Unlängst arbeitete ich für einen Bildungsträger und bereitete dort junge Menschen auf ihrer Berufsabschlussprüfungen vor. Zur Unterstützung stand eines Tages Ben in der Tür, der den gleichen Nachnamen wie unser allzeit geliebter Chef hatte. Er tat dies natürlich als zufällige Namensgleichheit ab, ein Umstand, der für ihn auch besser war. Ben war nämlich noch nicht wirklich fertig mit der Uni, aber er hielt sich für super. Er war fest davon überzeugt, das Rechnungswesen etwas mit Mathematik zu tun hätte. Vermutlich glaubte er auch, dass Buchhaltung und Buchmacherei etwas ähnliches seien und irgendwas mit der Mafia zu tun hätten. Regelmäßig suchte er noch während der Arbeitszeit die Universität auf, vermutlich um in der Mensa Mittag zu essen.
Ben litt eindeutig an Selbstüberschätzung. Alles was er tat, tat er so verheißungsvoll, wie er glaubte, dass es nur intelligente Menschen so taten. Da wir natürlich auch mit unseren Schülern in telefonischem Kontakt standen, hatten diese unsere Telefonnummern, damit sie sich bei uns meldeten, falls sie nicht kommen konnten oder sich verspäteten. Damit wir auch im Unterricht erreichbar waren, hatten wir natürlich neben dem normalen Telefon auch ein schnurloses Gerät. Hier mussten wir dann eine Rufumleitung einrichten, aber unsere Telefonanlage konnte das ja eigentlich.
Ich glaube, ich habe das Setting nun gut beschrieben, damit das nachfolgende besser verständlich ist. Ben war in einem der Schulungsräume und erklärte am Activeboard irgend einen klugen mathematischen Aufriss zum Dreisatz, als im Büro sein, also Bens, Telefon klingelte. Gelassen nahm ich das Gespräch an seinem Schreibtisch an.
Oh natürlich könne ich Ben an das Telefon holen. Also huschte ich zu seiner Klasse, riss die Tür auf und steckte meinen Kopf hinein. Alle Augen wandten sich mir zu, die der Schüler erwartungsvoll und Bens eher genervt.
„Ben, Telefon für dich“, ich grinste fett.
Ruckartig zuckte Bens Hand zum schnurlosen Telefon, das mit dem dafür vorgesehenen Klipp an seinem Gürtel klemmte, um das Telefonat zu führen.
„Hallo“, sprach er in das Gerät, dass sich vorher gar nicht gemeldet hatte.
Seine Schüler begannen bereits zu lachen.
„Ne, nicht das“, mein Grinsen wurde breiter.
Ben starrte mich irritiert an, so wie ein Auto nur nicht ganz so schnell. Auch der letzte seiner Schüler hatte nun begriffen, was da eigentlich geschehen war. Ben versuchte, trotz der roten Ohren eine gewichtige Miene zu machen, und huschte an mir vorbei.
Etwas später wurde uns Ben dann offiziell von unserem Chef als Sohn vorgestellt. Und genau das ist er... von Beruf Sohn.