Die Nebelschwade nähert sich dem flachen Schneestück dicht am Gipfel. Dort verdichtet sie sich mit einem Mal zu einem weißen Ball, aus dem schließlich dunkle Hufe und die grauen Hörner des Moschusochsens auftauchen. Während sich ein Teil des Körpers noch in der Nebelschwade zu befinden scheint, wirkt der vordere Teil so fest wie bei jedem normalen Tier.
Du hältst ein gutes Stück vor der Ziege an und verbeugst dich vor dem Tier, das dich aus dunklen Augen mustert.
Dein Blick sucht die Wunde an ihrer Seite. Dort ist das weiße Fell rot vom Blut. Die Ziege folgt deinem Blick, dann sieht sie dich wieder an. „Ja, die Sonnenfresser haben mich ordentlich erwischt.“
„Du sprichst!“, entfährt es dir.
„Alle Tiere sprechen“, erklärt die Nebelziege. „Aber hier oben können auch Erdwesen mich hören.“
So besonders kam dir der Berg nicht vor. Doch vielleicht liegt es daran, dass du die Prüfungen bestanden und überlebt hast.
„Du hast mich gerufen“, sagst du leise. „Ich möchte dir helfen.“
Die Ziege neigt den Kopf. „Ich brauchte einen Elfen reinen Herzens, und du warst geeignet. Immerhin“, sie nickt zu Arto, „hast du einen Ettyr gezähmt.“
Vorsichtig kraulst du deinen Wolf.
„Komm her.“ Die Ziege nickt dir zu. „Lege deine Hand auf meine Wunde.“
Etwas schüchtern trittst du auf den Gott zu. Die Nebelziege ist nicht länger so klein wie bei eurer Begegnung im Sturm. Im Gegenteil, mit jedem Schritt, den du tust, scheint sie weiter in die Höhe zu wachsen, bis sie dich fast wie ein Mammut überragt.
Du streckst die Hand aus und legst sie sanft auf das weiße Fell. Sofort prickelt deine Haut. Mit großen Augen siehst du zu, wie das Blut aus dem Pelz zurückweicht. Unter dem Fell spürst du eine leichte Bewegung, als sich die Wunde schließt. Die Schnitte und Bisswunden auf ihren Beinen verheilen zusehends, während das Kribbeln deinen ganzen Körper erfasst.
Du kannst es kaum glauben. Du bist doch kein Heilmagier! Es muss die Macht der Nebelziege sein, die sie heilt, jedoch brauchte sie dich dafür.
Als du dich schließlich aufrichtest und von der geheilten Göttin zurücktrittst, bemerkst du, dass sich dunkle Wolken um die Bergspitze ballen. Sie sind blasser als die Gewitterwolken und wirbeln umeinander, obwohl kein Windhauch weht.
„Sind das die Dämonen?“
„Die Sonnenfresser, ja“, erwidert die Kuuntimala.
„Was geschieht jetzt?“
„Jetzt zeigt sich, wie groß deine Kraft wirklich ist, mein Kind.“
Du schluckst, als sich die dunklen, kleinen Wesen mit ihren zahnbewehrten Mäulern und schlanken Flossen aus der Wolke lösen. Ein riesiger Schwarm davon hält auf euch zu. Gleichzeitig spürst du ein neuerliches Kribbeln in deinen Händen. Goldenes Licht glüht um dich herum auf. Instinktiv hebst du die Hände, als die Dämonen auf dich und die Nebelziege zuströmen. Das goldene Licht breitet sich vor dir aus und wird zu einem großen Schutzschild, der die Dämonen verbrennt, sobald sie hineintauchen. Du spürst, wie deine Kraft mit jedem Sonnenfresser, den du verbrennst, ein wenig abnimmt.
Plötzlich bemerkst du eine Bewegung von der Seite.
- Hast du im Sturm die Külvja-Decke losgelassen und dich an Arto festgehalten?
https://belletristica.com/de/chapters/197718-24-a/edit
- Wenn nein, hast du das Kaninchen auf der Kerberok-Ebene getötet?
https://belletristica.com/de/chapters/197719-24-b/edit
- Trifft beides nicht zu?