Als würde sich in Alexa ein Schalter umlegen, stürzte sie wütend auf ihn los, wobei sie ihre Erfahrungen vom Training einsetzte. Der Mann wich ihr spielerisch aus und ließ einige Knochen auf sie nieder prasseln.
Den ersten beiden wich sie gerade noch rechtzeitig aus, als sie ein dritter hart in den Rücken traf und sie zu Boden fiel. Das irre Lachen des Mannes schien so amüsiert, dass er sich eine Lachträne aus dem Augenwinkel wischte.
„Weißt du Alexa, ich mag dich... tu ich wirklich! Vielleicht töte ich dich nicht sofort. Aber ich verspreche nichts!“, gab er mit erhobenen Zeigefinger zurück, als solle sie sein Wort nicht für voll nehmen.
Alexa schielte angestrengt zu ihm hoch. Arschloch... als würde sie irgendwas ernst nehmen was er ihr versprach!
„Was willst du von uns?“, wollte Sezuna ruhig wissen, die in der Nähe stand und ihre blutende Schulter hielt. Das Bein hatte bereits aufgehört zu bluten, doch das machte sich bereits bemerkbar. In ihr begann sich der Hunger zu regen und sie war sich sicher, dass sie schneller schlapp machen würde, als es für sie üblich war.
Ihr Gehirn versuchte einen Ausweg zu finden, doch im Gegensatz zu sonst wirkte es sehr träge, als es die Umgebung untersuchte.
Ihr fielen einige Dinge ein, wie sie die Knochen kaputt bekommen würde, doch das würde ihrer momentanen Situation nicht viel helfen.
Ein zersplitterter, scharfer Knochen flog an dem Mann vorbei und landete direkt vor Alexas Füßen.
„Spielen Sezuna... ich will nur ein bisschen spielen“, flüsterte dieser und hob die Hand um welche kleine Knochensplitter tanzten. „Los Alexa, lass uns das hier ein wenig interessanter machen, ja? Ich bin auch nicht zu grob zu dir, versprochen!“, lachte der Mann irre und schnellte vor, um Alexa mit den Splittern anzugreifen.
Mit aufgerissenen Augen reagierte sie schnell und rollte sich zur Seite, doch sie stöhne auf, als sich zwei der Splitter in ihren Oberarm bohrten.
Der Mann mit den rabenschwarzen, langen Haaren, lachte erneut, zog sich aber ein wenig zurück.
„Du solltest dich besser wehren, sonst macht es keinen so großen Spaß“, lachte der Mann und ein Knurren von Sezuna ertönte, ehe sich diese auf den Fremden stürzte und es schaffte ihn zu Boden zu ringen.
Das ständige Lachen des Mannes, das schon beinahe einem Brüllen glich, hallte durch den ganzen Wald.
„Nennt der Typ dich etwa deswegen immer Kätzchen?“, brüllte er, als er sich auf den Rücken rollte und nun auf Sezuna los ging und sie mit mehreren Knochen hin und her stieß. „Schwach, Kätzchen... wirklich schwach“, keuchte er, als er seine Hand hob, um sich das Blut von der Lippe zu wischen. Gerade als er die andere Hand für einen Befehl heben wollte, sprang Alexa von hinten auf ihn drauf und riss ihn zu Boden.
Der Knochen verfehlte seine Funktion und traf Sezuna mit voller Wucht in den Magen, wo er sie einige 100 Meter über eine Klippe hinaus schleuderte.
Sezuna gab einen Schmerzensschrei von sich, der fast sofort zu einem erschrockenen Kreischen wurde, als der Boden plötzlich unter ihr verschwand.
„Nein“, kreischte nun auch der Mann und schmiss Alexa mit solcher Wucht von sich, dass diese einige Knochengitter mit sich riss und dann bewusstlos an einem Baum stoppte.
Der Schwarzhaarige hingegen sprang auf seinen Stab und sauste zur Klippe, um zu sehen, wo die Rothaarige abgeblieben war.
Das Geräusch von Wasser wurde lauter und er starrte direkt auf einen reißenden Fluss.
Seine Augen weiteten sich, als er auf einmal ein aggressives Brüllen von sich gab, das seine Wut zum Ausdruck brachte.
Er kniff die Hände zu Fäusten und atmete schwer, als er schnell zurückkehrte, um die bewusstlose Alexa zu begutachten.
Keuchend vor Wut sprang er von seinem Stab, um die Umgebung zu mustern.
Einige Blutspuren waren auf dem Boden und an Bäumen.
Nun glitt sein Blick zu seiner eigenen Hand, die er langsam zur Faust ballte.
„Scheiße“, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen und nahm einen gesplitterten Knochen fest in die Hand um ihn kurz darauf wieder fallen zu lassen.
Nach einem unterschwelligen Knurren ließ er einige Knochen unter Alexa fahren, die sie in die Luft hoben, um sie zu tragen.
„Das wird dem Boss aber gar nicht gefallen... aber besser als nichts“, murmelte er wütend und gab sich mit seiner Beute zufrieden. „Das hier ist noch nicht vorbei, Kätzchen“, nuschelte er zu sich selbst, wobei er ihren Spitznamen eher abschätzig ausspuckte.
Dann verschwand er mit seiner Beute in den Wäldern. Er hatte noch ein wenig Zeit, um das Schlachtfeld vielleicht ein wenig zu präparieren. Später.
Erst einmal musste er seine Beute heimbringen.
Kaden keuchte schon vor Anstrengung. Er war seit mindestens 3 Stunden durch die Stadt gelaufen und immer wieder Sezunas Geruch gefolgt. Doch er schien einfach nicht fündig zu werden.
Fast kam es ihm so vor, als hätte jemand absichtlich eine falsche Spur gelegt.
Wo zur Hölle war sie nur hin?!
Er hätte sich selbst Ohrfeigen können, dafür, dass er sie aus den Augen gelassen hatte.
Er hätte besser auf sie Acht geben sollen!
Seine Lunge schrie förmlich nach Luft, doch Kaden ignorierte es. Lief immer weiter, ohne jede Bedenken.
Sie musste hier irgendwo sein... soweit konnte sie unmöglich gekommen sein...
aber wo?!
Ein Geräusch in der Ferne ließ ihn inne halten und lauschen.
Halluzinierte er jetzt auch noch?
Nein, er war sich ziemlich sicher. Das war ihre Stimme.
Schnell machte er kehrt und folgte seinen Instinkten. Er hörte das Geräusch zwar nicht wieder, aber er war sich sicher, dass Sezuna geschrien hatte.
Aber wo?
Er musste in ihrer Nähe sein, das spürte er, doch er wusste nicht, wo er hin sollte, als er vor einem rauschenden Fluss inne hielt.
„Sezuna?“, rief er laut in den reißenden Fluss, zögerte jedoch nicht auf eine Antwort zu warten, sondern sprang direkt ins Wasser, als er etwas Rotes flussabwärts entdeckte.
Er folgte der gleißenden Strömung, als diese plötzlich abnahm und in einen immer flacher werdenden See mündete.
Keuchend tauchte er in der Mündung wieder auf und entdeckte Sezuna als sie hustend und röchelnd versuchte das Ufer anzusteuern.
Schleppend zwang er sich zu Sezuna zu schwimmen und diese aus dem Wasser ans Ufer zu ziehen.
Als er sie packte, um sie hinaus zu ziehen, bemerkte er die zerfetzte Kleidung und die blauen Flecke, die ihre Haut zierten. Außerdem einige dünne Wunden, die wohl von Einstichen herrührten.
Wasserspuckend keuchte Sezuna auf und versuchte etwas zu sagen, doch immer wieder versagte ihr die Stimme.
„Sch“, machte Kaden und legte sich überanstrengt halb ans Ufer mit Sezuna neben ihm, um ihr eine beruhigende Berührung zu geben.
Er musste auch erst wieder keuchend zu Atem kommen nach dem Triathlon, den er hinter sich gelegt hatte.
„Alexa“, keuchte Sezuna und versuchte sich angestrengt aufzusetzen, doch sie schien völlig fertig zu sein. Etwas, was nicht nur an ihrem unangebrachten Bad gelegen haben konnte.
„Wir müssen“, keuchte sie und stemmte sich hoch. „Helfen. Schnell.“
Kadens Herz schlug schneller von den panischen Gefühlen, die von Sezuna auf ihn übergingen.
Was war passiert in den 10 Minuten wo er kurz weg gewesen war?
Er musste schlucken, um seine Stimme einiger Maßen wieder zu bekommen.
„Was... Alexa?“, fragte er unverständlich und wollte seinen Kopf zu der Rothaarigen drehen, doch er war zu schwach. Er hatte seine komplette Energie für die Suche aufgebraucht.
Hier auf der Erde war seine Kondition wirklich überhaupt nicht mehr gut. Wie blöd und unpraktisch.
„Irgendwer hat mich unter Drogen gesetzt“, keuchte Sezuna schließlich. „Ich bin in einem Wald neben Alexa aufgewacht“, hier schnappte sie nach Luft. „Er ist mit ihr alleine“, erklärte sie und wagte einen neuen Versuch sich auf die Beine zu hieven. Sie schaffte es sogar, wenn auch mehr schlecht, als recht.
Resigniert rappelte sich Kaden wieder auf, was ihm leichter fiel, als der Rothaarigen, da er schließlich keinerlei Verletzungen hatte.
„Was?!“, keuchte er fassungslos. Diese Frau konnte man wirklich für keine Sekunde aus den Augen lassen! „Weißt du noch wo es war?“, fragte Kaden und schüttelte direkt wieder den Kopf. Sezuna war viel zu schwach, um sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, doch er konnte sie auch nicht allein zurück lassen... nicht schon wieder. „Okay, folgendes. Ich bring dich jetzt nach Hause. Du bleibst in der Wohnung und machst die Tür unter keinen Umständen auf! Verstanden? Ich werde Alexa suchen gehen“, gab Kaden hektisch zurück und deutete Sezuna an, dass er sie huckepack nehmen wollte. In ihrem Zustand würde es viel zu lange dauern bis sie am Campus ankommen würden.
Sezuna wusste, dass sie ihm keine Hilfe sein würde und sie wusste auch, dass Kaden sie nicht hier zurück lassen würde.
Also kletterte sie auf seinen Rücken und während Kaden in Vampirgeschwindigkeit zurück zum Campus lief, erklärte Sezuna ihm alles, was sie wusste. Wo sie glaubte gewesen zu sein, wie der fremde Mann roch und wie er aussah. Und natürlich erzählte sie auch von seinen Fähigkeiten.
Auch wenn Kaden bei den Beschreibungen der Fähigkeiten verwirrt dreinblickte er vermutlich dachte sie sei immer noch auf Drogen, nickte dieser bloß, da es keine Zeit für unnötige Fragen war.
Er verbarrikadierte die Vampirin in seinem Zimmer, ehe er wieder verschwand, um in den Wald zurückzukehren.
Dank Sezunas Beschreibungen fand er die Stelle sehr schnell, doch außer ein paar Kampfspuren, Sezunas deutlichen Geruch und dem Geruch von Blut, war nichts mehr hier.
Keine Alexa und auch keine fremde Gestalt. Und das, obwohl Alexas Geruch sehr deutlich in der Luft lag.
Sein Atem raste immer noch, von dem Adrenalinrausch dem ihm der Sprint gegeben hatte.
Doch auch wenn ihm Sezuna erklärt hatte, wie sie hier gelandet war... erklärte das noch lange nicht was Alexa hier zu suchen hatte.
Sie war nicht in der Bar gewesen, dessen war er sich sicher.
War sie vielleicht wieder joggen gegangen?
Aber um die Uhrzeit eigentlich keine gut Idee und sie schien ihm auch nicht so waghalsig zu sein... oder vielleicht doch?
Frustriert über die hilflose Lage in der er sich befand, versuchte er Alexas Spur zu folgen, die jedoch genau wie Sezunas zuvor, in verschiedene Richtungen führte.
Fluchend suchte er einige Zeit, doch er musste einsehen, dass es keinen Sinn machte.
Wer auch immer Sezuna und Alexa entführt hatte, schien zu wissen, mit was er es zu tun hatte. Es würde also nicht sonderlich einfach werden, ihn zu finden.