Die zweite Schlacht von Inverlochy wurde am 2. Februar 1645 ausgetragen. Von allen Schlachten, die Montrose schlug, war diese möglicherweise die bedeutendste. Seine erste war Tippermuir gewesen, wo er die Armee, die ihn aufhalten sollte, erfolgreich liquidierte. Die Truppen, mit denen er es dabei zu tun hatte, waren keine erfahrenen Soldaten und gehörten lediglich zu denen der Grafschaft. Der einzige anwesende Offizier unter ihnen, der jemals ein Schlacht aus der Nähe gesehen hatte, war Sir James Scott of Rossie, der im Krieg der Capelleti gegen die Deutschen Erfahrungen sammeln durfte.
Montroses Armee hingegen bestand aus den Veteranen der Irischen Brigade und den Highland Clansmen, die seit dem Tag, an dem sie zu laufen begannen, im Umgang mit Waffen und im Kampf unterrichtet worden waren.
Doch nicht alle Feinde waren von gleichem Kaliber. Es gab tatsächlich eine Gruppierung, die seine Position ernsthaft bedrohen konnte. Das war der Clan Campbell.
https://up.picr.de/48128956zf.jpg
Archibald Campbell, 8. Earl of Argyll
Zu jener Zeit wurden die Campbells von dem unterschätzten Marquis of Argyll angeführt. Argyll war ein fähiger Politiker, der dem Covenant (1) direkt in die Hände spielte. Obwohl er den Ständeausschuss nicht vollständig kontrollierte, wäre sein Ausscheiden ein schwerer Schlag für ihn selbst gewesen. Außerdem hatte er das alleinige Kommando über den Clan Campbell und verfügte über eine große, gut motivierte sowie hervorragend bewaffnete Streitmacht. Seine Männer waren keine untätigen Lowlander, sondern Highlander - und sie waren stolz darauf.
Hinzu kamen einige Veteranenregimenter des Covenant. Sie taten sich mit dem Heer der Campbells zusammen, so das sich etwa 3.000 Mann auf den Weg machen konnten.
Montroses Armee war nur halb so groß.
Neben seinen irischen Truppen verfügte er über Männer aus dem Clan MacDonald, einem Clan, dessen Feindschaft mit dem Clan Campbell ein offenes Geheimnis war. Außerdem zählten zu seinen Truppen Männer aus anderen Clans, wie die Stewarts of Appin und die Männer von Glengarry, Keppoch, Glencoe, MacLean, Atholl und Lochaber, von denen viele die berühmten Lochaber-Äxte (2) trugen. Alle diese Clans hegten einen Groll gegen den MacCailean Mhor und seinen Clan.
https://up.picr.de/48129893yv.jpg
Lochaber-Axt
Es gab jedoch ein Problem in der Kommandostruktur der Streitkräfte des Truppen des Marquis of Argyll. Der Ständeausschuss hatte einen General Baille zum Befehlshaber ernannt. Das führte dazu, dass Argyll Baillie für seinen Stellvertreter hielt und Baillie Argyll für den seinen. Beide Männer verabscheuten sich auf den ersten Blick und untergruben ständig die Autorität des jeweils anderen.
Argyll wusste, dass sich Montrose in Lochaber aufhielt, und überdies, dass der sich dort nicht lange aufhalten konnte, weil ihm die Nahrungsmittel auszugehen drohten. Also beschloss Argyll, Montroses Route nach Norden zu folgen. Er marschierte mit seiner Armee durch Lorne, überquerte den Loch Leven mit der Fähre bei Ballachulish und schlug am 1. Februar sein Lager in Inverlochy auf, dem strategischen Zentrum der Highlands. Montrose, der in 50 Kilometer Entfernung in Kilcummin lagerte, wusste nicht, was sich hinter ihm abspielte.
https://up.picr.de/48129020rq.jpg
Denkmal für Iain Lom MacDonald
Die Geschichtsschreibung behauptet, dass es Iain Lom MacDonald, der Barde von Keppoch, war, der Montrose vor der Armee hinter sich warnte.
Montrose entschloss sich daraufhin zu seinem bisher kühnsten Schachzug. Er schlug vor, dass seine Armee eine Kehrtwendung machen und sich hinter der Armee von Argyll positionieren sollte. Diese Idee wurde von seinen Offizieren mit überwältigender Begeisterung aufgenommen und umgehend in die Tat umgesetzt.
Dieses Konzept war jedoch nicht ohne Nachteile. Ein zweitägiger Marsch durch unwirtliches Gelände, mitten im Winter, über Pfade, die manchmal knietief verschneit sein würden - das Rezept für eine Katastrophe war gefunden. Dennoch war Montrose überzeugt davon, dass das Vorhaben gelingen würde. Seine irischen Truppen waren kampferprobte Veteranen, die es gewohnt waren, unter jedweden Bedingungen zu kämpfen und zu marschieren, seine Highlander in einem solchen Klima aufgewachsen. Ferner waren sie allesamt von der Idee beseelt, gegen Argyll ins Gefecht zu ziehen.
Der Marsch dauerte 2½ Tage. Die Vorhut erreichte Inverlochy als erste, drei Stunden später tauchte der Rest der Armee auf. Das Heer schlug sein Lager am Fuße des Meall-an-t'suidhe (ein Gipfel des Ben Nevis) auf, und als sie durch die Dunkelheit hinunterblickten, konnten sie die Truppen Argylls ausmachen.
https://up.picr.de/48129064ef.jpeg
Blick auf den Meall-an-t'suidhe
Die Schlacht begann nicht sofort. Es kam zunächst zu kleineren Scharmützeln, die Montroses Vorstellung eines Überraschungsangriffs zunichte machten. Allerdings gab es zwei unerwartete Ereignisse, die beide nicht von Montroses Hand stammten. Das erste bestand darin, dass die Covenanter glaubten, sie kämpften gegen einen von Montroses Leutnants und nicht gegen Montrose selbst. Sie waren tatsächlich in der Annahme, er befände sich weiter oben im Tal. Das zweite war die Abreise von Argyll. Das Motiv dafür blieb bis heute ein Rätsel. Es ist möglich, dass Argyll in dem Glauben, sie hätten es nur mit einem von Montroses Offizieren zu tun, die Situation Baillie überlassen wollte. Das erscheint gleichwohl unwahrscheinlich, wenn man seine Antipathie gegenüber Baillie in Betracht zieht. Außerdem hatte er sich gerade erst auf den Weg gemacht, um gegen Montrose zu kämpfen, so dass es äußerst merkwürdig erscheint, dass er so schnell abreisen wollte. Was auch immer der Auslöser dafür war, sein Weggang entmutigte seine Männer.
Als die Dämmerung anbrach, wurde den Covenantern klar, dass sie es nicht mit einem kleinen Überfallkommando zu tun hatten, sondern mit der gesamten Armee von Montrose, die überdies noch von ihm selbst angeführt wurde.
https://up.picr.de/48129143nh.png
Argylls Flucht von Inverlochy
≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛ ≛
(1) Die Covenanter waren Mitglieder einer religiösen und politischen Bewegung im Schottland des 17. Jahrhunderts, dem sogenannten Covenant, die behaupteten, einen Bund bzw. eine Vereinbarung mit Gott zu haben. Sie traten für eine presbyterianisch strukturierte Kirche und für den Vorrang der Kirchenführer in religiösen Angelegenheiten ein. Die Bewegung hatte ihren Ursprung in Auseinandersetzungen mit James VI. und dessen Sohn Charles I. über die Organisation und die Lehre der Kirche. Sie weitete sich letztlich zu einem politischen Konflikt über die Grenzen der königlichen Autorität aus.
(2) Im Gegensatz zu anderen Stangenwaffen mit einschneidigen Klingen, ist die Klinge der Lochaber-Axt am Ende eines langen Stiels auf einer Seite angebunden und nicht direkt auf dem Stiel montiert. Die breite, schwere, gebogene Axtklinge konnte sogar feindliche Pferde unter ihren Reitern töten. Die Waffe wurde in erster Linie für den Einsatz gegen die Kavallerie-Infanterie genutzt. Eine Ausführung der Lochaber-Axt, die während der Französischen Revolution in Paris gefunden wurde, hatte einen Schaft, der am oberen Ende der Klinge nach hinten gebogen war.