Gegen Abend spazierte das werdende Brautpaar zusammen mit Rondo und Bruno ins Dorf. Schon von weitem erkannten sie das große Festzelt. Die Schausteller standen mit ihren Trucks daneben und arbeiteten fleißig. Das Kinderkarussell war bereits aufgebaut, aus einem kleinen Ofenrohr stieg Rauch. „Schau nur Schatz, sie machen die ersten gebrannte Mandeln,“ Monis Augen strahlten. Uwe nahm ihre Hand, drückte sie leicht. „Das wird eine großartige Feier, mein Engel.“ Moni lief lachend voraus, „Komm schon, wir holen uns jetzt gleich welche.“ Bruno sprang kläffend hinterher.
Auf dem Rückweg spürte Moni wieder diese Spannungskopfschmerzen, die sie schon seit einigen Tagen nervten. Sie rieb sich den Nacken. „Oh je, ich bin fix und fertig.“ Dann gähnte sie herzhaft und wünschte sich einfach nur ein Bett oder eine Couch.
Kurz vor dem Pferdestall erkannte Uwe seinen Vater, wie er wartend an der Holztür lehnte. Die Männer liefen sich entgegen und umarmten sich lange und herzlich. Moni begrüßte Georg ebenfalls. „Gut siehst du aus, richtig erholt!“, meine Moni. Uwe dagegen wunderte sich, „Erholung in einer Großstadt, typisch für meinen alten Herrn.“ Erst jetzt nahmen sie seine Begleitung wahr, die aus dem Dunkeln hervortrat. Lächelnd stellte sie sich vor. „Hello, I’m Heather, Georg’s new partner. How are you?“ Uwe sah sie lange Zeit an. Heather war eine sehr gepflegte, gut gekleidete, attraktive Frau mittleren Alters.
Wohlerzogen antwortete er: „Hello, I’m Uwe, Georg’s son and I’d like to extend a warm welcome to you.“ Er nahm Moni an die Hand. „And this is Moni, my wonderful future wife.“ Moni strahlte Heather an. „Hi, how nice to meet you. Are you a real loving couple?“ Georg freute sich. Das war eben typisch Moni. so eine herzliche Begrüßung. Georg nickte. „Ja, sie ist meine neue Lebensgefährtin.“ Uwe schluckte und starrte seinen Vater an. „Aha.“ Plötzlich stand seine Schwester Tina neben ihnen und rettete die Situation. „Hi, wie schön, dass ihr da seid. Kommt mit, ich habe das Essen fertig.“ Tina nahm Heather herzlich in die Arme und zog sie mit sich fort. „Come with me, you definitely have to meet my husband and the children.“ Georg gabe seiner Freundin einen Abschiedskuss auf die Wange. Dann drehe er sich zu Uwe, der gerade dabei war, Rondo in den Stall zurückzuführen. „Uwe, bitte...“, doch der lies seinen Vater nicht ausreden. Er schob ihn zur Seite und knurrte. „Geh mir aus dem Weg. Wie kannst du nur. Rita ist nicht mal ein halbes Jahr unter der Erde...“ „Jetzt mach mal halblang, ja? Ich erbitte mir etwas mehr Respekt. Behandel mich nicht wie einen Schwerverbrecher. Heather ist eine wundervolle Frau. Sie tut mir sehr gut.“ Moni stellte sich zwischen Uwe und Georg. „Bitte nicht streiten. Ich wär froh, ich hätte noch einen Vater oder eine Mutter. Wir wollen doch alle nur glücklich sein.“ Uwe schnaufte laut und sagte nichts mehr.
„Uwe, ich freue mich von ganzem Herzen, dass du morgen deine Traumfrau heiratest. Ich bin sehr stolz, dich als Sohn zu haben.“ Dann spazierte Georg den Frauen hinterher.
Karl kam hinzu und zeigte Moni und Uwe die bereitstehende 2-spännige Kutsche aus dem 19. Jahrhundert. „Es fehlt nur noch der Blumenschmuck, der morgen in der Früh geliefert wird,“ erklärte der Stallbursche zufrieden. Uwe fuhr sanft mit Hand über das heruntergeklappte Verdeck. Dieser Anblick versöhnte ihn und zauberte ihm ein Schmunzeln ins Gesicht. „Wow, schau nur mein Engel. Ist sie nicht wunderschön?“ Moni nickte. Sie hatte noch nie eine solch prächtige Kutsche gesehen. Schon gar nicht in echt. „Kann ich da schon mal Probesitzen?“ Trotz der nervenden Kopfschmerzen war sie begeistert.
Anschließend stattete Moni ihrer Schwester einen kurzen Besuch ab. Sie waren wesentlich später als geplant angekommen, da sie stundenlang im Stau standen. Inzwischen hatte Roli das Wohnmobil neben dem Hof geparkt und ausgerichtet. Utas Hunde begrüßten Moni freudig. Bruno brummte eifersüchtig. „So eine turbulente Hochzeitsvorbereitung hatte ich noch nie!“ Uta verdrehte die Augen. „Ich habe dir gleich gesagt, lass es bleiben.“ „Ha ha ha“. Dann nahmen sich die Schwestern in den Arm.
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„Na komm schon Theo, lass dich nicht so hängen. Ihr habt euch eben zu spät kennengelernt.“ Thommy boxte seinen Kumpel auf den Oberarm. „Danke, dass du meinen Wochenenddienst übernimmst. Dann kann ich mal so richtig ausschlafen. Es wird bestimmt ne lange Nacht.“ Thommy rieb sich die Hände.
„Meinst du? Der Schönling sauft doch nichts mehr oder?“
„Aber ich umso mehr!“, lachte Thommy. Theo lies nicht locker und jammerte: „Ich kann es einfach nicht verstehen. Als du mir damals gesagt hast, wir fahren an den Achensee, um Uwe und seine Freundin dort zu treffen. Da dachte ich an eine... naja, an so eine eingebildete Obertussi, so eine dumme Schnepfe eben. Na du weißt schon was ich meine. Nase oben, ein Kilo Schminke im Gesicht und 20 cm hohe Absätze.“ Thommy lächelte und zuckte mit den Schultern. „Schon klar, Moni ist was Besonderes, ich weiß. Aber hey, wir müssen jetzt los! Komm!“
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Als Moni am nächsten Morgen ihre Augen aufschlug, konnte sie es kaum glauben, dass sie heute zum dritten Mal in ihrem Leben heiraten würde. Sie drehte sich zu ihrem Schatz, der noch tief und fest schlief. Sie zupfte frech an seinen Härchen am Po. Langsam rollte sich Uwe zu ihr. Seine Augen blieben geschlossen. „Ist es schon so weit? Ich sag ja! Ja ich will!“, dann lachte er und schloss seine Moni in die Arme. Sie küssten sich innig. Moni kuschelte sich näher an ihn, doch er schob sie sachte zurück. „Das heben uns für die Hochzeitsnacht auf!“
„Ich mach heute für uns den Kaffee!“ Uwe sprang aus dem Bett und lief in die Küche. Bruno setzte sich neben Moni auf den Boden. Erwartungsvoll sah er sein Frauchen an. Sie streichelte über seinen Kopf. „Hast du schon Hunger? Na komm.“ Sie stand ebenfalls auf. Zum Frühstück gab es für alle nur ein paar Häppchen, damit sie für all die leckeren Gourmetspeisen noch genug Platz in ihren Bäuchen hatten.
Kurz nach neun klopfte Uta an die Tür, um ihre Schwester abzuholen. Moni und Uwe verabschiedeten sich, sie würden sich erst wieder in der Kirche sehen. Die Trauung war um elf Uhr geplant. „Ich freue mich wahnsinnig,“ mit diesen Worten schloss Uwe die Tür hinter den Beiden und rieb sich aufgeregt die Hände. Jetzt ein Glas Whiskey, er würde sein letztes Hemd dafür geben. Doch er riss sich zusammen und stellte sich unter die eiskalte Dusche. Das hatte schon immer geholfen.
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Frau Schön und ihre Helferinnen hatten in dem Pavillon neben dem Festzelt alle Vorbereitungen für den Tag getroffen. Hinter einer aufgestellten Umkleidekabine spickelte ein Teil des Kleides hervor. Auf einem Regal lagen verschiedene Kisten, die alle verschlossen waren. Rechts davon befand sich eine Couch, daneben ein Tisch und ein paar Stühle. Dieser Bereich stand ganztägig für die Hochzeitsgesellschaft bereit. Für eine kurze Auszeit vom Trubel, aber auch um sich die Frisur oder das Makeup nachjustieren zu lassen. Irina marschierte pünktlich mit zwei Mitarbeiterinnen über die Wiese. Sie hatten einen großen Koffer dabei.
Während Irina aus Moni eine strahlende Schönheit schminkte, kümmerten sich die anderen um die festliche Frisur. Dazu wurden die Haarsträhnen am Oberkopf gedreht und einzeln befestigt, so dass man das Diadem darauf platzieren konnte. An den Seiten föhnten sie die Haare so raffiniert, dass diese üppig gelockt über die Schulter fielen. Gleichzeitig würden sie den Rücken bedecken. Da das Hochzeitskleid hinten nur aus transparentem Tüll genäht wurde, passte diese Frisur perfekt. Bevor Irina Monis Mund mit wasserfestem Lippenstift schminkte, tranken die Frauen Kaffee und Wasser. „Wie wärs mit einem Glas Prosecco?“ Moni nickte und deutete an, dass sie vorher noch einmal zur Toilette musste.
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Aufgeregt wartete Uwe in seinem eleganten Anzug neben der geschmückten Kutsche. Das grüne, aufwändig bestickte Hemd passte wunderbar zu den grünen, glänzenden Businessschuhe, die an der Seite eine silberne Schnalle hatten. Der exklusive Smoking schimmerte silbern. Die Kontrastfarbe hatte Frau Schön vorgeschrieben, damit eine Harmonie zum Hochzeitskleid entstehen würde. Irina hatte eine weitere Mitarbeiterin bei ihm vorbeigeschickt, so dass auch er die perfekte Frisur besaß. Einige von Uwes Locken wurden Opfer der Schere. So kurze Haare hatte der Chefarzt seit Jahren nicht mehr. Mit der neuen Frisur sah Uwe um einiges jünger aus. Immer wieder fuhr er sich mit der Hand nervös über er das Kinn.
Karl hatte schon Platz genommen und wirkte in dem gut erhaltenen Kutscheranzug, den sie aus einem Theater ausgeliehen hatten, recht authentisch.
Gerade rechtzeitig eilten Georg, Heather, Tina, Max und die Kinder herbei. Beim Anblick der Kleinen, die Hand in Hand auf ihn zu rannten, füllten sich Uwes Augen zum ersten mal mit Tränen. Lara hatte ein aufwändig genähtes weißes Dirndl mit einer grünen Schürze an. Tina hatte ihr Gänseblümchen in die Haare geflochten. Linus trug die passende Bubentracht, die hier in dieser Region Tradition war. Das weiße Hemd, welches ihm ein wenig zu groß war, hatte grüne abgesteppte Nähte. Seine Füßchen steckten mitsamt den selbst gestrickten Trachtensocken in traditionellen Haferlschuhen. Es war so ein drolliger Anblick. „Onkel Uwe, warum musst du denn heute heiraten?“, fragte Linus neugierig. Uwe nahm seinen Neffen lachend in den Arm. „Weißt du mein Spatz, heiraten ist etwas ganz Schönes wenn man sich liebt.“ „Ok, dann möchte ich, wenn ich groß bin, meine Mama heiraten.“
Sie hatten wahrlich Glück mit dem Wetter. Erst vor einer Stunde hatte es aufgehört zu regnen. Nachdem jeder seinen Platz in der Kutsche eingenommen hatte, trabten die Pferde würdevoll Richtung Montan. Tina telefonierte mit Frau Schön, die ihr genaue Anweisung gab, wann sie wohin zu kommen hatten.