Der Zorn des Rochas
Kurz darauf, waren die Kinder wieder auf den Weg. Sie suchten einen geeigneten Platz um zu meditieren. Es war sehr warm und eine Fliege, schwirrte ständig um die zwei herum. Sie versuchten sie zu verscheuchen, doch das Insekt war hartnäckig.
Was Benjamin und Pia nicht wussten war, dass gerade diese kleine Fliege, eine Gefahr für sie darstellte, denn sie war ein Diener Maleks, mit Namen Rochas und konnte alle möglichen Gestalten annehmen. Der böse Zauberer, hatte die Spur der Kinder wieder aufgenommen und brütete bereits eine weitere Boshaftigkeit aus, um sie an ihrer Mission zu hindern. Er war sehr beunruhigt, denn er wusste, dass die Geschwister für ihn nun eine noch grössere Gefahr, darstellten. Ululala, hatte ihnen die Sphärenwanderung beigebracht. Das bedeutete, dass er handeln musste, wenn er ihre Spur nicht erneut verlieren wollte. Sie durften das Feuer der ewig, göttlichen Liebe auf keinen Fall finden! So murmelte Malek erneut eine Zauberformel. Plötzlich begann sich der Boden unter den Füssen der Kinder, wie damals in der Tropfsteinhöhle, wie ein riesiges Tier zu bewegen. Erschrocken hielten sich die beiden am nächsten Baum fest. Der Boden bäumte sich auf und auf einmal, erwuchs aus ihm ein riesiges Monster aus Blättern, Holz und trockenen Wurzeln! Rochas hatte sich in einen gefährlichen Elementar verwandelt! Er stiess ein markerschütterndes Brüllen aus und wandte sich den Geschwistern zu. Rote Augen starrten sie aus dunklen Höhlen an. Der Boden erzitterte, als es auf Pia und Benjamin losstampfte. Nur knapp entkamen die Kinder seinem Hieb, indem sie sich hinter den Baum duckten. Holz splitterte und der Baum zitterte und ächzte, unter der Schlagkraft des schrecklichen Monsters. Pia schrie auf. „Lauf!" brüllte Benjamin und zog seine Schwester hinter sich her. Wie gehetzte Kaninchen, setzten sie über Baumstämme, Büsche und Hecken, den Dämon, stets dicht auf den Fersen. Sie schlugen Haken und versuchten ihn abzuhängen, doch es gelang ihnen nicht, denn ihr Verfolger, war für seine Grösse, erstaunlich schnell.
Plötzlich trat Pia in ein Loch und schlug der Länge nach hin. Sie stiess einen lauten Schmerzensschrei aus. „Mein Fuss!" schluchzte sie. „Lass mich hier und bringe dich in Sicherheit!" „Nein! Keinesfalls lasse ich dich hier zurück. Du musst es einfach schaffen! Ich helfe dir! Leg den Arm um meine Schulter!" „Nein das ist doch völlig aussichtslos!" sprach Pia weinend. Sie hatte recht, das Monster stand bereits vor ihnen! Es stiess ein triumphierendes Brüllen aus. Blankes Grauen erfasste die Kinder. Nun war es endgültig aus mit ihnen. Doch dann vernahm Benjamin auf einmal eine leise, innere Stimme: „Den Stab der Sternenfeen! Gebrauche ihn!“ Getrieben von Todesangst, riss er den Zauberstab aus dem Gürtel und hob ihn hoch. Im selben Moment, schossen tausend Sterne aus seiner Spitze und umhüllten die Kinder, wie eine Kuppel. In diesem Augenblick schlug der Dämon zu! Seine Faust prallte an dem magischen Sternenmantel ab und er wurde von seiner eigenen Kraft, rückwärts geschleudert. Verdattert, blieb das Monster einen Moment lang auf dem Rücken liegen. Benjamin schrie: „Weg hier, so schnell wie möglich, dort rüber in das kleine Waldstück, wohin er uns nicht so gut folgen kann!“ Halb hinkend, halb laufend, eilten sie so schnell sie konnten, in den Schutz der dichten Bäume und duckten sich tief hinter das Dickicht. „Sternenglanz, beend deinen Tanz!" flüsterte Benjamin und die Sterne, die sie umgaben schossen in den Stab zurück.
Maleks Diener war zum Glück schwerfällig und es dauerte deshalb eine Weile, bis er sich wieder aufgerappelt hatte. Maleks Gesicht war rot vor Zorn. Durch den Sturz seines Dieners, hatte er die Geschwister erneut aus den Augen verloren. „Du dummer, schwerfälliger Nichtsnutz!“ schrie er Rachos zu. „Verwandle dich in etwas Leichteres und suche die Kinder, aber dalli!“ Mit klopfendem Herzen, beobachteten Pia und Benjamin, wie sich das monströse Ding, auf einmal auflöste und zu einer kleinen Wespe wurde. „Sie darf uns nicht entdecken, sie muss ein Spion von Malek sein,“ flüsterte Benjamin. „Wir müssen hier schnellstmöglich weg!“ sprach Pia verzweifelt „Komm, wir teleportieren uns irgendwohin, weit weg von hier.“
„Aber zuerst schnappe ich mir noch Maleks Handlanger!“ „Nein! Das ist zu gefährlich, wenn er sich wieder in diesen Koloss verwandelt, dann haben wir keine Chance. Ausserdem kann Malek, wenn er durch seine Augen blickt, auch einen Fluch über uns sprechen, wie damals, als er die Tropfsteinhöhle erbeben liess und alle Tropfsteine runterfielen.“ „So lange er blind ist, sind wir aber im Vorteil. Bleib du unten, ich habe etwas vor!“ „Benjamin…!“ wollte Pia widersprechen, doch dieser hatte bereits seine Jacke aus dem Rucksack genommen und schlich davon. Er beobachtete die Wespe genau und als sie in ihre Richtung flog, duckte er sich hinter den nächstbesten Baum und wartete, bis das Insekt in Reichweite kam. In richtigen Moment schlug er hart mit der Jacke zu und Rachos fiel zu Boden. Er summte und surrte verzweifelt und wollte sich vermutlich wieder in eine andere Gestalt verwandeln, doch da hatte der Junge ihn schon mit seinem Schuh zu Tode getreten. „So!“ meinte er triumphierend „das wars dann wohl du Scheiss…Ding!“
Als sein Diener starb, stiess Malek einen wilden Wut- Schrei aus. Wieder hatten die Kinder ihm getrotzt! Sie waren cleverer, als er dachte und einmal mehr, verlor er ihre Spur.
Benjamin, ging wieder zurück und untersuchte nun den Fuss seiner Schwester. „Tut es sehr weh?" fragte er besorgt. „Ja ziemlich," erwiderte Pia. „Dort drüben ist ein Bach. Komm mit! Das kühle Wasser wird dir guttun." „Vielen Dank! Diesem Ungeziefer, hast du es aber gegeben!“ grinste sie. Dann humpelte sie, gestützt von ihrem Bruder, zu dem Gewässer. Dort zog sie ihren Schuh und ihren Strumpf aus und hielt den, bereits stark angeschwollenen Fuss, in das kühle Nass. Es tat wirklich sehr gut. Benjamin zog die Heilerde von Lumniuz aus dem Beutel und rührte sie mit etwas Wasser an, dann legte er den Brei auf den verletzen Fuss und band ein Stoff- Taschentuch darum. „Mal sehen ob es wirkt," sprach er. „Ich fühle bereits, dass es stark bessert," erwiderte Pia erstaunt. „Versuch mal, ob du auftreten kannst.“ Das Mädchen tat wie ihm geheissen und tatsächlich, sie konnte den Fuss bereits wieder ganz gut belasten. „Die Erde von Lumniuz wirkt Wunder," meinte Benjamin. „Meinst du, wir können weiter?" „Ich glaube schon," antwortete Pia. „Tatsächlich konnte Pia kurz darauf wieder, beinahe ohne Hilfe, gehen. „Es ist erstaunlich wie schnell diese Heilerde wirkt!“ freute sie sich. „Wir haben da wirklich einig sehr wertvolle Geschenke erhalten. „Das stimmt! Aber verschwinden wir hier jetzt lieber. Man weiss nie, was Malek sich sonst noch alles ausdenkt."
Schliesslich erreichten sie einen geeigneten Platz, um zu meditieren. Sie setzen sich mit unterschlagenen Beinen auf den Boden. Jeder der zwei, nahm etwas Feenstaub und streute ihn auf das Haupt. Augenblicklich verfielen sie in tiefe Meditation. Erneut durchwanderte sie alle Phasen derselbigen, stets ihre Gedanken auf das Feuer der ewig, göttlichen Liebe gerichtet und wieder tauchten jene Bilder auf, welche sie damals bei Ululala im Traum gesehen hatten. Das rotgelbe Gebirge, die Höhle und darin das eigenartige Feuer, welches brannte und doch nicht verbrannte. Ihr ganzes Denken, lenkten sie nun auf diese Bilder und ein zweites Mal, öffnete sich vor ihnen der magische, farbige Kanal. Die Geschwister, liessen sich ohne Angst in den Strudel hineinziehen. Wieder dröhnte es in ihren Köpfen, doch sie erlebten diesmal alles, bei vollem Bewusstsein. Sie sahen sogar die Öffnung vor sich, welche hinaus in die andere Welt führte. Unsanft landeten sie auf einem trockenen, sandigen Boden. Etwas benommen blieben sie einen Augenblick lang liegen.
Die Welt der Feuerwesen
Schliesslich sahen sie sich um. Sie befanden sich in einer tiefen Schlucht. Rundherum ragten steile, rötliche Felswände empor. Es war genau das Gebirge, von welchem sie geträumt hatten. „Das Gebirge der Ewigkeit," flüsterte Pia und blickte zum Himmel empor. Es war sehr heiss, die Sonne schien hier viel stärker zu brennen. Überall hatte es die verschiedensten Gesteinsformationen. Manche stellten Tiere, Fabelwesen oder andere Gestalten dar. Es kam den Kindern vor, als ob das ganze Gebirge ein einziges Denkmal wäre, ein Denkmal, aus längst vergangenen Tagen. Alles war trocken und einsam. „Nicht gerade gemütlich hier," sprach Benjamin und Pia nickte zustimmend. „Meinst du das Feuer ist hier irgendwo in der Nähe?" „Ich denke schon. Komm lass uns mal sehen, ob es irgendwo einen Weg aus diesem Tal gibt!" Die Geschwister begannen zu marschieren. Die Schlucht war sehr schmal und anfangs machte es den Eindruck, als würde kein Weg aus ihr herausführen. Dann jedoch erreichten sie einen Art natürlichen Gesteinsbogen, unter ihm begann ein Pfad, der sich im Zickzack eine Felswand hinaufschlängelte. Diesen nahmen die Kinder. Die Wanderung war sehr anstrengend. Die Sonne brannte unbarmherzig auf ihre Köpfe und schon bald waren sie schweissgebadet. Kaum ein Lüftchen wehte, obwohl sie bereits eine beachtliche Höhe erreicht hatten. Tief unter ihnen, lag das Tal. Es schwindelte sie, wenn sie in den Abgrund sahen. Manchmal war der Pfad so schmal, dass sie in mit dem Rücken an die Felswand gepresst, entlang gehen mussten. Pia hatte ziemliche Angst und auch Benjamin war das Ganze nicht immer geheuer. „So hätte ich mir das nun doch nicht vorgestellt," sprach er „ich dachte es sei einfacher das Feuer der ewig, göttlichen Liebe zu finden. Nun sind wir in der richtigen Welt, wissen jedoch nicht, wo es sich wirklich befindet." „Irgendwo da oben vermutlich," entgegnete Pia. „ Jedenfalls, sagt mir das mein Gefühl." „Du hast bestimmt recht. Wir müssen eben Vertrauen haben. Der grosse Liebegeist weiss schon, was er tut. Ausserdem ist es ja nicht mehr weit, bis zum Gipfel.“