Nach viel Gelächter und Gespräche, Kaffee und Kuchen wurde es wieder ruhig auf dem Huberhof. Georg und Uwe besichtigten die Baustelle oben, es gab noch ein paar Unklarheiten. Tina entführte in der Zwischenzeit Moni auf den Wagnerhof, um ihr endlich die Welpen zu zeigen. Wie erwartet war sie ebenfalls sofort schockverliebt. „Bruno ist unser Nachzügler, er hinkt in der Entwicklung den anderen weit hinterher.“ „Oh mein Gott, wie süß ist der denn?“
„In ein paar Wochen werden die Kleinen an ihre neuen Besitzer weitergegeben. Diesen hier werden wir behalten müssen. Er eignet sich nicht als Hütehund.“ „Also ich würd den Bruno ja sofort nehmen.“ Monis Augen strahlten, als sie das kleine weiße Fellbündel in ihren Armen hielt. „Bitte!“
Danach war Moni sehr müde und bat darum, auf die Couch liegen zu dürfen. Uwe half ihr dabei, kuschelte sich neben sie, wie immer streichelte er ihre Hand. „Mein Engel, es ist so schön, dass du hier auf dem Hof bist. Wie gefällt es dir?“ Moni nickte nur, sie hatte schon die Augen geschlossen und war eingenickt. Kurz darauf schlief auch Uwe ein.
Käthe weckte die Schlafenden kurz vor sechs. „Mami, aufwachen! Wir müssen bald gehen“. „Hi Käthe“, sie küsste ihre Tochter auf die Wange. An Uwe gewandt murmelte Moni: „Ich gehe nicht mit in den Gasthof!“
„Was? Aber warum nur? “ „Schau mich an, dann bitte schau dich an!“ „Moment“, mit einem Seufzen stand Uwe auf und schlurfte aus dem Zimmer. Käthe sah lange zu ihrer Mama, bis sie es kapiert hatte. „Es ist doch egal was du an hast. Also Mama! Mit deinen Verletzungen geht es eben nicht anders.“ „Ich fühl mich aber nicht wohl!“
Uwe kam zurück, in der Hand hielt er zwei Kaffeebecher. Moni schüttelte den Kopf, „Du bist so ein verrückter Kerl!“ Er hatte sich seinen Trainingsanzug und Turnschuhe angezogen, „Ich hoffe du bist nun zufrieden.“ Zuerst lachten die beiden, dann küssten sie sich innig. Käthe verdrehte die Augen, „Ich geh dann auch mal einen Kaffee trinken und lasse euch Turteltäubchen alleine“.
Nun aber war für Moni der Moment gekommen, „Uwe, jetzt bist du an der Reihe, der zuhören muss.“ Gespannt riss dieser seine Augen auf. „Du bist ziemlich reich, oder? Dein Auto, deine Uhr und deine Klamotten, deine ganze Wohnungseinrichtung...“ Sie holte tief Luft, „Das sind nicht nur teure Sachen, das ist der pure Luxus und Überfluss. Ich glaube nicht, dass wie beide passen! Mal ganz abgesehen davon, dass...“ Uwe unterbrach sie schnell, „Aber mein Engel, wir passen sehr gut, das haben wir doch schon getestet.“ Er versuchte ein Grinsen, welches misslang.
„Bist du sehr reich?“
Uwe nickte stumm. „Ja, und es tut mir sehr leid, dass es so ist.“ „Du hast in Salzburg doch eine Wohnung oder ein Haus?“
Er lies sich Zeit mit der Antwort, nippte an seiner Tasse. „Nein, aber mir gehört das Hotel, in dem ich war“, Uwe zog seine Lippen zu einer Schnute. Moni schnaubte, laut zog sie die Luft ein.
„Es ist eines von vielen. Das Erbe stammt von meiner Mutter, die nach ihrem Tod das Vermögen direkt an uns Kinder weitergegeben hatte. Warum, erzähl ich dir gerne ein anderes Mal. Ja, meine Schwester und ich sind reich. Sehr reich. Scheiße stinkereich. Na und? Mein Engel, es ist für mich nicht von Bedeutung, es ist auch völlig unwichtig für uns beide. Was wirklich zählt im Leben, das sind Gefühle, Zufriedenheit, Glück, Gesundheit, kostbare schöne Momente und Stunden, die man mit keinem Geld der Welt kaufen kann. Bitte glaube mir das!“ Er nahm wie immer ihre Hand und streichelte sie. Moni sowie das kleine Ding blieben sprachlos.
Es klopfte, Georg erinnerte die beiden, dass es jetzt höchste Zeit war. Draußen hörten sie, wie Käthe, Rita und Olga ungeduldig wurden. „Georg! Fahrt ihr schon mal, wir kommen nach, ja?“ Sein strenger Ton lies keine Widerrede zu.
Moni saß stocksteif auf der Couch, ihr Blick war leer. Zärtlich küsste Uwe ihre Hand. „Weißt du, meine Eltern haben Tina und mich zur Bescheidenheit erzogen. Trotz des Reichtums sollten wir ein normales Leben führen, einen sozialen Beruf erlernen. Das alles nur, um glückliche Menschen zu werden, die nicht von Geld und Macht besessen waren oder dadurch gar zerstört wurden. Mein Vater wollte keinen arroganten Snob, der als Beruf Sohn war oder der womöglich auf die schiefe Bahn gerät. Seinetwegen bin ich lange in Afrika gewesen, dort wurde ich krank. Scheiße... du kennst die Geschichte...“ Eine Träne machte sich auf den Weg.
Moni war inzwischen aus der Lethargie aufgewacht, hörte ihm aufmerksam zu und streichelte ebenfalls seine Hand.
„Such dir eine bescheidene, fleißige, bodenständige und vor allem ehrliche Frau, die frei von Arroganz oder irgendwelchen Star-Allüren ist. Eine Frau, die nicht weiß, wer du bist. Die immer zu dir hält, auch wenn es mal nicht so gut läuft. Die dich so liebt, wie du bist! Nicht wegen deines Geldes. Das haben sie mir immer gesagt. Jetzt kommst du daher, weißt das alles und willst mich deswegen NICHT! Das ist doch völlig adsurd, Moni!“
„Ja, du hast recht. Es ist alles ziemlich verrückt. Ich bin so eine bescheidene und ehrliche Frau, ja. Aber genau deswegen muss ich dir noch etwas ganz anderes sagen. In meinem Herzen, da wohnt noch immer Herbert! Er ist einfach urplötzlich aus meinem Leben verschwunden. Ich vermisse ihn so sehr, ich brauche Zeit, um das alles zu verkraften. Ich erinnere mich nicht an den Unfall.“ Das kleine Ding auf Monis Schulter war entzückt, Endlich! Wenigstens bist du jetzt tatsächlich ehrlich!
Resigniert sackte Uwe zusammen, er seufzte laut. „Ja, das weiß ich! Dennoch habe ich mich in die verliebt. Es ist völlig verrückt, ich weiß es ja selber. Vom ersten Tag an, als ich dich sah, brannte dieses Gefühl in mir.“ In seiner Verzweiflung knetete er mit zittrigen Finger Monis Hände. „An deiner Seite fühle ich mich so lebendig, menschlich und... sehr männlich! Können wir es trotzdem miteinander versuchen?"
Moni sah ihn lange an, zuckte mit den Schultern. „Irgendwie haben wir schon damit angefangen, denke ich. Sollen wir jetzt zu den anderen gehen? Ich hab Hunger!“
Uwe klatschte auf seine Schenkel, „Na klar, das ist der perfekte Moment, das machen wir jetzt in dieser guten Stimmung. Da gibt es genug Fässer, die ich leer trinken kann!“
Moni breitete die Arme aus, „Ach Uwe-Schatz, komm her du reicher Chefarzt“, dann küsste sie ihn dermaßen leidenschaftlich, dass Uwe befürchtete, die Besinnung zu verlieren.
„Mein Engel, vielleicht gibt es in deinem Herzen noch einen weiteren Platz?“, Moni nickte, „Wir werden es herausfinden,“ dann stand sie auf und lies sich von ihm zum Auto bringen.
Im Gasthof war es laut und voll. Uwe wurde von den Gästen sowie der Wirtsfamilie herzlichst begrüßt. Lächelnd stellte er seine Begleitung vor: „Das hier ist Moni, meine Herzdame“. Käthe hatte zwei Plätze neben sich freigehalten. Sofort belagerten Lara und Linus ihren Onkel, in dem sie sich abwechselnd auf seinen Schoß setzten. „Spiel mit mir!“
„Wähhh, nein! Bitttteeeee spiel mit mir!“
Moni entschied sich ebenfalls für Uwes Lieblingsgericht Tiroler Gröstl ohne Zwiebel, wie immer. Dazu genehmigte sie ihm ein Bier. Für sich selber bestellte sie ein Radler. Frech fragte der Wirt: „Uwe, du bist doch Arzt. Du trinkst immer noch Bier?“ „Nun, ich bin Chirurg und kein Kardiologe“, dann lachten die Männer laut. Moni wurde in alle Gespräche mit eingebunden. Sie erzählte von ihrer schwäbischen Heimat und dem guten Wein, der dort wächst. In der Gesellschaft dieser lieben und freundlichen Menschen fühlte sie sich richtig wohl.
Nach dem leckeren Essen beobachtete sie Uwe, wie liebevoll er mit den Kindern umging. Lara war an der Reihe, sie drückte ihrem Onkel eine blonde Langhaar-Barbie mit nacktem Oberkörper in die Hand. „Du musst ihr Haar kämmen, denn sie bekommt gleich Besuch von ihrem Mann“. Lara suchte in einem Stoffbeutel nach passender Kleidung. Urkomisch sah es aus, wie Uwe mit der kleinen rosa Puppenbürste die Haare von Barbie kämmte. Er hielt sie dabei ungeschickt am Oberkörper fest. „Onkel Uwe, nicht an die Tittis fassen, sagamal!“,kicherte die Kleine. Uwe erschrak, entschuldigte sich schnell, frech grinste er seine Moni an und zwinkerte ihr zu. Mit Linus baute er unterm Tisch einen Autokorso und ahmte Motorengeräusche nach.
Käthe war sehr oft draußen zum Rauchen, deswegen schimpfte Moni mit ihr. „Mama, bitte las mich bloß in Ruhe. Ich bin erwachsen. Ich kann tun und lassen was ich will! Immer diese Bevormundungen! Kümmere du dich um deinen Scheiß!“ Auch Olga erschrak über diese Worte, vor allem über Ton und Lautstärke. Moni spürte die Blicke der anderen. Verärgert und fassungslos schüttelte sie dabei den Kopf.
„Hey Ortnerbub, komm doch mal rüber!“ Eine Horde bärtiger, alter, verschwitzter Männer, welche noch in ihrem Stalloutfit waren, riefen den Chefarzt laut zu sich an einen Nebentisch. Bevor er auf stand, nahm Uwe sein leeres Glas und hob es Moni entgegen. „Geht da noch eins, Chefin?“ Wieder hatte sie die Aufmerksamkeit vieler Gäste. Doch dieses Mal konterte sie geschickt. „Wenn du nicht wieder zu müde wirst, wir haben heute noch was vor!“ Das Grölen und Gelächter vom Nebentisch hörte man bestimmt weit durch das ganze Dorf. Uwe war bester Laune. Genau so fühlte sich Leben an. Nur Käthe fand es voll peinlich.
Der Wirt nahm sein Akkordeon und stimmte zusammen mit seiner Frau Wirtshausmelodien an. Frech setzte er sich neben Moni auf den freien Stuhl. Die Bärtigen bestellten eine Runde Schnaps für alle. Die Männer jodelten und Georg wagte mit seiner Rita ein Tänzchen. Ein wunderschöner Abend neigte sich dem Ende zu, denn Moni rechtes Bein schmerzte.