Mittlerweile hat vielleicht auch der Letzte hier mitbekommen, dass ich durchaus zu den alten Tanten gehöre. Ja, ich gehe nie ohne Hut oder andere Kopfbedeckung aus dem Haus. Aber ich schweife ja mal wieder ab, denn in dieser Episode soll es nicht wie vermutet um Hüte, sondern wie aus der Überschrift ersichtlich um Rechtschreibung gehen, auch wenn ich fest davon überzeugt bin, dass Mädchen oder auch in meinem Falle Frauen immer behütet werden sollten.
Also die Rechtschreibung. Dank eines Herren namens Duden haben wir im Deutschen tatsächlich quasi kürzlich eine bekommen, denn noch zu den schillernden Zeiten von Goethe schrieb jeder so, wie er wollte.
Was wurden wir früher in Diktaten geärgert: „Der Staat Liechtenstein liefert in rhythmischen Abständen Grieß, Mayonnaise, Meerrettich, Schlämmkreide und Pappplatten sowie Medikamente gegen Halskatarrh und Hämorrhoiden numeriert und in Stanniol verpackt an Libyen und Hawaii.“ So sah es ehemals aus, im letzten Jahrtausend. Heute sähe es so aus: „Der Staat Liechtenstein liefert in rhythmischen Abständen Grieß, Mayonnaise, Meerrettich, Schlämmkreide und Pappplatten sowie Medikamente gegen Halskatarrh und Hämorrhoiden nummeriert und in Stanniol verpackt an Libyen und Hawaii.“ Ok, soviel hat sich doch nicht geändert.
So war es schon eine Crux, dass man die korrekte Schreibweise wählte, da sich in manchen Versionen der Sinn ein wenig veränderte. So war es wirklich wichtig, zu unterscheiden, ob jemand sitzenblieb oder doch sitzen blieb. Heute ist es egal, wenn einer nicht aufsteht oder das Schuljahr wiederholen muss, derjenige bleibt sitzen, eigentlich einfach. Na ja, jetzt. Früher war das Jahr wiederholen eben „sitzenbleiben“ und nicht aufstehen „sitzen bleiben“. Fahrrad fahren und Auto fahren waren vergleichbare Beispiele. Es ist schon herrlich, dass wir heute egal was wir fahren, das Gefährt groß und fahren als Verb klein schreiben. Das ist doch mal eine Erleichterung und wohldurchdacht. Damit vergleichbar ist Klavier spielen und Flöte spielen.
Aber die Groß- und Kleinschreibung wurde uns an einigen Stellen nun auch vereinfacht. Früher konnten wir im Dunkeln tappen oder eben auch im dunkeln tappen. Witzig finde ich an dieser Stelle, dass mir die Rechtschreibkorrektur keinen Fehler Rot unterkringelt. Und? Habt ihr den Unterschied erkannt? In dem einen Fall habe ich kein Licht und im anderen Fall keine Ahnung. Heute muss ich aus dem Kontext herauslesen, ob das eine oder das andere gemeint ist. Ich kaufe mal ein großes „D“ und löse: Bei der Großschreibung war das Licht aus.
Womit ich mich nur bedingt anfreunden kann, ist die Verdreifachung von Buchstaben. Seien wir doch mal ehrlich, Teeei sieht ziemlich blöd aus. Andere beschweren sich auch darüber und schimpfen, dass Sauerstoffflasche mit drei „f“ so was von seltsam sei. An dieser Stelle schaue ich dann immer irritiert, da sich die Sauerstoffflasche eben schon immer so schrieb, was mein Gegenüber dann meist äußerst befremdlich findet. Wenn ich dann erkläre, dass sich die Schifffahrt halt ehemals nur mit zwei „f“ zufrieden gab, wird das Erstaunen groß. Die Regel war ja eigentlich ganz einfach: Folgte nach einer potentiellen Dreifachnennung ein Konsonant, blieb es bei drei, folgte jedoch ein Vokal, dann reduzierte es sich auf zwei. Oh je, dann vergesse ich immer, dass die meisten nicht wissen, was Konsonanten und Vokale sind. Selbst die Deutschen Bezeichnungen Selbstlaut und Mitlaut helfen dann nicht weiter, denn die Vorlauten kennen vielleicht gerade noch den Umlaut. War das nun zu laut? Leider waren bei dieser Vereinheitlichung die Hüter über die Deutsche Rechtschreibung nicht konsequent genug, denn Mittag schreibt sich wie seid ehedem immer noch mit nur zwei „t“ statt mit dreien. Ich sehe schon die Fragezeichen in euren Gesichtern. Mittag ist zusammengesetzt aus Mitte und Tag, also der Mitt-Tag oder aber auch Mitttag. Hier merke ich nochmals an, dass meine Autokorrektur es nicht erkennt, also das mit den drei „t“.
Dies soll hier kein Beitrag nach dem Motto „Früher war alles besser“ werden, denn auch früher gab es schon Worte, die ich liebend gerne und mit wachsender Begeisterung immer wieder aufs Neue völlig beabsichtigt falsch schrieb: Albtraum. Es war sogar dem Duden eine Bemerkung wert. Unter besagtem Stichwort fand sich im letzten Jahrtausend folgende Erklärung: Albtraum, falsche Schreibweise, aber auch üblich. Ah, dachte ich damals schon. Ich war demnach nicht die einzige Rebellin. Ok, im letzten Jahrtausend hatten wir es noch so mir der Genderei und ich dachte natürlich „Rebell“. Für mich war meine Schreibweise durchaus logisch nachvollziehbar, denn ich leitete es mir von den Nachtalben her, die mich in meinen Träumen peinigten. Hat man oder auch frau jemals davon gehört, dass die Alpen uns in den Träumen verfolgten? Na ja, vielleicht in denen eines Luis Trenker oder doch Reinhold Messners könnte ich es mir vorstellen. Es wäre dann sogar eine Geschichte wert und dann schriebe ich Albtraum gewiss Alptraum, damit den Herren die gebührende Ehre zuteilwürde.
Die Rechtschreibreform hat natürlich auch Unsäglichkeiten hervorgebracht, bei denen sich mir die Zehennägel kräuseln. Ich soll statt Stengel nun Stängel schreiben, da es sich von Stange ableitet. Ja ne, is klar, denke ich da nur. Ich assoziiere die feine und liebreizende Verbindung der kleinen Blüte des Gänseblümchens mit dem zarten Blattgrün auch immer mit einer Stange. Wer denkt sich so etwas nur aus?
Ebenso sind uns einige „h“ am Ende verloren gegangen. Rauh ist nun nur noch rau, und ich überlege, ob es dadurch weniger hart wurde? Auf der anderen Seite kann ich tatsächlich noch Rauhfaser und Rauhputz kaufen. Aber zum Glück friert das Känguru heute weniger als die Känguruhs im letzten Jahrtausend. Denn das Känguru ist nun wie das Gnu, nein wie schön. Leider friert die Kuh immer noch.
Aber der größte Wurf war tatsächlich die Sache mit dem „ß“ und den „ss“. So wurde das daß mit dem scharfen „s“ durch das dass mit den zwei „s“ ersetzt. Die Begründung lautete allen Ernstes, und eigentlich kann ich mich hier vor Lachen kaum halten, dass die meisten Schwierigkeiten hätten, dass richtige „das*s“ auszuwählen und somit dieser Fehler quasi ausgemerzt sei. Aber seien wir mal ehrlich, wer ehedem nicht wusste, ob „s“ oder „ß“ korrekt ist, der weiß doch heute genauso wenig, ob er „s“ oder „ss“ nutzen muss. Aber so sind meine Vollakademiker, live und in Farbe.