Mallaig ist ein Fischerdorf mit etwa tausend Einwohnern, das am westlichsten Ende der Halbinsel North Morar liegt und heute das größte Bevölkerungszentrum in West Lochaber bildet. Der Name leitet sich wahrscheinlich vom gälischen Mol oder Mal ab, was schimmernd bzw. schillernd bedeutet, sowie vom nordischen vik, was mit Bucht übersetzt werden kann.
Das Dorf wurde irgendwann in den 1840er Jahre gegründet, als der damalige Lord Lovat, Besitzer des North Morar Estate, die Farm Mallaigvaig in siebzehn Parzellen aufteilte und seine Pächter ermutigte, in den westlichen Teil der Halbinsel umzuziehen und sich der Fischerei als Lebensform zuzuwenden.
Es ist weder bekannt, welche Motive dahinter steckten noch wie groß die Bereitschaft der Bevölkerung war, von den fruchtbareren, aber sicherlich überbevölkerten Siedlungen am Loch Morar und Loch Nevis, auf die rauen, windigen Grundstücke in Mallaig umzusiedeln. Feststeht jedoch, dass die Einwohnerzahl von Mallaig zwischen 1841 und 1851 von 24 auf 134 anstieg und Mallaig zur größten Siedlung der Region avancierte.
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Mallaig Harbour
Bei der Volkszählung von 1851 bezeichneten sich viele dieser Haushalte bereits als Crofter-Fischer (1). Bis 1861 gewann die Fischerei offensichtlich immer mehr an Bedeutung, denn es waren nicht weniger als 18 dieser Haushalte registriert.
Die Fischerei im 19. Jahrhundert war jedoch ein risikoreiches Geschäft. Alles drehte sich um die Heringsschwärme, auf die man sich nicht verlassen konnte, wenn sie nicht dort auftauchten, wo man sie erwartete. Die einheimischen Boote waren zu klein, um den Fischen weiter hinaus zu folgen, und wenn die Heringe im Juli nicht in Loch Hourn oder Loch Nevis auftauchten, folgten harte Zeiten.
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Loch Hourn
Im November 1881 kam es zu einer Kombination aus Sturm und Flut, die eine Reihe von Booten mitriss und einige der in Meeresnähe gebauten Häuser zerstörte. Dies traf Mallaig und Mallaigvaig schwer, die Einwohnerzahl sank bis 1891 von 170 auf 133, die Zahl der Häuser von 31 auf 28. Glücklicherweise sorgte Lovat auf eigene Kosten für Ersatzboote sowie Netze, und 1882 war der Fischfang so erfolgreich, dass täglich zwei Dampfer beladen mit Fisch, nach Oban fuhren, was den Preis pro Cran (2) auf 38 Shilling ansteigen ließ, den höchsten, der je am Loch Nevis erzielt wurde.
Die Eröffnung der Eisenbahnlinie Richtung Oban im Jahr 1880 und deren Auswirkungen auf die Fischpreise, müssen bei Lord Lovat und seinen Pächtern großen Eindruck hinterlassen haben. Wenn eine Eisenbahnlinie nach Oban dies bewirkte, konnte man sich gut vorstellen, welchen Effekt ein Bahnhof in Mallaig haben würde.
Im Jahr 1883 bemerkte der örtliche Pfarrer, dass keiner der Bewohner von Morar sich bei der Napier-Kommission beschwerte, die von der damaligen Regierung eingesetzt worden war, um die Notlage der Menschen in den Highlands zu untersuchen. Der Eigentümer sah dies mit Genugtuung. Um ihre Bemühungen zu unterstützen und ihren Wohlstand in der Fischereiwirtschaft zu fördern, hielt er es für angemessen, auf eigene Kosten ein Lagerhaus am Mallaig Pier zu bauen und es mit Salz und Fässern zu füllen.
In der ersten Novembernacht war die Bucht voll mit Heringen, einige Boote fingen bis zu 24 und 30 Crans. Dieser Erfolg begeisterte die Fischer derart, dass sich viele von ihnen mit größeren und besseren Booten sowie neuen Netzen ausstatteten.
In den Jahren 1885, 1886 und 1887 blieben die Heringsfänge aus, so dass die Fischer und Landwirte ihre Pacht nicht mehr bezahlen konnten. Obwohl sowohl der Besitzer als auch die Bevölkerung beschlossen hatten, dass ihre Zukunft in der Fischerei lag, waren die unmittelbaren Fortschritte begrenzt. Es ist verständlich, dass Lovat die Eisenbahn nach Mallaig bringen wollte. Es war ein Weg, die Zukunft der Gemeinde, der Fischereiindustrie und seiner eigenen Investitionen zu sichern.
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Der neue Hafen lag viel näher an den Fischgründen westlich von Barra als die anderen Eisenbahnknotenpunkte in Oban und Kyle of Lochalsh, so dass es den Fischereifahrzeugen möglich war, ihre Fänge schneller auf den Markt zu bringen. Als Teil der Eisenbahninfrastruktur war ein Wellenbrecher aus Beton errichtet worden, der Fisch wurde direkt am Kai in Eisenbahnwaggons verladen, um nach Süden transportiert zu werden.
Wie es der Zufall wollte, fiel die Eröffnung der Strecke mit der Umstellung der Fischereiflotte von Segel auf Dampf zusammen. Die Dampfschiffe waren nicht so wetterabhängig wie die Segelschiffe, und, was für Mallaig und seine Eisenbahn wichtig war, sie mussten mit Kohle versorgt werden, die über die neue Eisenbahnlinie nach Norden gebracht werden konnte.
Schon bald wurde der Hafen von Mallaig von weit mehr Schiffen genutzt als erwartet. Mit dem Bau einer Fischereiplattform auf der Landseite des Eisenbahnpiers begann auch die Erweiterung der Kaianlage.
Zu weiteren Verbesserungen kam es zwischen 1908 und 1915, als eine hölzerne Anlegestelle den Raum zwischen dem Eisenbahnpier und dem gemauerten Lovat-Pier überbrückte.
An der felsigen und exponierten Stelle auf der Seeseite des Eisenbahnpiers wurden mehrere Kippschuppen und etwa dreißig Holzhütten errichtet, die als Unterkunft für Wanderfischer dienten. Diese waren in den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts so spartanisch, dass dieser Teil von Mallaig den Namen Chinatown erlangte.
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(1) Crofting ist eine spezielle Form der Landpacht in Schottland. Als Crofter wurden Landwirte bezeichnet, welche in Pachtform zur Verfügung gestelltes Land zu bestimmten Bedingungen nutzen konnten.
(2) Das Cran war ein englisches Volumenmaß. 1 Cran entsprach 700 frischen Heringen.
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