Ihr erinnert euch? Ich war mit Fixateur am Bein im Krankenhaus. Es kam natürlich, da ich quasi zur Immobilie wurde, zu weiteren Komplikationen. Mein linker Fuß unterhalb des Fixateurs war, auf Grund der Bewegungslosigkeit, zu einer Monstrosität angeschwollen, dass es so aussah, als wenn ich auch über keine Zehen mehr verfügte. Normalerweise hilft Bewegung, was sich als Immobilie schwierig gestaltet, oder hochlagern, aber in meinem Falle war diese Maßnahme ebenso erfolglos. Die Stationsärztin vermutete etwas mit den Venen und machte mir einen Termin auf der hauseigenen Hautstation zum Ultraschall. Da ich mittlerweile einen Rolli, liebevoll AOK-Chopper genannt, mit Beinhochlagerung fuhr, machte ich mich mit meiner Krankenakte selbstständig auf den Weg. Im Aufzug begegneten mir Leuten, die anscheinend ihre Angehörigen besuchen wollten. Etwas irritiert und sichtlich peinlich berührt starrten sie auf das unheimliche Gestänge an meinem Bein.
„Das ist ein Fixateur Externa“, erklärte ich lächelnd.
„Ich hatte mir ein wenig das Knie gebrochen.“
Ich lächelte immer noch. Meine Mitfahren wurden mit jeder Etage nervöser. Als der Aufzug nach schier endloser Zeit hielt, verließen sie fluchtartig, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her, die Kabine. Sah ich so furchterregend aus? Aber egal.
Beim Hautarzt angekommen, schaute er in meine Akte und forderte mich dann auf, mich bäuchlings auf die Liege zu drapieren. Die gesamte Zeit würdigte er mich keines Blickes, warum auch, es stand ja alles für ihn Wichtige in der Akte Ich zeigte auf den Fixateur und meinte nur trocken, dass dies so nicht ginge. Er stutzte und blickte verdutzt auf den Fixateur.
„Dann machen Sie das Gestell eben ab“, schlug er mir vor.
„Das geht nicht einfach so ab. Die Untersuchen muss mit dem Ding gehen“, entgegnete ich. Ich überlegte noch, ob der Arzt auch ein Doktor sei, als er mich wortlos stehen ließ und eiligen Schrittes verschwand.
Irgendwann tauchte er wieder auf und grummelte irgendetwas in seinen imaginären Bart. Scheinbar etwas bezüglich, dass er so nicht arbeiten könne oder so. Eine Schwester half nun, erst die Verbände zu entfernen, dann meinen Fuß auf Schachteln und dicken Bücher so weit hochzulagern, dass er mit seinem Ultraschallscanner die Untersuchung durchführen konnte. Als er fertig war, bedankte er sich für meine Kooperation und verabschiedete mich. Wollte er mich nun tatsächlich mit den offenen Wunden auf meine Station schicken, damit ich dort einen neuen Verband erhielt?
Daraufhin machte ich ihn unmissverständlich klar, dass sich normale Besucher schon über den Fixateur an sich erschreckten, wie soll es dann mit den offenen Wunden sein? Ohne frische und nach allen Regeln der ärztlichen Kunst angelegte Verbände wollte ich die Station nicht verlassen. Da ich bis zu diesem Zeitpunkt zweimal täglich die Bandagen und Wundauflagen gewechselt bekam, wusste ich mittlerweile sehr genau, was in welcher Reihenfolge um mein Bein gewickelt wurde. Genervt ob meiner in seinen Augen neunmalklugen Anmerkungen griff der Hautarzt nach dem Telefon, um auf meiner Station anzurufen und um Amtshilfe bei der aufsässigen Patientin zu bitten. Unterdessen erklärte ich der netten Schwester, welche Materialien bei meiner Wundversorgung benötigt wurden und wie sie diese um den Fixateur herum drapieren musste. Dies klappte wunderbar und als meine überaus geliebte Schwesternschülerin Dieter mit einem Armvoll Verbandsmaterial kam, war alles schon längst erledigt. Er grinste nur breit, denn er kannte mich allzu gut.
„Na, hat sie euch schon alles erklärt.“ Er zwinkerte mir schelmisch zu. So war Dieter.
Als wir wieder auf meiner Station eintrafen, bekam ich von der Belegschaft einen Szenenapplaus, ob der angenehmen Unterbrechung des eintönigen Klinikalltages. Die Stationsärztin kam auf mich zu und grinste breit.
„Danke für den schönen Nachmittag. Ach ja, und Hautärzte sind total überfordert, wenn es um mehr als nur Salben und Pickel geht.“
Ziemlich dramatisch erzählte sie mir von dem formvollendeten Auftritt des Hautarztes, der mit wehenden Fahnen auf die Station einlief. Wild gestikulierend echauffierte er sich bezüglich des Gestells (er nannte es tatsächlich so) und sich keinen Rat wusste, wie er denn seine Untersuchung fachgerecht durchführen solle. Das Gestell müsse ab, so könne er nicht arbeiten. Alles, was dran ginge, könne man wohl auch mal eben für eine Untersuchung entfernen, so schlimm könne das ja nicht sein. Nachdem er darüber aufgeklärt worden war, dass der Fixateur mitnichten beweglich sei, sagte man ihm, dass die Patientin, also ich, genau wisse, wie es mit ihren Verbänden stünde und ihm dann darüber aufklärte, wie diese wieder angebracht werden müssten. Wie bereits erwähnt, hatte ich diesen Part bereits übernommen, ohne dass er mich dazu auffordern musste. So kam auch ich nicht mehr aus dem Grinsen raus. Ja, ich hatte natürlich genug gute Medies intus.
In diesem Sinne: Gute Besserung.