Warum wurden die MacDonalds von Glencoe umgebracht?
Für das Massaker gibt es drei Gründe:
1. Die Jakobitenaufstände
Der erste Aufstand geht auf die Glorreiche Revolution (1) von 1688 zurück, als William und Mary die Krone von James VII./II. übernahmen. Obwohl es sich in England um eine friedliche Rebellion handelte, wurde in Schottland eine Gegenrebellion von John Graham, Viscount Dundee, organisiert, der dem damals im Exil lebenden James die Treue hielt.
Aus der lateinischen Bezeichnung des Namens Jakobus entstand die Bezeichnung Jakobiten.
Der erste Jakobitenaufstand, eine Schlacht, fand bei Killicrankie statt. Die Jakobiten siegten, allerdings zu einem hohen Preis, denn ihr Anführer, John Graham, kam dabei zu Tode. Ein weiterer jakobitischer Aufstand galt daher als eine erhebliche Bedrohung für den Thron.
In Inverlochy, das man nach dem König in Fort William umbenannte, wurde eine Garnison zur Durchsetzung von Recht und Ordnung in den Highlands errichtet. Aufgrund der Nähe des Armeestützpunkts zum Glen Coe war es jedoch sehr unwahrscheinlich, dass die MacDonalds einen Aufstand anzetteln würden.
2. Vorurteile
Die MacDonalds boten ein leichtes Ziel, an dem man ein Exempel statuieren konnte, denn sie waren lediglich ein kleiner Clan. Bereits seit Jahrzehnten hing ihnen ein schlechter Ruf an, waren sie doch immer ungehorsam und nicht gesetzeskonform vorgegangen. Sie verdienten ihr Geld mit Viehdiebstählen und brachten das gestohlene Vieh in das Lost Valley, wo sie vor Repressalien anderer Clans sowie auch der Regierung sicher waren. Dazu kam, dass Lowlander generell Vorurteile gegenüber den gälischsprachigen Clans der Highlands hatten, die sie als unzivilisierte Barbaren betrachteten.
James VII./II. war der letzte katholische König, der regiert hatte, und viele seiner Anhänger waren sowohl katholisch als auch bischöflich gesonnen. Der Presbyterianismus war zu dieser Zeit die Hauptreligion sowohl der Monarchen als auch der Kirchenleitung. Man geht davon aus, dass die MacDonalds von Glencoe episkopalisch oder möglicherweise katholisch waren und daher eine Bedrohung darstellten.
3. Der Treueschwur
Der dritte Grund war der Treueeid auf William und Mary - die neuen Monarchen. Dieser wurde von allen Untertanen verlangt. Um jedoch die Clans der Highlands auf ihre Seite zu ziehen, forderte man alle Oberhäupter auf, bis zum 1. Januar 1692 zu unterschreiben. Dafür sollte jeder einen kleinen Obolus in Geld erhalten. Diejenigen, die nicht unterzeichneten, sollten bestraft werden. Berichten zufolge verzögerte sich die Verbreitung dieser Deklaration erheblich, weil sich William III. zu jener Zeit in Flandern aufhielt und es einige Zeit in Anspruch nahm, ehe seine Zustimmung vorlag.
Es wird angenommen, dass MacIain - wie viele andere Clanchiefs - wartete, bis er von seinem früheren Eid gegenüber James VII./II. entbunden war. Dies geschah erst im Dezember 1691, einige Wochen vor Ablauf der Frist. Sobald MacIain erfahren hatte, dass er William III. die Treue schwören durfte, machte er sich auf den Weg nach Fort William. Dort waren jedoch keine Sheriffs anwesend. Der nächstgelegene Beamte, der seinen Treueeid absegnen konnte, befand sich in Inveraray, wohin er sich ordnungsgemäß begab. Aufgrund diverser Vorkommnisse, verfehlte er die Frist um wenige Tage.
Die Auswirkungen des Massakers
In den ersten Gerüchten über das Massaker wurde die Beteiligung der Campbells übertrieben und von einer Clanfehde gesprochen. Als jedoch das Argyll-Regiment einige Wochen später auf dem Weg nach Flandern durch Edinburgh kam, sprach es von dem Massaker, Kopien der Befehle waren allerdings urplötzlich verschwunden. Die Order über den Angriff wurde in Paris veröffentlicht, die Geschichte überdies in Schottland durch Flugblätter verbreitet.
Die Menschen waren empört darüber, dass sich die Armee gegen ihre Gastgeber gewandt sowie Frauen, Kinder und ältere Menschen getötete hatte.
Bei einer im Jahr 1695 von der Regierung durchgeführten Untersuchung versuchte man, die Schuldzuweisung zu klären, doch niemand wurde jemals wirklich zur Rechenschaft gezogen. Das Massaker wurde in Anlehnung an den Missbrauch der Gastfreundschaft als "Mord im Vertrauen" bezeichnet. Gemeinhin wird der damalige Staatssekretär John Dalrymple dafür verantwortlich gemacht, der im Zuge dessen zwar zurücktreten musste, später als Master of Stair unter Königin Anne im Jahr 1703 gleichwohl hohes Ansehen erlangte.
Nach dem Massaker kam es zu einer Fehde zwischen den Campbells und den MacDonalds, denn verschiedene Campbells, wie beispielsweise Captain Campbell of Glenlyon, waren daran beteiligt gewesen.
Das Regiment bestand aus Männern aus Argyll, so dass es mehr als wahrscheinlich ist, dass sich unter den 120 Soldaten unzählige Campbells befanden. Dessen ungeachtet waren noch andere in die Affäre verwickelt, darunter Drummond, Hill, Duncanson und Dalrymple, ganz zu schweigen von König William.
Der Versuch der Regierung durch dieses Vorgehen Unterstützung für William zu gewinnen, war gründlich nach hinten losgegangen. Die öffentliche Meinung wendete sich nach dem Massaker gegen ihn. Doch nicht nur deshalb blieb er beim Volk unbeliebt. Weitere Gründe waren gleichermaßen der neunjährigen Krieg in Flandern, die zusammenbrechende Wirtschaft sowie das unglückliche Darian-Projekt. (2)
Das Massaker ist eine menschliche Tragödie. Es hat zahllose Liedermacher und Dichter inspiriert. Im 19. Jahrhundert wurde der Mythos der Clan-Fehde zwischen den Campbells und den MacDonalds wiederbelebt und ist bis heute weit verbreitet. Viele Highland Gatherings in der Neuen Welt halten den Mythos aufrecht, indem sie die Geschichte als Clanfehde nacherzählen und so den Hass auf den rivalisierenden Clan der Campbells schüren.
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(1) Die Glorreiche Revolution leitete in England eine politische Wende ein. Sie beendete die Herrschaft des königlichen Absolutismus und setzte die Voraussetzung für die Einführung eines parlamentarischen Regierungssystems. Dabei stützte man sich auf die im Jahr 1215 unterzeichnete Magna Charta. Seit dieser Zeit kann der König nur noch in Abhängigkeit vom Parlament regieren.
(2) Das Darién-Projekt war der Versuch, eine schottische Kolonie in Panama aufzubauen. Dessen verheerendes Scheitern brachte das Königreich Schottland an den Rand des Staatsbankrotts und beschleunigte den Zusammenschluss mit dem Königreich England zum gesamtbritischen König Großbritannien.