Bereit zum Angriff
Im Laufe der kommenden Tage, wurden alle geplanten Schritte durchgeführt und schliesslich war der grosse Moment des Angriffes gekommen.
Malek stand an einem riesigen, magischen Kochtopf und über dem Feuer brodelte eine seltsame, metallisch glänzende Brühe. Der ganze Höhlenraum war von einem ätzenden Geruch erfüllt. Pia schaute neugierig in den Topf: «Was ist da alles drin?» fragte sie. «Das wäre etwas zu kompliziert, um es dir aufzuzählen,» sprach der Magier. «Aber ein Bestandteil ist sicher mal Säure. Säure aus den Mauldrüsen, einer besonderen Säuredrachen- Art.» «Ach du meine Güte, das klingt aber gefährlich! Gibt es solche Drachen heute noch?» «Nur noch ganz wenige, sie sind beinahe ausgestorben. Das hier stammt noch von einem alten Vorrat, den ich einst einem Drachenjäger abgekauft habe. Ich hätte niemals gedacht, dass ich das mal für so eine wichtige Sache gebrauchen könnte.»
Pia senkte etwas die Stimme: «Das was dich da erwartet… macht es dir Angst?» «Nun… ein Bisschen schon,» erwiderte Malek nachdenklich. «Du weisst, dass der Kampf mit Skarion, mich vor eine grosse Herausforderung stellen wird. Denn ich fordere nicht nur den Priester selbst heraus, sondern auch seinen dunklen Herrn, welcher einst selbst mein Herr gewesen ist. Ich weiss nicht, ob ich stark genug bin, ihm wahrlich zu trotzen, aber ich konnte das den anderen natürlich nicht sagen.» «Sicher bist du stark genug!» sprach das Mädchen überzeugt. «Ich glaube ganz fest an dich.» «Das ist lieb von dir, mein Kind. Aber ich zweifle manchmal etwas daran. Daran, dass es für mich überhaupt je wieder einen Weg zurück zu meinem alten Ich geben kann, das ich war, als Nofrete noch an meiner Seite weilte. Es sind so viele Dinge in mir, die noch nicht gelöst sind, auch noch viel Wut, Unsicherheit, Furcht, all dies könnte mich doch noch zu Fall bringen.» «Wird es aber nicht!» sprach Pia, während sie fest die Hand des Magiers drückte. «Besinne dich nur auf all das Gute, denk an all das, was du schon getan hast, an all die Menschen, denen du beigestanden bist, denen du neue Hoffnung gegeben hast. All die Menschen hier, uns, Ismala, den Bettler, den du wieder sehend gemacht hast. So lange dein Herz das Gute will, wird das Böse keine Macht über dich haben. In deinem Herzen liegt alle Kraft, die du brauchst.» Malek lächelte «Unglaublich! Welch weise Worte du schon sprichst. Wie alt bist du jetzt nochmal?» «13 Jahre,» grinste Pia. «Unglaublich, einfach unglaublich! Jedenfalls vielen Dank, für deine ermutigenden Worte. Jetzt habe ich schon etwas weniger Angst.» «Dann bin ich froh.» lächelte Pia, dann wandte sie sich wieder dem brodelnden Gebräu zu, welches sich in dem grossen Topf befand. «Wann wird es fertig sein?» «Eigentlich sollte es jetzt so weit sein. Bring mir mal bitte die Nägel dort drüben!»
Das Mädchen tat, wie ihm geheissen. Malek nahm einen der Nägel und warf ihn in die Flüssigkeit. Sogleich fing es an, zu zischen und zu schäumen und der Nagel begann sofort zu schmelzen, bis nichts mehr von ihm übrig war. «Es funktioniert!» rief Pia «Wir müssen es Galmachos und den anderen sagen!»
Kurz darauf kamen alle herangelaufen und scharten sich um den Topf. «Nun sie her, Galmachos, was dieses Gebräu mit Metall anstellen kann!» rief Malek alias Miros. Erneut warf er einen Nagel in die Flüssigkeit und als dieser sich sogleich zersetzte, brach Jubel unter den Anwesenden aus. «Damit werden wird diese metallenen Bastarde endlich besiegen können!» riefen sie «Magie! Es ist Magie!» Malek nickte zufrieden und sprach: «Diese Flüssigkeit wird euch von grossem Nutzen sein. Ich werde sie nun in kleine Flaschen abfüllen, die ihr dann mitnehmen könnt. Ich werde diese Flaschen mit einem Bann belegen, damit sie nicht so einfach zerbrechen. Wenn ihr sie verwendet, dann ruft einfach das Wort: «Infracto!» dann wird der Bann aufgehoben und sie Flaschen zerbrechen, vorzugsweise auf den stählernen Leibern dieser Monsterwächter! Durch den Bann, wird vermieden, dass es zu Kollateralschäden unter unseresgleichen kommt. Prägt euch dieses Zauberwort gut ein!»
Als alles vorbereitet war und die Rebellen ihre Lederrüstungen und Waffe aus der Rüstkammer, die sie in einer Nacht und Nebel Aktion geplündert hatten, trugen, machten sie sich auf den Weg. Damian führte sie durch einige der Tunnels zu einem schmalen Schacht. Dort waren die Wände teilweise mit Holzbrettern verkleidet. Er klopfte dagegen, bis er an eine Stelle kam, wo er hohl klang. «Da hinten müsste der Durchgang sein. Er wurde verschlossen, damit ihn niemand so einfach findet und dass er doch schnell geöffnet werden kann, wenn man ihn braucht. Helft mir die Bretter zu entfernen!» Sofort eilten einige Männer herbei und halfen Damian. Staub wirbelte auf und hinter den Brettern erschien tatsächlich eine finstere Öffnung. Sie leuchteten mit ihren Fackeln hinein und ein weiterer Gang mit rauen Wänden und vielen Spinnweben, tauchten vor ihnen auf. Damian sprach: «Dies ist der Geheimgang, von dem ich sprach. Er sollte bis hinein in den schwarzen Tempel reichen. Es gibt noch eine Abzweigung, zu den Kerkern. Wir werden uns dort dann aufteilen. Einige kommen mit mir und Miros und die anderen befreien die Gefangenen. Viel Glück und haltet eure Zauberelixiere und Waffen bereit!»
Skarion der böse Priester ahnte nichts von dem was sich gerade unter seinen Füssen zusammenbraute. Seit der Herr der Finsternis ihm so grosse Kräfte verliehen und ihm noch mehr von den dämonischen Panzerriesen zur Verfügung gestellt hatte, fühlte er sich eigentlich ziemlich sicher. Das Malek sich allerdings von den dunklen Mächten abgekehrt hatte, das wusste er bereits. Er hatte es am eigenen Leibe gespürt. Ein grosser Teil seiner Macht, war durch seinen einstigen Führer Malek, verstärkt und stabilisiert worden. Als letzterer sich jedoch vom Herrn der Finsternis abgewandt hatte und nun wieder dem Guten dienen wollte, hatte ein schrecklicher Schwächeanfall, Skarion heimgesucht. Ein paar Tage, war es ihm sehr schlecht gegangen. Doch dann war ihm ein weiteres Mal, der Herr der Finsternis erschienen und hatte ihn erneut etwas gestärkt. Von ihm erfuhr der Priester auch, dass Malek tatsächlich abtrünnig geworden war. Das Malek jedoch gerade so nahe bei ihm war und gedacht ihn herauszufordern, davon ahnte Skarion noch nichts, denn durch Maleks Abkehren von der Finsternis, war er nicht mehr so eng mit jenem verbunden und wusste demzufolge nichts Genaueres mehr über ihn und seinen Aufenthaltsort. Auch der Herr der Finsternis wusste nichts Genaueres, eine andere Macht verhinderte das wohl.
Gerade machtes sich der Priester also keine Sorgen um Malek, sondern mehr darum, dass die Rebellen unter Galmachos es irgendwann doch noch schaffen würden, ihn zu stürzen. Wie nahe er seinem Schicksal bereits war, ahnte er allerdings nicht.
So machte er sich wie jeden Tag zur selben Zeit auf zu den Kerkern, um zu sehen, ob die Folterung der vermeintlichen Rebellen-Sympathisanten, endlich Früchte trugen. So ging er eine breite Treppe hinunter zu den Verliesen. Ein gepanzerter Wächter, kam ihm au halber Strecke entgegen. «Nun?» fragte Skarion herrisch «habt ihr schon etwas aus diesen Aufständischen herausgekriegt?» Der Stählerne erwiderte mit dumpfer, monotoner Stimme: «Nein, bisher hat noch nichts gefruchtet.» «Habt ihr alle Gefangenen verhört?» «Ja Meister, doch viele von ihnen scheinen gar nichts zu wissen.» «Irgendwann werden sie schon noch gesprächig werden,» sprach der Priester finster und ging nun durch die Reihen der Kerker. Angewidert musterte er die Gefangenen, welche teilweise wie ein Häufchen Elend in einer Ecke kauerten. Die geistige und körperliche Folter, hatte ihre Spuren auf ihren Körpern hinterlassen. Ihre Blicke waren stumpf und teilnahmslos. «Jene, welche uns nicht weiter von Nutzen sind, werden bald unserem dunklen Herrn aus der Unterwelt geopfert werden, dann erfüllen sie wenigstens noch einen letzten guten Zweck!» meinte der Priester emotionslos.