Sehen und gesehen werden ist schon eine schöne Sache. So gingen meine Mitbewohnerin und ich an der Uferpromenade flanieren. Nach einiger Zeit überlegten wir, ob wir uns nicht ein wenig erfrischen wollten, darum suchten wir eine gar urige Gastronomie mit Tischchen direkt am Wasser auf. Es war ein Biergarten mit Beachclub-Flair und so erhielten wir unsere koffeinhaltige Limanode in einer kleinen Flasche ohne Glas und Strohhalm.
Eigentlich freuten wir uns über den Wind, der kräftig bis böig blies, da wir glaubten, dass uns diese üblen fliegenden Gesellen in gelb-schwarzem Gewand nicht belästigten. Doch weit gefehlt. Kaum hatten wir den ersten Schluck aus der Flasche genommen, kam der erste Kundschafter herangesummt. Zielstrebig steuerte er das Getränk meiner Mitbewohnerin an, setzte sich frech auf den Rand und inspizierte die Einstiegsöffnung, auch Flaschenhals genannt.
„Menno“, beschwerte sie sich, „warum hast du die Kronkorken nicht mitgebracht.“
„Pass halt auf“, meinte ich nur.
Unterdessen kletterte die Wespe wieder aus der Flasche heraus und drehte eine Runde um die Flasche, ehe sie Kurs auf meine Mitbewohnerin nahm. Summend betrachtete sie ihren Hut, schnüppelte am Haar und versuchte dann auf ihrer Hand zu landen. Ihr Treiben blieb von mir nicht unbeobachtet und so warnte ich meine Mitbewohnerin, als ich die Wespe von ihrer Hand scheuchte, ehe sie sich niederlassen konnte. Dann begann diese, um meine Mitbewohnerin zu schwirren. Genervt sprang sie auf, um sich von dem Tierlein räumlich zu entfernen. Davon vollkommen unbeeindruckt, machte das Insekt jede Bewegungsänderung mit. Doch dann war sie endlich fort. Erleichtert setzte sich meine Mitbewohnerin wieder zu ihrer Limonade. Kaum hatte sie ihren Platz eingenommen und nach einem Schluck das Fläschchen abgestellt, als eine weitere Wespe maßnehmend über meine Flasche hinwegflog und sich lässig auf die Flasche meiner Mitbewohnerin zu setzen.
„Echt jetzt?“ Sie schaute zu mir herüber.
„Das haben wir gleich“, sagte ich nur und schnippte die Wespe hinfort. Doch so schnell, wie sie verschwand, flog sie wieder ihren Lieblingsplatz an. Erneut schnippte ich sie an, diesmal mit mehr Wucht, jedoch kam sie umgehend zurück, wobei sie immer die Einflugschneise über mein Getränk nutzte, sich dort jedoch nie niederließ. Als sie sich zum dritten Male setzte, griff ich nach der Flasche und zerquetschte das penetrante Insekt am klobigen Tisch.
„Ist das nicht verboten?“, wollte meine Mitbewohnerin zaghaft wissen.
Unterdessen fiel der üble Geselle in seinen letzten Zuckungen auf den Boden. Mit einer schnellen Bewegung meines Fußes häufte ich ein Quäntchen Sand über ihn, damit ein anständiges Begräbnis simuliert werden konnte und um etwaige Beweise zu verdecken.
„Was?“ Fragte ich nur unschuldig und prostete ihr zu.