Meine Mitbewohnerin ist ja schon hinreichend aus der einen oder anderen Geschichte bekannt. Als Vollakademikerin hat sie eine sehr spezielle Sicht auf die Welt und blendet für sie unwichtige Dinge gerne aus. Anderes verhält es sich jedoch, wenn sie des Morgens schlaftrunken aus ihrem Bette entsteigt. Die Augen sind dann um sechs quasi noch auf halb acht, also noch nicht wirklich offen und aufnahmefähig. Ihr Gehirn hält eigentlich nur lebensnotwendige Funktionen aufrecht, so wie atmen und der Wunsch nach Kaffee. Das Zubereiten des selbigen gestaltet sich dann schon etwas schwieriger, ist aber noch im Bereich des Möglichen, solange die berühmte French Press zusammengebaut ist. Ihr wisst schon, diese Glaskanne mit dem Siebstempel, den man runterdrücken muss.
So stand ich an diesem Morgen unter der Dusche, die als Begrenzung einen stylischen Glaskasten hatte, von uns nur liebevoll Telefonzelle genannt. Nun, diese Nasszelle war auch geräumig genug, dass sich zusätzlich Clark Kent hätte bequem darin umziehen können. Ein Schelm, der Übles dabei denkt, aber wir sind ja hier nicht beim Liebesleben der WG.
Wo war ich? Ach ja. So ließ ich Wasser über meinen Körper rinnen und seifte mich mit meinem Tüllschwamm nach allen der Regeln der Waschkunst ein, als meine Mitbewohnerin in meinem Augenwinkel auftauchte. Sie hatte einen äußerst verzweifelten Gesichtsausdruck und hielt in ihren Händen besagte Ersatzteile der Kaffeemaschine. Links den Deckel mit dem Drückmechanismus und rechts die mehrteilige Siebkonstruktion. Ihre Arme waren auf Schulterhöhe ausgestreckt und sie versuchte die Teile, miteinander zu verbinden. Ich schaute sie fragend an.
„Is was?“
Sie knötterte irgendetwas, denn auch das Sprachsystem wurde von ihrem Gehirn als nicht lebensnotwendig erachtet und dementsprechend war dieses noch nicht gebootet, deshalb kamen um diese Uhrzeit nur wenig artikulierte Laute aus ihrem Mund. Da ich sie aber gut kenne, übersetze ich einmal für euch.
„Die Siebe waren in der Spülmaschine. Kannst du die French Press bitte zusammenbauen, damit ich für uns Kaffee kochen kann?“
Lächelnd nahm ich ihr mit meinen schaumigen Händen die Einzelteile ab, sortierte die Teile des Siebeinsatzes in die richtige Reihenfolge und schraubte ihn an den Drückmechanismus. Eigentlich kein Hexenwerk und uneigentlich zu dieser frühen Stunde für bestimmte Personen unmöglich.