„Wie gesagt. Das Angebot steht und ich bin überzeugt davon, dass du den Job gut machen würdest“, gab Reyes zurück und beobachtete aus dem Augenwinkel wie Sezuna verschwand.
„Wenn du mir nicht endlich sagst was du weißt, wird es gleich hässlich. Also tu dir selbst einen Gefallen und hör auf mich zu verarschen.“ Kaden musterte ihn grimmig. Was zur Hölle wusste er?
Er hatte sich bereits einige Male mit ihm unterhalten über verschiedene beiläufige Dinge, doch es gab immer einen bestimmten Unterton dabei, als würde er mehr über Kaden wissen, als er glaubte.
„Ich verstehe gar nicht wieso du von mir denkst, dass ich Streit suche. Ich will nur helfen“, grinste Reyes unschuldig und hob die Arme wehrlos in die Luft.
Kaden schnaubte. Ja von wegen helfen. Bezahlte Hilfe! Dieser Typ war wirklich nicht ganz sauber, aber leider unglaublich hilfreich. Allerdings schien er dieses Mal nicht so leicht mit den Informationen herausrücken zu wollen und das war ärgerlich.
Er spürte den musternden Blick von Reyes auf sich, der begann zu lächeln.
Dieser lehnte sich nun ein Stück nach vorne und sah ihn mit seinen grauen Augen an.
„Hör zu, ich mag dich Kaden. Wenn dir diese Stephanie wirklich so viel bedeutet, dann komm morgen Abend nochmal vorbei. Vielleicht werde ich sie bis dahin besser kennen. Aber jetzt solltest du vielleicht nach deiner Freundin sehen“, bemerkte er nun und nickte auf den Platz wo Sezuna vorhin noch gesessen hatte. Kadens Augen wurden groß. Er hatte gar nicht gemerkt, dass sie verschwunden war. „Ich glaube sie ist eifersüchtig“, flüsterte Reyes mit einem Grinsen, bevor Kaden aufsprang und zur Bar lief. Sezunas Geruch lag noch in der Luft, also konnte sie nicht sehr lange fort gewesen sein. Er folgte der Spur bis zum Frauenklo und hielt inne.
Vielleicht war sie ja auch nur aufs Klo gegangen...
Er hielt sich also davon ab, hinein zu gehen und zu schauen, sondern lehnte sich nur an die Wand, um abzuwarten.
Allerdings begann Sezunas Geruch schon wieder zu verfliegen, was hieß, dass sie eben nicht mehr in dieser Toilette war.
Aber wenn sie nicht dort war, wo war sie dann?
Ach, scheiß drauf!
Mit einem wütenden Satz schlug Kaden die Tür auf, um die Toilette zu betreten.
Eine Gruppe Frauen drehte sich erschrocken zu ihm um die sich am Spiegel auffrischten.
„Habt ihr eine Rothaarige gesehen? Etwa diese Größe und dunkle Hautfarbe“, fragte Kaden hektisch der bereits Panik bekam, dass er die Vampirin verloren hatte.
Einige der Frauen waren so empört darüber, dass er hier hinein gestürmt war, dass sie ihn wüst beschimpften, doch eine kleinere, junge Frau, die etwas abseits stand, meinte schüchtern: „Ich habe sie vorhin auf die Toilette gehen gesehen, sie schien sich nicht wohl zu fühlen. Aber hier war sie nicht. Vielleicht ist sie raus frische Luft schnappen. Sie sah wirklich ganz blass aus“, erklärte sie leise und dachte schon, dass der gut aussehende Mann sie wohl nicht hören konnte.
Fluchtend stürmte Kaden wieder aus der Toilette, jedoch nicht ohne die Tür hinter sich mit einem lauten Knall ins Schloss zu ziehen.
Wieso konnte sie nicht ein Mal auf ihn hören?!
Er wollte gerade zu Reyes an den Tisch stürmen, da er das Gefühl hatte, er hätte was damit zu tun, doch dieser war bereits verschwunden.
Kaden raufte sich die Haare und stürmte aus der Bar.
Dort blieb er stehen und versuchte sich erst einmal ein wenig zu sammeln. Es brachte nichts, wenn er wie ein Blöder durch die Gegend rannte, auch wenn es schwerer war, als er gedacht hatte.
Kaden atmete einmal tief durch und dann noch einmal, als er ganz leicht Sezunas Geruch wahrnahm. Es war wirklich nur sehr leicht und das war seltsam. Denn das würde eigentlich heißen, dass sie gar nicht hier gewesen war. Immerhin waren sie erst vor kurzen in die Bar gegangen.
Doch es war ihm egal.
Blind klammerte er sich an diesen kleinen Grashalm.
Er würde sich später darüber Gedanken machen, sobald sie in Sicherheit war.
Sezuna stöhnte leise und blinzelte müde. Was war denn das gewesen? Irgendwas musste in dem Trinken gewesen sein, sonst hätte es sie nie im Leben so umhauen können!
Sie strich mit ihren Fingern über den Boden und musste feststellen, dass es Gras war, auf dem sie lag. Außerdem wehte ihr der Wind um die Ohren und verstärkte ihre Kopfschmerzen nur noch mehr.
Unfähig sich zu bewegen blinzelte sie in die Dunkelheit, als sie einen ihr bekannten Geruch wahrnahm und einen braunen Haarschopf neben sich entdeckte.
„Guten Morgen Dornröschen. Oder sollte ich lieber Rotkäppchen sagen?“, hörte sie eine männliche Stimme summen, doch sie konnte niemanden sehen.
Ihr Kopf hämmerte heftig und sie hatte das Gefühl, dass sie einen ihrer Zusammenbrüche hatte.
Wie unpraktisch.
„Wer ist da?“, fragte sie und versuchte das hilflose, verängstigte Mädchen zu spielen. Sie hatte nicht sonderlich viel zu verlieren, immerhin war sie nicht sonderlich leicht zu töten, aber Alexa, die hier irgendwo in der Nähe war, konnte verletzt werden.
Sie hörte ein sich überschlagendes Kichern über ihr.
„Du bist nicht gerade in der Position Anforderungen zu stellen meinst du nicht Sezuna?“, fragte dieser und die Rothaarige zuckte zusammen.
Woher wusste er ihren Namen?!
Sie kannte die Stimme nicht und auch nicht den fremden Duft, der ebenfalls in der Luft lag. Mühsam stemmte sie sich hoch, um in der Dunkelheit etwas erkennen zu können, doch sie sah alles nur, wie durch einen milchigen Schleier.
Da war irgendjemand. Sie erkannte eine Silhouette zwischen den Schatten der Bäume.
Verdammt, was war nur mit ihren Augen los?
Ein leises Stöhnen seitens Alexa riss Sezunas Aufmerksamkeit auf sich, doch auch diese konnte sie nicht richtig erkennen.
„Uh. Jetzt wird es interessant“, flüsterte er in einem Singsang, der zwischen den Bäumen widerhallte.
Sezuna kroch in die Richtung, aus der Alexas Geruch kam, bis sie gegen ihren Arm stieß.
Langsam begann sich ihre Sicht wieder zu klären, aber nur langsam. Wenn sie es schaffte ein wenig Zeit zu schinden, konnte sie vielleicht einen Ausweg finden. Wo auch immer sie waren und was auch immer hier los war, es gefiel Sezuna nicht.
Vorsichtig griff sie nach Alexas Arm und rüttelte ein wenig an ihr.
„Was hast du mit uns vor?“, fragte Sezuna mit zittriger Stimme. Sie konnte zwar mehr erkennen, doch es war so dunkel, dass sie noch immer nicht sehen konnte, wer da mit ihr sprach. Sie würde warten müssen, bis sich ihre Augen wieder beruhigt hatten.
„Ohoo... immer mit der Ruhe Sezuna. Du willst doch nicht, dass deine Mitstreiterin im Nachteil ist, nur weil du schon ganz aufgeregt bist“, kicherte die Stimme und Sezuna sah einen schnellen Schatten vorbei huschen. Hektisch drehte sie sich um, doch sie konnte nicht mehr sehen.
Was war das für ein Typ?
Sie konnte ihn nicht sehen, aber riechen. Aber auch nicht hören. Wenn er sich bewegte, müsste er die Blätter des Bodens bewegen und das verursachte Geräusche. Aber es gab keine solchen Geräusche. Nur die von Alexa, die sich langsam bewegte.
Schleppend rollte sich die Brünette auf den Rücken wo sie dann die Augen öffnete.
Mit vor schmerzverzerrtem Gesicht rieb sie sich ihren Hinterkopf.
„Was zum-“, murmelte sie unverständlich.
„Alexa, alles in Ordnung?“, fragte Sezuna und drehte sich ihr zu, um ihr zu helfen sich auf zu setzen.
Wieder ertönte dieses kranke Kichern, doch noch immer konnte Sezuna nicht genau sagen, woher es kam.
Ein Schatten huschte an ihnen vorbei und die Rothaarige blickte auf.
Dort zwischen den Bäumen schwebte etwas!
Wiederholt blinzelte Alexa in die Dunkelheit, als sie Sezunas golden leuchtende Augen entdeckte und vor Schock zurückwich.
„Was ist passiert?“, fragte sie hektisch und drehte sich wiederholt um, um sich zu orientieren.
„Das ist eine sehr gute Frage“, stimmte Sezuna zu und wandte sich dann an die schattenhafte Gestalt. „Wir sind jetzt beide wach, also erklär uns gefälligst, was hier abläuft“, rief sie verärgert, doch es ertönte nur ein Kichern.
„Ihr seid heute Teilnehmer meines kleinen Spiels“, kicherte die Männerstimme völlig irre.
„Die Regeln sind einfach“, seufzte der Schatten, als er nun direkt über ihnen schwebte. Alexa wandte den Blick zu ihm rauf, doch alles was sie sah, war das blau leuchtende Auge des Mannes. „Ihr beide kämpft... und ich schau zu. Wie damals im alten Rom. Also unterhaltet lieber euren Kaiser bevor er euch doch selbst köpft“, lachte der Mann verrückt über seinen eigenen Witz.
„Warum sollte ich da mitspielen?“, fragte Alexa aufgebracht und erhob sich wütend.
Der Mann lachte weiter. „Oh, an deiner Stelle würde ich das nicht tun. Sonst töte ich euch beide. Und quäle euch vorher. Wer mich überlebt, darf auch am Leben bleiben“, lachte er und klang nicht mehr menschlich.
Sezuna stellten sich die Nackenhaare auf, als sie die Dunkelheit spürte.
Aber Alexa schien davon nichts zu merken. „Als würde ich mich von einem dahergelaufenen Irren einfach so töten lassen“, sagte sie und griff nach einem Stock, ehe sie diesen nach dem Schatten schleuderte.
In einem Sekundenbruchteil verschwand der Schatten und der Stock flog ins Leere.
Gleich im nächsten Moment tauchte er wieder hinter ihnen auf, als sein blaues Auge begann noch heftiger zu leuchten.
„Da hat wohl jemand die Regeln nicht verstanden“, knirschte er zornig, wobei sich seine Augen weiteten.
Alexa drehte erschrocken den Kopf, doch sie konnte gar nicht so schnell realisieren, dass etwas nicht stimmte. Ihre Bewegung war noch nicht einmal abgeschlossen, da hatte sich Sezuna auch schon zwischen sie und den fremden Mann geworfen um kurz darauf mit einem schmerzerfüllten Schrei zu Boden zu sacken.
Blut quoll aus der Verletzung an ihrem Bein, in dem ein Messer aus Knochen steckte.
Der Mann kicherte. „Das kommt doch wie gerufen. Ich wollte die Chancen sowieso noch gleich verteilen“, lachte er und Sezuna griff nach dem Messer.
„Na“, warnte der Mann und ein Messer landete nur knapp neben Sezunas anderem Bein. „Das Messer ist für Alexa“, schnurrte der Fremde.
Alexa kniete sich neben Sezuna und blickte mit großen Augen auf ihre Wunde am Bein.
„Oh mein Gott“, hauchte sie und wollte instinktiv nach diesem greifen, um die Blutung zu stoppen, als Sezuna sie zurück hielt.
„Oh, du wirst noch dankbar sein, dass ich das getan hab. Nicht wahr Sezuna? Sonst hätte sie ja keine Chance gegen dich“, grinste der Mann und stellte sich auf den schwebenden Stab und verschränkte die Arme. „Andererseits solltest du dir vielleicht auch nicht zu sicher werden Rotkäppchen. Unsere Katniss hier ist willig die Hungerspiele zu gewinnen. Nicht wahr?“, fragte er nun an Alexa gerichtet und ging in die Hocke.
Sezuna, die nur eine leichte Ahnung davon hatte, von was der Mann sprach, zog das Messer aus ihrem Bein und schmiss es Alexa vor die Füße, ehe sie sich erhob und sich hinstellte, als wäre nichts. Dabei rann noch immer ihr Blut über das Bein.
Ihre Augen suchten die Umgebung ab, doch sie konnte ihn nicht entdecken.
Sezuna machte einen Ausfallschritt und trat so schnell nach etwas, dass Alexa der Atem weg blieb.
Doch statt etwas zu treffen, wurde sie umgestoßen, krachte zu Boden und kurz darauf steckte ein Knochendolch in ihrer Schulter und nagelte sie an der Wurzel fest.
Sezuna zischte und der Mann lachte. „Na, na Kleines. Sei nicht so übermütig. Du bist nicht schnell genug, um mich zu fangen. Nicht mehr. Hättest du die Drinks nicht getrunken, die ich dir verabreicht habe, hättest du mich wohl schon längst erwischt“, hier kicherte er und Sezuna sah einen schwarzen Schatten, der sich bewegte, während sie sich den Dolch aus der Schulter zog.
„Also, nochmal für die rebellischen unter euch... ihr werdet mich gefälligst unterhalten“, hier schwankte sein Blick zu Alexa, die noch immer auf dem Boden kniete und nicht ganz wusste, was hier überhaupt vor sich ging. „Sonst wird der Tod langsam und qualvoll für euch beide. Aber wenn einer von euch vorher überlebt... wird nur gequält“, bei seinem letzten Satz kicherte er nochmals, ehe er sich wieder in niedriger Höhe zeigte und Alexa bei den Haaren packte, um sie zum Aufstehen zu drängen.
Diese nutzte die Gelegenheit, um nach dem Arm ihres Angreifers zu greifen und ihn zu sich runter zu ziehen.
Der Mann flog von seinem Gefährt und landete auf dem Boden, doch es dauerte keine zwei Sekunden in denen ein regelrechter Knochenhagel auf ihn und Alexa niederprasselte.
Sezuna hörte sein wütendes Aufschreien und hörte ihre Alarmglocken läuten.
Die Knochen schlugen in den Boden und bildeten einen Kreis um sie herum.
Der Mann lachte irre, während immer mehr Knochen zu Boden flogen und sie sich schließlich in einem Gefängnis aus Knochen wiederfanden.