Teaser: Die Stadt der verlorenen Leben – Teil 3
Thalia
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KT: Aufgrund von Flashbacks, die Mike immer öfter erlebt, kehrt die Crew der Nautilus an einen Ort zurück, an den alle schlechte Erinnerungen haben. Trautman und Singh, der mittlerweile eine Beziehung zu Mike eingegangen ist, versuchen einen Verdacht zu bestätigen oder besser: ihn zu widerlegen. Ein Haus nahe am Waldrand eines Dorfes in Neu-Lemura gerät in ihren Fokus.
„Hallo?“ Trautmans Stimme verhallte ungehört über die kleine Lichtung, zu der man sie gewiesen hatte. Die Frau, die sich Kiveli nannte, sollte hier vollkommen abgeschieden leben, zusammen mit einem kleinen Kind. So hatte man es ihnen erzählt. Eine Augenbraue hebend blickte Trautman zu Singh, der sofort nickte und sich auf einen Rundgang um die kleine Hütte begab.
„Keine Fenster oder eine Hintertür“, berichtete er knapp, worauf hin Trautman erneut einen Gruß rief und diesmal die Fingerknöchel sanft gegen das Holz schnellen ließ.
Wie zuvor auch, erfolgte keine Antwort, aber die Tür schwang ein Stück zurück. Ihm war nicht wohl dabei, aber Kiveli war der einzige Hinweis, den Mike ihnen hatte geben können. Sie war die letzte Hoffnung, Mikes Erinnerungen an die verlorenen Leben in Lemura zu ordnen und seinen Verdacht zu bestätigen. Oder ihn zu widerlegen, dachte Trautman. Es wäre wohl besser gewesen, zu erfahren, dass er nicht gegen seinen Willen Vater geworden war. Jedenfalls würde Trautman sich besser fühlen, ihm solch eine Neuigkeit zu überbringen.
„Ich gehe vor“, beschied Singh und schob den alten Mann zur Seite. Die rechte Hand an seine Hüfte gelegt, bereit den Dolch bei Gefahr zu ziehen, schob er langsam die Tür auf.
Ein dumpfes Geräusch ließ ihn herumfahren und er konnte gerade noch erkennen, wie etwas kleines dunkles davon huschte. Irgendwo im hinteren Bereich rumpelte es, aber Singhs Augen brauchten noch einen Moment, um sich auf die dämmrigen Lichtverhältnisse in der Hütte einzustellen.
Es war ein kleiner Raum mit einer Feuerstelle, einem kleinen Tisch und einem einzigen Bett. Mehr gab es nicht. Der Fußboden bestand außerdem aus fest getretenem Erdreich.
Ein qualvolles Husten erscholl, gefolgt von Trautmans angespannten „Singh!“. Als er abermals herumfuhr, erkannte er den Grund: Das Bett war nicht leer. Darin befand sich eine leichenblasse Person, die nun ihre fiebrigen Augen geöffnet hatte und sie erschrocken anblickte. „Haben Sie keine Angst!“, beschwichtigte Trautman, hob die Hände und ging langsam vor der Frau in die Hocke. „Wir sind Freunde. Ich bin Trautman“, erklärte er mit einem Fingerzeig auf sich und deutete dann auf Singh, der eine umgestoßene Wasserschale vor dem Bett betrachtete, „und das ist Singh. Wir sind von der ...“
„Nautilus“, krächzte die Frau, bevor Trautman den Satz beenden konnte. Ihre Stimme war rau und hörte sich so trocken an, wie es ihr Mund wohl sein musste. Entschlossen sah Singh sich erneut in der Hütte um, nahm die Schale und lief zu dem Kessel mit Wasser, der sich im hinteren dunklen Bereich der Baracke befand. Wieder hörte er es aufgeregt rascheln und als er sich vor dem Kessel niederkniete, nutzte er die Gelegenheit und lugte dahinter.
Zwei große braune Augen unter schwarzem, wirren Haar und dicken, dunklen Brauen sahen ihm entgegen. Das Kind verharrte, wo es war, während Singh langsam die Kelle nahm und Wasser in die Schale füllte. Der Anblick des Kindes hatte ihn mehr als überrascht und keine Fragen übrig gelassen, zu wem es gehörte, dennoch lächelte er freundlich und ging bemüht langsam zum Bett zurück.
Während er der Frau, die noch recht jung zu sein schien, in eine sitzende Position half, setzte Trautman ihr die Schale an die Lippen, damit sie trinken konnte. Sie tat es schnell und hastig, sodass Trautman sie bald aufhalten musste. „Langsam“, mahnte er besorgt. „Ihr werdet Euch noch verschlucken. Ihr seid Kiveli, oder?“, fragte er, kaum dass das prophezeite Husten der jungen Frau abgeklungen war. „Sie scheint das gleiche Fieber zu haben, wie die Dorfbewohner.“ Besorgt ging sein Blick zu Singh, der angespannt nickte und dann nach hinten deutete, nachdem er Kiveli sanft gebettet hatte. Trautman war seinem Blick gefolgt und zog scharf die Luft ein.
Das Kind hatte sich mittlerweile hingestellt, sodass es knapp über den Kessel sehen konnte und starrte zu ihnen herüber. Es war ein Mädchen, erkannte Singh nun. Ihre Hautfarbe war deutlich dunkler, als die eines jeden gesunden Lemurianers, und wirre schwarze Locken standen von ihrem Kopf ab.
„Grundgütiger“, entfuhr es Trautman, woraufhin sich die Kleine wieder hinter den Kessel duckte. „Mike hatte Recht“, fuhr er deutlich leiser fort, um das Mädchen nicht noch mehr zu erschrecken.
„Mihkel!“ Die Hand der Frau schloss sich plötzlich und voller Kraft um Trautmans Arm. „Mihkel!“, rief sie wieder mit rauer Stimme aus, die Augen fiebrig und dann schüttelte sie langsam den Kopf. „Mike“, berichtigte sie sich, wobei eine heftige Trauer in ihrem Blick aufflammte. „Hier?“
„Ja“, beschied Trautman heftig nickend. „Er ist hier. Er ist auf dem Schiff, aber er ist hier.“ Sofort füllten sich die blauen Augen mit Tränen, während ihr Kopf müde in das Kopfkissen zurück sackte. Dennoch schien sie sich nicht der Ruhe hingeben wollen, sondern streckte zitternd eine Hand aus. „Thalia“, murmelte sie, auf das Mädchen deutend.
„Thalia“, wiederholte Trautman den Namen, zeigte auf die Kleine und nickte, um die Frau zu beruhigen. „Ich schicke Singh los. Er wird einen Wagen besorgen und wir bringen euch zu unserem Schiff. Dort wirst du gesund werden können. Wir haben Medizin und sind gut ausgerüstet.“ Er wollte ihr Mut machen, obwohl er selbst erschrak, als er seine Hand auf ihre Stirn legte. Sie glühte und es schien ihr jedes bisschen Kraft abzuverlangen, bei Bewusstsein zu bleiben. Auch in Singh sah er die gleiche Besorgnis, aber keiner von ihnen wollte es aussprechen: Vermutlich würde sie den Transport zur Nautilus überhaupt nicht überleben. „Nein“, war es ausgerechnet Kiveli, die ihm wissend eine Hand auf den Arm legte. „Nur … Thalia. Zu ihrem … Vater.“
Langsam glitt sein Blick wieder zum Kessel, hinter dem das Mädchen noch immer den Geschehnissen mit Unverständnis im Blick folgte. Tröstend hatte er Kivelis Hand umschlossen und tätschelte sie, während er Singh verfolgte, der behutsam versuchte mit dem Kind Kontakt aufzunehmen. Sie waren vollkommen Fremde für es, die einfach in ihr Haus gekommen waren und nichts anders tun konnten, als ihrer Mutter beim Sterben die Hand zu halten. Wie sollten sie ihr begreiflich machen, dass keine Gefahr von ihnen ausging und sie sie in ein Zuhause mitnehmen würden, das sie gar nicht kannte?
Unter Thalias skeptischem Blick setzte Singh sich in die Mitte des Raumes. Vollkommen entspannt und die Hände zunächst erhoben, bis das Mädchen den Kopf etwas weiter aus ihrem Versteck reckte. Er nutzte die Zeit, um sie näher zu betrachten, obwohl er sich sicher war, der kleinen Prinzessin, Mikes Kind, gegenüber zu sitzen. Lemura, und auch die nach der Zerstörung der Gefängnisstadt entstandene Stadt Neu-Lemura, bestand aus ehemaligen Bewohnern des sagenumwobenen Kontinentes Atlantis. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Nautilus unter ihrer Führung in Lemura eingetroffen war, hatte niemals jemand eines anderen kulturellen Hintergrundes dieses Land betreten. Die Atlanter, die alle ausnahmslos helles Haar und helle Haut hatten, waren bis zu diesem Zeitpunkt stets unter sich geblieben. Die Lemurianer waren Nachkommen von Strafgefangenen, die man vor tausenden von Jahren aus Atlantis hierher verbannt hatte und Thalia unterschied sich grundlegend von ihnen.
Ihr indisches Erbe, welches sie durch ihren Vater erhalten hatte, stach deutlich heraus und was noch bemerkenswerter war, war, dass sie Mikes Augen hatte. Es war das gleiche satte Braun, an das sich Singh nie sattsehen konnte. Was ihn an Thalia jedoch beunruhigte waren ihr dünnen Arme und Beine, die selbst für ein Mädchen von etwas mehr als zwei Jahren zu wenig waren. Dennoch erschien sie im Gegensatz zu ihrer Mutter gesund zu sein.
Ebenso wie Singh es tat, glitt auch der Blick des Mädchens über ihn. Für sie musste der Inder einen mehr als ungewöhnlichen Eindruck auf sie ausüben, denn seine Haut war noch viel dunkler als die ihre und seine Augen gar schwarz. Auch die Kleidung der beiden Männer unterschied sich stark von dem, was das Mädchen kannte, aber es schien ihre Neugier zu fesseln, denn sie wagte sich immer weiter vor. Jedoch verharrte sie, die Augenbrauen angstvoll zusammengezogen, während ihr Blick sich auf die Hüfte des vor ihr sitzenden Mannes richtete. Nun war es Singh, der aufmerksam mit ihr mitging und sofort verstand, was ihr Sorge bereitete.
Den Dolch hatte sie trotz ihres jungen Alters sofort als das erkannt, was er war. Wieder hob Singh die Hände, als Zeichen, dass er nicht vor hatte ihr wehzutun, ließ die rechte dann oben und legte die andere so langsam es ging um die Waffe. Gar in Zeitlupe zog er sie aus seinem Gürtel und ließ sie dann ebenso behutsam über den Boden gleiten. In eine Ecke, in der sich keiner von ihnen befand und ihn die niemand schnell genug hinkommen würde, um sie in hinterhältiger Art doch noch zu ergreifen.
„Keine Waffen. Siehst du?“, sagte er laut genug, dass sie es hören würde, aber gleichzeitig so, dass seine Stimme einen behutsamen Ton annahm. Gleichzeitig drehte er seine Hände so, dass sie sowohl seine Handflächen als auch abwechselnd seine Handrücken sehen konnte.
Sie quittierte es mit einem Lächeln, das er ebenso erwiderte und dann zeigte sie auf ihr rechtes Handgelenk. Das Braun ihrer Augen hatte auf eine kindlich naive Art zu leuchten begonnen, nachdem sie dem funkelnden Reifen um den Arm des Mannes aufmerksam gefolgt war. „Den?“, fragte Singh, auf den silbernen Armreif um sein Handgelenk deutend. „Das ist ein Kara“, erklärte er ihr und zog ihn langsam aus. „Jeder aus meinem Volk trägt einen. Er mahnt uns, niemals etwas zu tun, das Unrecht wäre.“ Er machte eine Pause, in der er beobachtete, wie Thalia den Kopf schräg legte und seinen Worten lauschte. „Auch dir gegenüber nicht“, fügte er hinzu und lächelte dann. „Schau.“ Ohne groß darüber einen Gedanken zu verschwenden, dass er ein heiliges Geschenk seines eigenen Vaters in den Händen trug, stellte er den silbernen Armreif auf den Boden und gab ihm so viel Schwung, dass er wild begann sich um die eigene Achse zu drehen. Es war es Wert und sein Vater hätte es als gute Tat begrüßt, vor allem als das Mädchen ein begeistertes Lachen ausstieß.
Voll Faszination verfolgte Thalia den Kreisen, die der Ring zog und als er kurz vor ihren Füßen zum Liegen kam, machte sie einen vorsichtigen Schritt aus ihrem Versteck.
Als könnte der Ring verschwinden, wenn sie ihre Hand danach ausstreckte, tat sie es bedächtig und wirkte umso glücklicher, als sie das polierte Stück Eisen tatsächlich in den Händen hielt. Kurz betrachtete sie es, ein breites Lächeln auf ihrem Gesicht, während sie schon bald versuchte, was der Mann eben getan hatte. Leider rollte er nur ungeschickt von ihr weg und fiel bald schon gar langweilig zur Seite.
Das Schmuckstück nun genau mittig zwischen ihnen, hob Singh den Zeigefinger und sicherte sich die Aufmerksamkeit des Kindes. „Pass auf“, meinte er, lehnte sich vorsichtig nach vorn und holte den Reif zurück. „Ich zeig es dir noch einmal.“ Wieder sauste der Ringe wie ein silberner Wirbelsturm davon, nur um diesmal zielsicher in Thalias Händen zu landen. Die hatte mittlerweile ihr Misstrauen beinahe gänzlich verloren und ließ den Armreif zurückschnellen. Er drehte sich dabei einmal und blieb vor Singh liegen. „Prima!“, lobte der, dem Mädchen mit ernst gemeintem Stolz zunickend. Als er den Ring ein drittes Mal zu ihr rollen lassen wollte, stand sie plötzlich vor ihm.
Sie reichte ihm im Sitzen nicht ganz bis zur Schulter, aber sie schien nun die Angst vor diesem großen fremden Mann völlig abgelegt zu haben. An die Stelle war nun ihre Neugier getreten, die sie mit großer Erkundungsfreude auslebte. „Haare?“ Erstaunt hatte sie sich auf ihre Zehenspitzen gestellt, die linke Hand forsch und Halt suchend gegen Singhs Brust gedrückt, während sie die andere ausstreckte und nach dem weißen Turban griff. Dabei hatten sich ihre Augenbrauen voller Skepsis zusammengezogen, als sie den Stoff berührte.
„Darunter“, erklärte Singh und deutete ebenfalls auf die kunstvoll gewickelten Stoffbahnen um seinen Kopf. „Das ist ein Turban. Einige tragen den, da wo ich herkomme.“
„Zeigen“, war der Wunsch des Kindes, dem Singh mit einem Schulterzucken und einem schiefen Lächeln nachkam. Mit schnellen Bewegungen löste er den Stoff und ließ die Bahnen achtlos neben sich liegen, bis sein Haar, das oberhalb seiner Stirn zu einem Knoten gebunden war, zum Vorschein kam. Thalia, die sich bis zu diesem Zeitpunkt angefangen hatte in den abgewickelten Stoff einzuwickeln, blieb überrascht stehen und beobachtete Singh, wie er das Lederband um den Knoten entfernte und das Haar lang um seine Schultern fiel. Die Spitzen davon gesellten sich am Boden zu den Stoffbahnen und genau die ließ Thalia jetzt fallen, denn das lange dunkle Haar war viel spannender. Entzückt nahm sie eine Strähne zwischen ihre kleinen Finger und bemühte sich, eine ihrer Locken daneben zu legen. Die Farbe war gleich, auch wenn das lange Haar des Mannes sich nicht so kringelte wie ihres. Dennoch tauchte eine Frage in ihr auf, die sie nur zu gerne stellen wollte.
„Papa?“ Fragend glitt ihr Blick von der Haarsträhne des Mannes zu seinem Gesicht und zurück. Es wurde mit einem Mal etwas rot und sein freundliches Lächeln veränderte sich.
„Nein“, meinte er mit einem entschiedenen Kopfschütteln, immer noch lächelnd, aber Thalia stimmte es traurig. Aber es schien zu stimmen, denn obwohl ihre Haare sich so ähnelten, war das Gesicht des Mannes so viel dunkler als ihres. „Ich bin nicht dein Papa, aber ich bin ein guter Freund von ihm.“ Damit hellten sich ihre Züge wieder auf und auch Singhs nahm wieder einen entspannteren Ausdruck an. Die Enttäuschung des kleinen Mädchens hatte er gar körperlich fühlen können. Es war offensichtlich, dass sie trotz ihres jungen Alters begriff, dass sie anders war, als all die Menschen um sie herum und dass sie Antworten darauf suchte. Ihr Wesen ließ sein Herz einen erfreuten Sprung machen, aber dennoch war er ihr eine ehrliche Antwort schuldig. Ihr Vater wartete einige Kilometer entfernt auf der Nautilus auf ihre Rückkehr und er war alles andere als darauf vorbereitet, dieses kleine Mädchen als seines anzuerkennen. Etwas, was er er nie so sagen konnte, daher war guter Rat nun teuer.
Mit ernstem Blick drehte er sich zu Trautman und der jungen Frau, Thalias Mutter, die erschöpft zu ihnen sah, dennoch ein Lächeln auf den Lippen. Sie nickte ihm zu, was er ebenso ernst erwiderte und dann langsam aufstand. „Thalia“, rief Kiveli ihre Tochter zu sich. Das Mädchen gehorchte sofort und Singh beschloss den beiden so viel Zeit zu lassen, wie es ihre Situation zuließ. Auch Trautman war zu ihm getreten, ebenso mit zerknirschtem Gesichtsausdruck und beobachtend, wie Singh sein Haar zu einem einfach Pferdeschwanz band. Den Stoff des Turbans schlang er sich schlicht um die Hüfte und beließ ihn dort.
„Und jetzt?“, fragte Singh, sich gegen den Türrahmen lehnend und mit starren Blick auf die Lichtung starrend. „Was machen wir mit ihr?“ Er würde das Mädchen, dem er sich ebenso verpflichtet fühlte, wie er es gegenüber von Mike empfand, nicht einfach sich selbst überlassen können.
„Ihr Mutter möchte, dass wir sie zu Mike bringen“, beantwortete Trautman die Frage, aber sein Gesicht war genauso besorgt.
„Sie wissen, dass er sich nicht kümmern kann.“ Trautman nickte und obwohl dieser es wusste, fuhr Singh fort: „Argos hat ihn missbraucht und glauben lassen, er sei jemand ganz anderes. Von diesem Kind weiß er bisher nur durch seine Albträume. Es ist furchtbar, das überhaupt auszusprechen, denn sie ist … sie ist vollkommen unschuldig daran.“
„Da hast du Recht“, gab Trautman zu. „Und deswegen werden wir dem Wunsch ihrer Mutter entsprechen. Wir können Thalia nicht hier lassen. Es würde kein gutes Ende nehmen.“
„Ich kümmere mich um sie.“ Entschied Singh, aber es blieb nach wie vor bei einem Problem: „Aber ihre Mutter?“ Wie viele im Dorf von Neu-Lemura, war auch sie an diesem mysteriösen Fieber erkrankt und sie konnte nicht für sich selbst sorgen. Wenn sie nun einfach gingen, konnte er ihr genauso gut seinen Dolch ins Herz stoßen.
„Ich werde bleiben und sie pflegen“, beschied Trautman. „Sorge du nur dafür, dass Thalia zur Nautilus kommt und wenn du ihm Dorf bist, gib Juan Bescheid, damit er einen Wagen besorgt. Wir folgen euch dann. Wenn sie den Transport übersteht, können wir Kiveli auf der Nautilus um einiges besser helfen.“
Trautman hatte die Worte kaum ausgesprochen, als das kleine Mädchen zwischen ihnen auftauchte und fragend von einem zum anderen Blickte. Dann schob sie ihre Hand in die von Singh, drehte sich noch einmal fragend zu ihrer Mutter um und sah mit einer Mischung aus Angst und Entschlossenheit zu dem Erwachsenen hoch.
Noch nie in seinem Leben war Singh derartig in dem Glauben gewesen, das richtige zu tun und hatte sich gleichzeitig unglaublich schlecht gefühlt. Trotzdem lächelte er, als er Thalia auf seine Arme hob und sich zusammen mit ihr zu Kiveli umdrehte. „Ich werde auf sie achten, als wäre es mein eigenes“, versprach er und drehte sich dann mit einem Ruck um. Seine Schritte griffen hastig aus und er versuchte so schnell es ging den Abstand zwischen ihnen und der Hütte zu vergrößern. Er wusste, dass alles andere es nur schlimmer machen würde.