Sprachlos starrte Moni sich im Spiegel an. Kaum zu glauben. Die lockige Haarpracht hatten die fleißigen Hände zu einer modernen Hochsteckfrisur umgestaltet. An den Seiten umspielten jeweils lange Schillerlocken ihr aufregendes Dekolleté. Durch das Make-up sah sie mindestens 15 Jahre jünger aus. Uwe trat hinter sie, ein perfekt gestyltes Glamourpaar strahlte um die Wette. In seiner Hand hielt er einen kleinen Karton.
„Du bist bezaubernd, einzigartig schön! Schließe deine Augen, mein Engel“. Zärtlich küsste er sie in den Nacken. Uwe legte vorsichtig ein Collier mit fünf funkelnden Diamanten um ihren Hals. Zwei kleine ineinander verschlungene Kristallherzen bildeten den Anhänger. Fassungslos fuhr sie mit ihrer Hand über das Schmuckstück. „Für jeden Monat, den ich mit dir zusammen sein darf, gibt es einen Brilli. Wie findest du diese Idee?“
„Total verrückt mein lieber Uwe-Schatz. Die Kette ist der absolute Hammer!“ Sie stand auf, vorsichtig küssten sie sich. „Stopp, stopp, der Lippenstift!“ Alle lachten, Moni setzte sich zurück auf den Stuhl, damit Irina die Lippen nachmalen konnte.
Die Tür ging auf, der große Moment war gekommen. Moni legte den berühmten Schalter um, wie fremdgesteuert lächelte sie in die Kameras und Fotoapparate der Presseleute, welche vor der Tür schon lauerten. In der Aula trudelten nach und nach die geladenen Gäste ein. Ärzte, Professoren, Banker und Politiker gaben sich die Hand. Draußen wimmelte es von Sicherheitspersonal sowie Polizisten.
Georg und Rita standen wartend, ebenfalls fein herausgeputzt, an einem kleinen Stehtisch. „Weißt du wie viel Geld hier rumsteht“, raunte Georg.
In dem großen Festsaal ging das Licht an, Musik ertönte, die Menschenmenge machte sich auf den Weg. Das Moderatorenpaar kam vorbei, um mit Uwe noch ein paar organisatorische Fakten durchzusprechen. „Und dann kommt die Kamera, von vorne, das wäre dann der Moment...“ Fragend schaute Moni zu ihrem Schatz, der hielt sich den Finger an den Mund. „Psst, Überraschung.“ Noch während sie grübelte, was damit gemeint war, begleitete ein sehr freundlicher Herr sie zu ihrem Platz. Die Eröffnungsrede hielt der Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi. Bei der ersten Unterhaltungsshow zeigte ein Magier sein Können. Moni flüsterte, „Uwe-Schatz ich muss aufs Clo. Gehst du bitte mit mir?“
Geschickt führte Uwe seine Herzdame nach draußen. „Ich bin so aufgeregt, bitte lass mich niemals hier alleine.“ Uwe küsste sie und versprach ihr, den ganzen Abend nicht von der Seite zu weichen. Bei Irina tranken sie einen Espresso und ein Glas Wasser.
Nach einem Marsch der Stadtmusikkapelle Innsbruck wurden sie zusammen mit Georg und Rita auf die Bühne gerufen. Schnell schaute sie auf die Uhr, kurz nach acht. Das war der Moment der Liveschaltung. Uwe drückte ihre Hand und zwinkerte ihr aufmunternd zu.
Moni holte tief Luft, dann schritt sie, wie man es ihr beigebracht hatte, zusammen mit Uwe die Treppen empor. Sie hörte das Raunen, welches durch die Menge ging. Es machte ihr tatsächlich Spaß. Sie warf den Kopf in den Nacken, strahlte ihr schönstes Lächeln.
Durch die vielen Scheinwerfer war es mächtig heiß da oben. Schnell wurden ihre Hände feucht, sie spürte den Schweiß auf der Stirn. Nach den üblichen Begrüßungsfloskeln wurde sie dem österreichischen Publikum vorgestellt. Es war ihr erster Beifall bei einem öffentlichen Auftritt. Sie nickte leicht. Jemand hielt ihr das Mikro unter das Kinn, Uwe drückte ihre Hand. „Vielen herzlichen Dank, danke schön. Es freut mich sehr, bei so einem wichtigen, sozialen Projekt dabei sein zu dürfen.“ Noch mehr Beifall ertönte, sie lächelte. „...Freuen wir uns, Ihnen mitzuteilen, ach Herr Dr. Ortner, übernehmen Sie selber?“ Der Moderator überreichte ihm lächelnd das Mikrofon, die Fernsehkamera schob sich direkt vor ihre Nase.
„Meine hochverehrten Damen und Herren, liebe Freunde, Kolleginnen und Kollegen.“ Verliebt blitzten Uwes Augen. „Hiermit möchte ich offiziell meine Verlobung mit meiner Herzdame Moni verkünden.“ Jetzt verschlug es ihr doch noch die Sprache. Die Kamera zoomte an ihre Halskette heran. Wie vom Blitz getroffen stand sie da. Der Chefarzt gab ihr in aller Öffentlichkeit einen leidenschaftlichen Kuss. Die Menge tobte. An die nächsten Stunden konnte sie sich nur schemenhaft erinnern. Vermutlich stand sie unter Schock.
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Käthe und Kim hielten bei dieser Szene ebenfalls die Luft. Die Mädels saßen bequem auf der Couch und mampften die Schinkenhörnle. „Oh ha, meine arme Mama. Scheint ne Überraschung gewesen zu sein. Huiuiui.“ Kim gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. Franz grinste breit. „Des gfreit mi.“
Die Liveschaltung dauerte nur zehn Minuten, danach gaben sie die Fernbedienung an Franz. Vergnügt rannten sie nach oben, um die gemeinsame Zeit mit musizieren zu verbringen.
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Kurz nach Mitternacht lagen sie endlich im Bett. Moni fühlte sich leicht beschwipst, obwohl Uwe darauf geachtet hatte, dass sie immer wieder Pausen einlegten, um Kaffee oder Wasser zu trinken. Er hielt sein Versprechen, er hatte seinen Engel keine Sekunde aus den Augen gelassen. Den ganzen langen Abend nicht. Sie sprachen kurz über Robert, der sich gegen Ende der Veranstaltung ein wenig daneben benommen hatte. Vermutlich zu viel Alkohol. Erschöpft fiel Moni in einen tiefen Schlaf.
Langsam öffnete sie die Augen, ihre Hand tastete nach rechts, doch das Bett war leer. Der Wecker zeigte ihr die Zahlen 10:30. Glücklich darüber, dass sie weder Kopfschmerzen noch irgendwelche schlimmen Träume hatte, lief sie in die Küche, um Kaffee zu holen. Mit einer großen Tasse und dem Handy kuschelte sie sich zurück ins gemütliche Bett.
Sie tippte eine Nachricht an Uwe: Hallo mein Verlobter, hast du senile Bettflucht? Bringst du Brezeln mit? Kussi. Keine fünf Minuten später klingelte er durch. „Guten Morgen mein Engel, du bist gut drauf? Das freut mich aber sehr.“ „Mhmm“.
„Ich bin in spätestens 20 Minuten bei dir“. Moni telefonierte in der Zwischenzeit mit Lina und mit Käthe, da hörte sie auch schon die Eingangstüre.
Mit frisch gepresstem Orangensaft und duftenden Brezeln stand Uwe im Zimmer. Grinsend hob Moni ein wenig die Bettdecke, um sich zu zeigen. „Also ich bin ja nackig“, dann zog sie sich die Decke über den Kopf. Schnell schlüpfte der Chefarzt aus seiner Kleidung und verschwand im Bad. Nur wenige Minuten später schmiegte er sich an seine Herzdame. „Sag mal, wie kommst du denn auf eine Verlobung?“ Endlich hatten sie Zeit, in Ruhe über den vergangenen Abend zu reden. „Freundin oder Lebensgefährtin fand ich nicht passend. Verlobte, das hört sich wichtig und ernst an, finde ich zumindest. Denn ich liebe dich unendlich, mein Engel. Noch nie habe ich eine Frau so geliebt wie dich!“
Moni fiel nichts passendes darauf ein, daher küsste sie ihn mit aller Leidenschaft. Sie verloren sich in ihrer Lust und vergaßen die Welt um sich.
Die Wohnung war notdürftig aufgeräumt, die Reisetaschen gepackt. Gut gelaunt fuhren sie nach Montan. Leider regnete es in Strömen, doch die Turteltäubchen saßen strahlend im Auto.
Käthe stürmte auf ihre Mama zu und fiel ihr in die Arme. „Mami, Mensch was war denn das gestern? Euer Auftritt war der Oberhammer! Ich dachte an Hollywood, ehrlich Mama. Du warst die schönste Frau von allen!“ Sie lachte Moni an, dann zwinkerte sie Uwe zu. „Kann ich bald Stiefpapa zu dir sagen, oder wie?“ Uwes Wangen verfärbten sich sofort rötlich. „Das wär doch eine schöne Idee,“ auch er nahm Käthe herzlich in seine Arme.
Tina und Max kamen mit den Kindern auf einen Kaffee vorbei. Sie saßen alle zusammen an dem großen Tisch. Lara und Linus belagerten wie immer ihren Onkel. Rita wirkte ein wenig blass um die Nase, doch auch sie plapperte ohne Punkt und Komma. „Es war ein anstrengender, aber wundervoller Abend, nicht wahr meine liebe Moni?“ Die Frauen zwinkerten sich zu.
„Bis später, wir gehen jetzt in den Stall. Mein Engel, bist du dir sicher, dass du kein Pferd haben möchtest?“ Moni schüttelte den Kopf, „Auf keinen Fall.“ Grinsend zog Uwe mit seinem Vater davon. Es gab einiges mit Karl und Franz zu besprechen, bevor sie den vierjährigen Lipizzaner namens Rondo abholen würden.