Dass es anscheinend Autos für Männer und für Frauen gibt, hielt ich bislang für ein übles Gerücht. Na ja, abgesehen von der Tatsache, dass, wenn eine Familie über zwei Autos verfügte, der Herr grundsätzlich die große bequeme Limousine alleine nutzte, während die Frau des Hauses, Kinder, diverse Sportutensilien, Freunde der Kinder, Haustiere und die Einkäufe für eine Kompanie in einem Kleinwagen bewegte. Mir hat sich diese Logik noch nie erschlossen, warum das Auto des Mannes größer sein musste, obwohl nur er und vielleicht sein Aktenkoffer Platz nahmen. Vielleicht benötigt auch nur sein ausladendes Ego so viel Raum. Wie auch immer, dies wäre dann gewiss eine andere Geschichte.
So erwarb mein Nachbar, dem Paul sein Vadder, wie wir im Pott sagen, ein neues kleines Auto. Es war eine metallicgraue Knutschkugel, ein kleines wendiges Coupé. Es war wohl von den Vorbesitzern mit neckischen blauen Blumenranken versehen worden, die dem kleinen Auto eine niedliche Ausstrahlung gaben. Zuerst glaubte ich, dass dies wohl das neue Auto seiner Gattin sei, doch er machte keinerlei Anstalten, Pauls Kindersitz auf der Rückbank zu installieren. Stattdessen begann er liebevoll das bereits saubere Auto, erneut von außen zu reinigen.
Nicht dass ihr nun glaubt, ich hätte den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als hinter der nicht vorhandenen Gardine zu lauern, um meine Nachbarn zu überwachen. Weit gefehlt, mein Schreibtisch steht nur strategisch günstig am Fenster, dass ich von Zeit zu Zeit einen Blick hinaus auf die Straße werfen kann. Und just bei einem solchen unbedarften Blick fiel mir mein Nachbar in seinem Tun auf. Aber ich schweife ab.
Nun als die Reinigungsarbeiten seinem prüfenden Blick standhielten, begann er einen gelben Streifen auf sein Fahrzeug zu kleben. So wirklich zur Gänze, von unterhalb des Stoßfängers vorne über die Windschutzscheibe, das gesamte Dach passierend, die Heckscheibe hinab und am hinteren Stoßfänger stoppend. Er maß und zog, er wischte und rakelte. Keine noch so kleine Blase sollte sein Werk stören. Natürlich wurde der Streifen, der über das Gesichtsfeld des Beifahrers führte entfernt, doch um des farbliche Akzentes willen, brachte er einen Schriftzug an der äußeren Kante an. Ebenso verfuhr er an der B-Säule an der Fahrerseite.
Wenn’s schää macht, dachte ich so bei mir, da sich das blau mit dem gelb recht harmonisch verhielt. Doch ich hatte da die Rechnung ohne den Mann gemacht. Als ich das Fahrzeug am nächsten Tag erblickte, waren die Blumenrabatten verschwunden, obwohl sie im männlichen blau gehalten waren.
Tja, dann gibt es scheinbar doch Autos für Männer und Autos für Frauen.