Es musste wohl noch zu meiner Schulzeit, demnach im letzten Jahrtausend, gewesen sein, als ich mit meiner besten Schulfreundin einige Tage im Wochenendhaus meiner Eltern verbrachte. Das Haus steht in der letzten Straße im Dorf. Und wenn ich Dorf sage, dann meine ich es genauso. Damals gab es dort im Ort immerhin noch eine Kneipe mit Bundeskegelbahn, Onkel Jupp, und tatsächlich ein Hotel, Haus Schulz. Beides hat die Jahrtausendwende nicht mehr erlebt und wenn ich ehrlich bin, ist es auch nicht schade drum. Nun denn dieses Kaff ist etwa halb so groß wie der Friedhof von Chicago aber bestimmt doppelt so tot. Natürlich gab es eine Stelle an der so richtig die Post abging, mitten im Ort quasi an exponierter Stelle standen eine Telefonzelle und der Briefkasten, beides damals noch fest in der Hand der Deutschen Post.
Also wir wohnten in der letzten Straße im Dorf mit Gegend und noch mehr Gegend drum herum, somit war für ausreichend Platz für Spaziergänge gesorgt. Als gestresste Städter, so nannten es die Dörfler um nicht zu sagen Hinterwäldler, waren wir hier zum Ausspannen an der richtigen Stätte, nun denn etwas anderes konnte man auch dort nicht wirklich machen. Die nächste Attraktion war eine Mondfinsternis oder der gleichen.
So spazierten wir durch die beschauliche Landschaft und die dörflichen Gassen, denn nur die letzte Straße im Dorf verdiente diese Bezeichnung, also Straße, ob ihrer Breite, alle anderen Wege waren gerade so gestaltet, dass das Müllauto eben so hindurch passte. Aber ich schweife ab, mal wieder, ich glaube, das ist bei mir ein Trend oder doch schon pathologisch?
Also unser Spaziergang, den wir im lichten Sonnenschein genossen, wurde bedauerlicher weise unterbrochen, als sich langsam eine dunkle Wolkenwand vor uns ausbreitete. Wir beschleunigten unsere Schritte in Erwartung eines Unwetters und gedachten nicht, unnötig nass zu werden. Die ersten Tropfen fielen schwer herab und wir begannen zu laufen, da wir doch bald zu Hause waren. Bevor es nun richtig feste zu regnen begann, waren wir ins Haus gehuscht. Donner grollte und Blitze zuckte. Am Terrassenfenster betrachteten wir das Schauspiel, das sich uns quasi eine weitere Attraktion des Dorfes bot: das Wetter. Die Tropfen platschten auf das Pflaster und formten so kleine Krönchen aus Wasser. Langsam bildeten sich überall Pfützen, in denen es lustig spritzte.
Da die Temperaturen weiterhin warm blieben, schauten wir uns an und grinsten. Ja, wir zwei hatten den nämlichen verrückten Gedanken. So wie wir waren, halt nur barfuß, verließen wir die trockene Wohnung. Wie kleine Kinder patschten wir durch die Pfützen, spritzten uns gegenseitig an und ließen uns lachend vom warmen Regen durchweichen.
Hinter den Fenstern der anderen Häuser standen die irritierten Dörfler und schüttelten ihre Köpfe über das Verhalten der Städter.