Zaghaft klopfte der Zimmerservice an die Hoteltür. Ein runder Tisch wurde vorsichtig ins Zimmer gerollt. Moni wachte dennoch an den Geräuschen auf. Sie blinzelte im Halbschlaf. Die Hotelangestellten schwebten wieder lautlos aus dem Raum. Moni gähnte herzhaft. Sie hörte Uwes leise Atemzüge neben sich und gab ihrem schlafenden Schatz einen zärtlichen Kuss auf die Stirn. Dann stand sie auf, nackt wie sie war, um das Frühstück zu begutachten. In der Mitte des Tisches thronte eine Vase mit einem bunten, üppigen Blumenstrauß. Ein Kerzenständer, in der eine überdimensionale Stabkerze steckte, konnte man bei Bedarf mit dem daneben liegendem Feuerzeug anzünden. Auf feinstem Porzellan war ein Schlemmerbuffet für zwei Personen angerichtet. Tiroler Bergwurst, hauchdünne Streifen aus Serrano-Schinken und Mortadella lagen kreativ eingerollt neben Butter und einem großen Stück Bergkäse. Eine goldene Schüssel stand auf einer Art Stövchen. Darin wurde das Rührei warm gehalten. Winzige Häppchen von Gurken, Tomaten und Paprika, sowie Marmelade und Honig rundeten das reichhaltige Angebot ab. Hochwertige Karaffen, gefüllt mit verschiedenen Säften und frisch zubereiteten Smoothies standen in einem Sektkühler, der randvoll mit Eiswürfel beladen war, bereit. Neben jeder Tasse entdeckte Moni das Wichtigste: Eine Kanne Kaffee.
Sie war gerade dabei, sich davon einzuschenken, als sie Uwes Stimme hörte. „Mein Engel, sag bloß, du lässt mich hier alleine im Bett?“ Erschrocken stellte Moni die Kaffeekanne wieder auf den Tisch. „Upsi, entschuldige. Ich dachte du schläfst noch.“ Sie zog ihren Kopf ins Genick und lachte verlegen. Schnell lief sie zurück zum Bett und kuschelte sich unter Uwes Decke. Liebevoll küssten und streichelten sie sich. „Mhm,“ freute sich Uwe. „Lass uns mit dem Frühstück noch ein klein wenig warten.“ Sachte fuhr er mit seinen Finger über ihre Brustwarzen und liebkoste sie zärtlich. Moni stöhnte leise auf, raunte ihm ins Ohr. „Ja, auf jeden Fall.“
***
Uwe telefonierte mit seinem Vater. Moni hielt nicht mehr aus. Draußen schien die Sonne aus einem nahezu wolkenfreien Sommerhimmel. Sie zog ihren nagelneuen Bikini an, warf den Bademantel über und schnappte die bereitgestellte Wellnesstasche. „Tschüss Schatz, du findest mich am Pool!“
Die Tatsache, dass man die stark befahrene Straße in Badesachen überqueren musste, um an den Pool zu gelangen, war zwar weniger schön, doch Moni ließ sich ihre gute Laune nicht verderben. Sie hüpfte in ihren Flip-Flops über den Zebrastreifen. Dann suchte sie nach einer freien Liege. Ein freundlicher Mitarbeiter nickte ihr zu und wies ihr den Weg. Gleichzeitig fragte er, welchen Drink er ihr servieren durfte. „Ich nehme ne eiskalte Cola light.“ Gerne hätte sie sich ein Glas Sekt gegönnt. Da sie aber später noch auf den Berg wollten, war Alkohol eher unpraktisch. Vor allem wusste sie nicht, ob es für Uwe okay wäre.
Das Wasser hatte eine angenehme Temperatur, Moni schwamm ein paar Runden. Immer den türkisfarbenen See und das dahinterliegende Gebirge im Blick. Sie fühlte sich frei und glücklich.
Vor allem wenn sie an den gestrigen Abend dachte. Dieser Theo ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Warum musste sie ihn gerade jetzt kennenlernen? Warum nicht schon früher? Ihr Herz gehörte doch Uwe. Oder?
Sie lief zurück zu ihrem Platz, wo der zuvorkommende Mitarbeiter den Bademantel für sie bereithielt. Moni kuschelte sich lächelnd in das flauschige Frottee und hielt Ausschau nach ihrem Schatz. Er war nirgends zu entdecken. Bestimmt hatte er sich inzwischen in den Klinikrechner eingeloggt und arbeitete. Daher kramte sie das Handy aus der Tasche, wählte die Nummer von Uta und spazierte gemütlich den Holzsteg entlang, um ihr die Neuigkeiten zu erzählen. Nur mit ihr konnte sie über alles reden. Sie waren nicht nur Schwestern, sondern richtige Freundinnen geworden.
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Gegen Mittag begaben sich Moni und Uwe in Wanderausrüstung auf den Weg zur Schiffsanlegestelle. Allerdings stiegen sie nicht in das große Touristenschiff sondern in eine privat gecharterte Yacht ein. Moni bestrafte Uwe mit einem undefinierbaren Blick und kniff die Augen zusammen. Doch bevor sie etwas sagen konnte, kam Uwe ihr zuvor. „Mein Engel, bitte! Lass dich heute von mir verwöhnen. Ich brauche das.“ Sein Blick war wirklich süß. Moni rollte mit den Augen. „Schon gut!“
Während sie gemächlich über das Wasser schipperten, zeige ihr Uwe die Landschaft, und erklärte die verschiedenen Ortschaften und was es wo zu sehen und zu unternehmen gab. Immer wieder griff er in seine Jackentasche, um zu überprüfen, ob die winzige Schachtel noch da war. Uwe deutete auf einen kleinen Pfad auf halber Höhe eines Berges. „Schau mal dort. Das ist der Gaisalmsteig, den möchte ich gerne mit dir erwandern. Man hat herrliche Aussichten von oben.“ Moni nickte strahlend. „Das hört sich klasse an, ich freue mich.“
Es dauerte nicht lange, schon waren sie am Ufer von Maurach angekommen. Sie liefen durch das Städtchen, um an die Talstation der Seilbahn zu gelangen, welche sie hoch in die Rofaner Bergwelt bringen würde. An dem Gebäude gab es einen großen Touristen-Ansturm und eine lange Warteschlange. Uwes Gesichtsausdruck wurde immer enttäuschter und grimmiger. „Schatz, wo es schön ist, sind eben viele Leute. Das ist halt so!“, versuchte Moni ihn zu beschwichtigen. „Jaja, weiß ich doch, knurrte Uwe. Er hasste Menschenansammlungen und würde gerne die ganze Welt für sich alleine haben.
Bei der Fahrt mit der Gondel boten sich bereits erste spektakuläre Ausblicke auf den See und das Karwendelgebirge, welches sich auf der gegenüberliegender Seite in aller Pracht zeigte. Moni strahlte und konnte sich nicht sattsehen, während Uwe den Kopf gesenkt hielt. Das Geschubse und Gedränge in der engen Kabine nervte ihn unheimlich.
Oben angekommen strömte die Menschenmasse in alle Richtungen, so dass Moni und Uwe erst einmal abwarteten. Viele Wanderwege führten auf die Gipfel, die man von hier aus in verschiedenen Schwierigkeitsstufen erwandern konnte. Moni erblickte die Kühe auf den saftigen Weiden, einige Almhütten in weiter Ferne und nahm ihren Schatz an die Hand. „Guck mal, wie schön. Ist es nicht wunderbar hier? Einfach herrlich!“ Sie strahlte und zog ihn dabei mit sich. „Komm Schatz, lass uns in diese Richtung wandern. Hier scheint nicht so viel los zu sein.“ Uwe freute sich über Monis ehrliche Begeisterung. Er liebte ihre lebhafte Unbekümmertheit. Sie hatte eine Art an sich, die ihn an seine Kindheit erinnerte. An eine Zeit, in der seine Welt noch in Ordnung war.
Sie marschierten zwei Stunden, blieben dabei immer wieder mal stehen, um sich zu küssen und diese einzigartige Landschaft zu genießen. An der Hütte angekommen, beschlossen sie eine Pause einzulegen.
Während sich Uwe auf die Suche nach den Toiletten machte, wählte Moni einen Platz, von dem man einen Ausblick bis hinein ins Zillertal genießen konnte. Sie bestellte neben Kaffee und Saftschorle, zwei Stück Kuchen und eine Extra Portion Sahne. Sie hatte schließlich Kohldampf.
Uwe setzte sich lächelnd gegenüber. „Du hast dir einen wunderbaren Platz ausgesucht!“ Eigentlich hatte er es ganz anders geplant, viel romantischer, doch er konnte beim besten Willen nicht mehr warten. Aus seiner Tasche kramte er eine kleine Schachtel, die mit Glitzerpapier umwickelt war. Eine goldene Schleife klebte oben drauf. Moni grinste breit, denn sie war darauf gefasst, was er sie nun fragen würde. Uwe legte das Geschenk auf den Tisch und nahm ihre Hände in die Seinen.
„Mein Engel, ich liebe dich so sehr! Möchtest du meine Frau werden?“ Uwes Wangen glühten vor Aufregung. Gespannt beobachtete er Monis Reaktion. Diese warf den Kopf in den Nacken, schaute in den Himmel und konnte nicht aufhören zu grinsen. „Also ähm, mhm, na ja. Mhm, vielleicht, na gut.“ Uwe hob seine Augenbrauen. Vorsichtig öffnete sie die Verpackung. Beim Anblick des reich besetzten Diamant-Brillant-Ringes bekam sie sofort eine Gänsehaut. Langsam stand sie auf, küsste Uwe hinters Ohr und flüsterte: „Ok, dann heirate ich eben einen Millionär.“ Uwe stand ebenfalls auf, stellte sich hinter Moni und nahm sie lachend in den Arm. Gemeinsam blickten sie hinunter ins Tal. Moni streckte ihr Gesicht der wärmenden Sonne entgegen und atmete tief ein. Sie genoss diesen Augenblick. Sie fühlte sich wie die Hauptfigur in einem Film. In einem Märchen. Doch Uwes brummendes Handy holte sie zurück in die Realität
Moni verdrehte die Augen. „Guck ruhig nach, ich bin es ja schon gewohnt, dass dieses Ding immer bei den wichtigsten Momenten dudelt.“ Uwe warf einen schnellen Blick auf das Display. Die Nachricht, die er las, ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren.