Eine Zeitlang begann meine Arbeit morgens um vier, somit fuhr ich regelmäßig durch die nächtlichen Straßen. Natürlich freute es mich, dass die Dauerbaustelle nächtens nicht mit 30 geflaggt war. So fuhr ich dort souverän 50, als mich ein Idiot mit Lichthupe durch den Rückspiegel blendete. Was für ein A..., dachte ich nur. Zum Glück kam ja eine Ampel, die noch grün war. Schnell beschleunigte ich, als sie auf gelb schaltete. Da mir mein Hintermann förmlich an der Stoßstange klebte, trat ich das Gaspedal durch und sauste bei Rot über die Ampel. Der Blick in den Seitenspiegel bestätigte mich in dieser Reaktion, denn auch der hinter mir nahm die Ampel noch. Schon hatte ich das Horrorszenario vor Augen, was bei einer Bremsung meinerseits passiert wäre. Aber weiter im Text. Die nächste Ampel zeigte noch grün, dort musste ich links abbiegen. Irgendwo in der Mitte der Strecke war für 100 Meter ebenfalls 30. Ich ignorierte es, weil mir immer noch dieser Typ an der Stoßstange klebte und mich weiter mit dem Fernlicht blendete. Leider war die Ampel rot, als ich sie erreichte, notgedrungen musste ich stoppen. Während ich auf grün wartete, gewahr ich eine Bewegung an der Beifahrertür. Dann leuchtete jemand ins Innere und ich wurde geblendet, da ich direkt in Licht schaute. Panik. Egal ob rot oder grün. An dieser Stelle war ich farbenblind und gab Gas. Nur weg. Ich brauste davon. Dann war ein Fahrzeug neben mir, überholte mich und stellte sich quer vor mir und blockierte meinen Weg. Ich machte eine Vollbremsung. Gebannt schaute ich auf das Fahrzeug. Dort stand in großen Lettern Po-Li-Zei. Ups, dachte ich. Zwei Uniformierte stiegen aus und flankierten mein Auto. Pflichtbewusst kurbelte ich die Scheibe an meiner Seite herunter.
„Guten Morgen, Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte“, wurde ich aufgefordert.
Nachdem ich sie ihm ausgehändigte hatte, begann er mir meine Untaten vorzuwerfen.
„Sie sind zweimal mit erhöhter Geschwindigkeit durch eine 30er Zone gefahren, ebenso haben Sie zweimal ein Rotlicht ignoriert. Was wollen Sie dazu sagen?“
Ich schaute ihn an. Doch dann hatte ich mich wieder gefangen.
„Nennen Sie mir bitte Ihren Namen und Ihre Dienstnummer“, bat ich ihn.
Er schaute mich nur irritiert an.
„Für mich stellt sich die Situation folgendermaßen dar.“ Begann ich ihm zu schildern. „Ein Verkehrsteilnehmer kroch mir in den Kofferraum und blendete mich durch alle meine Spiegel. Wenn ich an der ersten Ampel gebremst hätte, hätte ich ihn auf dem Beifahrersitz gehabt. Dann wurde ich weiter bedrängt. An der nächsten Ampel erschreckte mich ein Lüstling und blendete mich. Sie verstehen sicher, Herr Wachtmeister, dass ich als Frau nachts alleine Angst habe, wenn solche Dinge passieren. Als Polizei haben Sie sicher andere Möglichkeiten, sich bemerkbar zu machen.“ Ich lächelte. Das Lächeln in seinem Gesicht gefror immer mehr, bis es quasi nicht mehr existent war. Man sah ihm förmlich an, wie es in seinem Hirn ratterte. Er reichte mir meine Papiere und wünschte mir eine gute Fahrt.
Natürlich kam ich an diesem Morgen etwas zu spät an meinen Arbeitsplatz. Aber es war jede Minute wert.