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Die kargen Ruinen von Castle Tioram stehen auf der Gezeiteninsel Eilean Tioram in der Nähe jener Stelle, an der der River Shiel in den Loch Moidart einmündet.
Man erreicht die Burg über eine etwas mehr als drei Kilometer lange, schmale und holprige Singe Road (1), die die ebenfalls einspurige A861 am nördlichen Ende der Brücke über den River Shiel verlässt, die sich wiederum am Ende des Dorfes Acharacle befindet.
Castle Tioram wird Cheerum ausgesprochen. Überdies existieren eine ganze Reihe von Variationen des Namens, diese reichen von Casteal Tioram auf einigen Ausgaben der Ordnance Survey-Karten (Wanderkarten) bis hin zu Castle Tyrrim, Castle Tirrim, Castle Tiorim, und sogar, wie man in David MacGibbons und Thomas Ross' 1892 veröffentlichtem Handbuch der schottischen Burgen nachlesen kann, Castle of Ellan-Tirrim, was vermutlich der Ursprung von Eilean Tioram ist.
Die Nebenstraße endet an einem Parkplatz im Wald unmittelbar hinter der Küste. Von hier aus ist es lediglich ein kurzer Spaziergang am Strand entlang, dann über die Landzunge zwischen der Insel und dem Festland. Bei der Überquerung derselben sind allerdings die Gezeiten zu berücksichtigen.
Es mangelt nicht an Schildern, die auf die anderen Gefahren hinweisen, wenn man sich der Burg zu sehr nähert, nicht zuletzt wegen des Einsturzes eines Teils der Nordwestmauer, der die Erkundung auf dieser Seite der Burg zu einer riskanten Angelegenheit macht.
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Wenn man an der Nordostseite der Burg vorbeikommt, an der sich das einzige Tor befindet, ist die Nähe zu einem steilen Abhang zu den Felsen darunter jedenfalls alles andere als offensichtlich. Dies ist eine Stelle, an der äußerste Vorsicht geboten ist. Der Zugang zum Inneren der Burg wird durch das verschlossene Tor verhindert, an dem sich ein weiteres Warnschild befindet. Bei unserem Besuch im Sommer 2012 war dieses jedoch nicht abgesperrt, der Zugang somit möglich, so dass wir hineingingen, um ein paar Fotos zu machen. Ratsam ist es jedoch nicht. Es gibt hier mehrere Gefahrenquellen, die ernst genommen werden sollten. Pflanzenbewuchs, der aus den Mauern herauswächst, ist ein sicheres Zeichen für Instabilität. Ein noch deutlicherer Beweis sind in Form von heruntergefallenen Steinen auf dem Boden zu finden.
Das Innere der Anlage ist wesentlich größer, als es von außen den Anschein erweckt.
Castle Tioram besteht aus einer unregelmäßigen, fünfeckigen Vorhangmauer, die direkt auf den Felsen des höchsten Teils von Eilean Tioram errichtet wurde.
Der Großteil des Innenraums setzt sich aus einem stark bewachsenen Innenhof, der sich über mehrere Ebenen erstreckt, zusammen. An die Innenseite der Ringmauer wurden zwei Gebäudekomplexe angebaut. Deren Existenz wird durch Strukturen angedeutet, die oberhalb der Mauer in Ansichten von der Außenseite der Burg auftauchen.
Die größte Überraschung ist freilich die schiere Größe von Castle Tioram.
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Die früheste bekannte Befestigung in diesem Gebiet war ein Fort aus der Eisenzeit, dessen Überreste noch heute zwei Kilometer südlich in Shielfoot am River Shiel zu sehen sind. Eine Gezeiteninsel mit einem felsigen Gipfel sowie einem nahegelegenen, geschützten Strand, der ideal für Schiffe war, hätte jedoch unweigerlich einen attraktiven Verteidigungsstandort geboten. In Form einer bronzenen Hängeschale aus der Zeit um 600, die heute im West Highland Museum ausgestellt ist, wurden Beweise für eine frühe Besiedlung gefunden.
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Shielfoot Torr
Die Ursprünge der heute zu sehenden Struktur gehen auf die Erbauung einer Burg um 1200 zurück. Diese bestand aus einer Ringmauer, die dem heute noch erkennbaren unregelmäßigen Grundriss folgte, allerdings wahrscheinlich von etwas geringerer Höhe war, denn es gibt Hinweise darauf, dass die Mauern später erhöht wurden. Der Zugang erfolgte durch das tonnengewölbte Tor, welches noch heute den einzigen Zugang bildet.
In den folgenden vier Jahrhunderten wurde die Anlage mehrfach umgebaut und erweitert, wobei die meisten dieser Veränderungen die Innenräume betrafen, so dass die Grundform der ursprünglichen Erbauer vor rund achthundert Jahren noch immer erkennbar ist.
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbte Christina MacRuari Ländereien in diesem Gebiet, und die Insel taucht erstmals in einer Urkunde auf, in der Christina Arthur Campbell die Nutzung der Insel, vermutlich mitsamt ihrer Burg, als Gegenleistung für die Bereitstellung einer zwanzigköpfigen Galeere sowie der Männer, die diese rudern sollten, wann immer sie sie brauchte, überließ. Christina vererbte die Insel später ihrem Halbbruder Ruari. Dessen Tochter Amy MacRuari, die geschiedene erste Frau von John of Islay, Lord of the Isles, erlangte sie danach.
Amy scheint Castle Tioram auf den neuesten Stand gebracht zu haben, indem sie die vorhandenen Holzgebäude im Innenhof durch einen steinernen Wohnturm ersetzte, der heute das Herzstück der südöstlichen Anlage bildet. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden zu dieser Zeit auch die Mauern erhöht und Zinnen hinzugefügt.
Nach ihrem Tod ging das Gelände in den Besitz von Ranald, dem ältesten Sohn von Christina und John of Islay, über. John of Islay war zu diesem Zeitpunkt mit Prinzessin Margaret Stewart, der Tochter des künftigen Königs Robert II., verheiratet. Ranald avancierte in der Folgezeit zum ersten Chief des Clan MacDonald of Clanranald, und Robert II. beurkundete im Jahr 1373 die Verleihung des Castle of Elantyrim an ihn.
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Wappen der MacDonalds of Clanranald
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(1) Eine Single Road ist eine sehr schmale Straßen mit kleinen Ausweichbuchten für den Gegenverkehr. Auf diesen teilweise kurvigen Straßen unterwegs zu sein, gleicht oftmals einem Abenteuer. Man ist nach jeder nicht einsehbaren Kurve bzw. Kuppe vor Überraschungen nicht gefeit. Volle Konzentration ist daher erforderlich.