprach Malek, mit erstickter Stimme. «Dabei habe ich dir und deiner Familie doch so viel angetan.»
«Psst!» Nofrete legte ihm den Finger auf den Mund. «Reden wir nicht mehr davon, okay?»
Malek nickte unter Tränen und die junge Frau streichelte instinktiv über seine Wange. Ja, sein Kummer war wirklich aufrichtig und es schmerzte ihr Herz, wenn sie ihn so sah. Malek nahm ihre Hand und küsste sie sanft. Die Luft zwischen ihnen schien auf einmal zu vibrieren und ihre Lippen näherten sich einander. Zuerst waren ihre Küsse zaghaft, wie ein leichter Frühlingshauch. So als müssten sie sich zuerst wieder richtig kennen lernen, doch dann als beide fühlten, wie gut sie körperlich, wie seelisch, noch immer harmonierten, wurden ihre Küsse immer heftiger und leidenschaftlicher! Schliesslich umschlangen sie sich eng und liessen sich auf das weiche Bett in Nofretes Gemach fallen. Dabei küssten sie sich immer weiter und während sie sich entkleideten und ganz ihren neu erwachten Gefühlen hingaben, erkannten sie, dass sie niemals mehr ohne einander sein wollten!
Pia und Benjamin hielten währenddessen nach Nofrete Ausschau. Als Ismala zu ihnen kam, fragten sie diese nach ihr. «Nofrete sagte mir, sie müsse sich ein wenig ausruhen,» erwiderte die Königin. «Solche Festlichkeiten können anstrengend werden, vor allem wenn sie mehrere Tage und Nächte dauern. Aber wir haben ja auch einen guten Grund, so lange zu feiern. Schliesslich sind wir gerade in unsere Heimat zurückgekehrt, nachdem wir so lange verbannt waren. Allerdings ist unsere Festgemeinschaft noch immer nicht ganz vollständig. Miros fehlt noch und auch Malek. Wo bleiben die beiden nur? Ich hörte, sie haben auch mitgeholfen, alles hier wieder aufzubauen. Bei Malek verstehe ich ja noch, dass er nicht da ist, er hat ja auch einiges angestellt. Aber Miros sollte sich schon mal blicken lassen.»
Die Geschwister nickten und versuchten möglichst arglos zu wirken. «Nun ja…» erwiderte sie «wie heisst es so schön: Ein Zauberer taucht genau dann auf, wenn der richtige Moment da ist. Nicht früher und nicht später.»
«Das ist ja gut und schön, aber langsam geht mir die Fragerei meines Mannes, nach Miros, etwas auf die Nerven. Könnt ihr diesen Wunderknaben nicht irgendwie kontaktieren?»
«Das wird schwierig werden, denn wir wissen ehrlich gesagt auch nicht… wo er ist,» erwiderte Pia. «Und Malek… nun ja, du sagtest ja gerade, dass er vermutlich nicht nur Freunde hier hat, obwohl er es ja gewesen ist, der alle wieder aufgespürt, uns bei der Medaillons Suche geholfen und den Verbannten ihre alte Gestalt, durch seinen Trank, wieder zurückgegeben hat.»
«Das stimmt und trotzdem, hat er eigentlich nur das wieder gut gemacht, was er einstmals verbockt hat.»
«Ich dachte du hast ihm vergeben?» meinte Pia leicht vorwurfsvoll.
«Ich für meinen Teil, habe meinen Frieden mit ihm gemacht, doch ob das auch alle anderen getan haben, das weiss ich nicht.»
«Das ist vermutlich genau der Grund, warum sich Malek nicht blicken lässt,» meinte Ben leicht ironisch. «Er hat noch immer sehr grosse Schuldgefühle und sicher fürchtet er sich auch vor den Reaktionen einiger Verbannten.»
«Aber Miros könnte doch wirklich kommen, er hat sich ja nie etwas zuschulden kommen lassen, im Gegenteil! Darum gibt es wirklich keinen Grund, dem Fest fern zu bleiben.»
«Nun, wie gesagt, die Wege eines Zauberers sind oft unergründlich,» gab Ben salbungsvoll zur Antwort.»
Ismala schaute ihn und seine Schwester einen Moment lang etwas kritisch an, dann nickte sie mit einem leichten Seufzer und ging wieder davon, um ihrem Mann Bericht zu erstatten.
Als sie bei Damian ankam, bestürmte dieser sie tatsächlich erneut mit Fragen über Miros Verbleib.
«Die Turner Kinder können ihn scheinbar auch nicht kontaktieren,» meinte sie «sie wissen selbst nicht, wo er ist. Auch von Malek fehlt jeder Spur.»
«Pah! Malek! Ihn vermisse ich nun wirklich nicht!» rief der König.
«Aber er hat auch viel Gutes getan. Viele berichten von seinen grossen, gütigen Taten,» versuchte die Königin ihren Mann zu beschwichtigen.
«Was auch immer er getan hat, das löscht seine Sünden nicht so einfach aus. Er hat mich schwer enttäuscht! Miros hat mich nie enttäuscht.»
«Du hast Miros aber auch nur sehr kurz gekannt, Malek kennen wir schon viel länger und wir sollten ihm wirklich lernen zu vergeben.»
«So einfach ist das nicht. Hast du denn ganz vergessen, wie schrecklich er uns mitgespielt hat.»
«Natürlich nicht, aber wir haben ihm damals auch übel mitgespielt, indem wir Nofrete dazu bringen wollten, diesen anderen Prinzen zu heiraten, obwohl wir doch eigentlich wussten, wie sehr sie und Malek sich damals geliebt haben. Der Schmerz hat Malek einfach beinahe in den Wahnsinn getrieben, demzufolge haben wir ihn auch irgendwie verraten.»
«Das rechtfertigt aber noch lange nicht, seine darauffolgende Reaktion. Ausserdem ist es Brauch, dass Königshäuser untereinander heiraten. Das ist schon seit jeher so.»
«Ein Brauch, der eigentlich schon lange abgeschafft gehört,» gab Ismala vorwurfsvoll zurück. «Nofrete hat die, damals von uns arrangierte Verlobung, sowieso wieder aufgelöst, sie liebte Malek einfach zu sehr.»
«Ja, ein Glück, dass die Familie ihres damaligen Verlobten sie ziehen liess, ohne dass es Konsequenzen gab.»
«Ist das wirklich noch immer deine Sichtweise?»
Damian wurde auf einmal verlegen: «Nun ja… vielleicht war das damals doch nicht so eine gute Idee, aber Malek einfach so zu vergeben, halte ich ebenfalls für keine gute Idee…»
Während sich das Königspaar so angeregt unterhielt, bewegten sie sich automatisch Richtung Obere Schloss-Terrasse, um ein wenig ungestörter zu sein. Sie setzten sich in zwei bequeme Lehn- Sessel und blickten über die nächtliche Stadt. Die Ruhe hier war angenehm und sie nutzten die Gelegenheit, sich ein wenig auszuruhen.
«Ein wirklich schönes Fest, haben unsere Magier und ihre Helfer, da auf die Beine gestellt,» meinte die Königin anerkennend. «Wir hätten das niemals so grossartig hingekriegt.»
«Ach was!» der König lächelte nun liebevoll. «Mit deiner Hilfe, hätten wir das schon auch hingekriegt, du warst schon immer besonders begabt, wenn es um festliche Anlässe ging.» Er legte den Arm um seine Frau und meinte: «Wir sollten wirklich nicht streiten! Schau nur, welch grosses Glück uns zuteilgeworden ist! Wir sind wieder alle daheim, dürfen zusammen auf einer wundervollen Terrasse sitzen, die genauso aussieht wie unsere Alte und alle sind glücklich. Was will man mehr?»
Die Königin kuschelte sich an ihren Gemahl und lächelte «Ja damit hast du recht! Also lassen wir die Streitereien.»
«Ich kann die beiden jetzt doch nicht stören!» flüsterte Malek, welcher sich nun wieder als Miros verkleidet hatte, an Nofrete gewandt. «Sie haben gerade so einen vertrauten Moment, da will ich jetzt nicht unbedingt die Bombe über meine doppelte Identität platzen lassen.» «Und doch ist jetzt der beste Moment, weil sie gerade allein sind,» widersprach im die Prinzessin. «Du solltest deine Beichte möglichst bald hinter dich bringen, sonst ergibt sich vielleicht nie mehr eine Gelegenheit. Ich halte mich vorerst im Hintergrund und komme später dazu. Alles klar?»
Malek alias Miros nickte ergeben und ging dann langsam auf das Königspaar zu, das gerade über die Schönheit der Sterne und den silbern leuchtenden Mond philosophierte, welche hier irgendwie heller zu leuchten schienen als irgendwo sonst.
Mit einem verlegenen Räuspern machte sich der jüngere Zauberer bemerkbar. Die Königseltern drehten sich überrascht um und Malek sprach: «Es tut mir leid… ich will nicht stören, aber ich muss dringend mit euch sprechen!»