Ihr erinnert euch gewiss, dass ich etwas Gescheites gelernt habe. So kam es, dass ich nicht nur einen Gesellenbrief habe, sondern auch einen Meistertitel mein Eigen nennen kann. Um diesen Titel zu erwerben, durfte ich wieder die Schulbank drücken, in der Meisterschule der Handwerkskammer zu Köln. Das war noch im letzten Jahrtausend, was ist das lange her. So bin ich noch von Schindlers Gnaden.
Zu jeder Schule gehört am Ende natürlich auch eine Abschlussprüfung. Wir wurden gut darauf vorbereitet, dass die schriftliche Aufgabe nicht wirklich eine Herausforderung war. Aber es gab ja noch die mündliche Prüfung. Bei dieser saßen 9 Prüflinge neun Prüfmeistern gegenüber. Es wurde eine Frage an den ersten Prüfling gestellt, konnte er sie beantworten, war alles gut. Falls nicht, wurde die Frage an den nächsten Prüfling weitergereicht. So weit so gut, oder so schlecht.
Irgendwann blätterte einer der Meister in Papieren und fragte mich dann: „Sie beschreiben zwar anschaulich aber recht theoretisch die Herstellung von Elisenlebkuchen? Wie kann das sein?“
„Ich habe noch nie selbst diese Lebkuchen hergestellt.“ Gab ich wahrheitsgemäß Auskunft.
„Auch nicht in der Ausbildung?“ Hakte er nach.
„Oh, nein, das machte immer unser Meister. Wir durften nur Mandeln dekorieren“, berichtete ich ihm.
„Was ist hier im Unterricht?“ Wollte er dann wissen.
„Wir waren für die Weihnachtsgebäcke in Gruppen aufgeteilt, meine Gruppe fertigte Spekulatius“, erwiderte ich und ließ mir nichts anmerken. Was will der bloß von mir.
„Wer produziert denn in Ihrem Betrieb die Elisenlebkuchen?“ Stellte er endlich die entscheidende Frage.
Da musste ich wirklich nicht lange überlegen: „Balsen!“
Ich lächelte unschuldig. Die Riege der Meister unterlag kollektiv einer Gesichtsentgleisung. Meine acht Mitprüflinge konnten sich ein Lachen kaum verkneifen.
Ob mich diese flapsige Aussage das Sehr Gut gekostet hat, kann ich heute nicht mehr sagen. Aber wer fragt nach einer Note, wenn du Meister bist?