Gestresst und genervt spazierte Moni durch den Park. Es dämmerte bereits, ein kühler Wind wehte ihr um die Nase. Eine seltsame Leere hatte sich in ihr ausgebreitet. Sie würde alles darum geben, wenn sie sich doch endlich an den Unfall und an die Tage zuvor erinnern könnte. Sie lief über eine Stunde durch den inzwischen im dunklen liegenden Park. Sehnsüchtig dachte sie an ihren verstorbenen Mann. Er fehlte ihr so sehr. „Herbert, was ist bloß passiert,“ murmelte sie leise zu sich selber.
Sie setzte sich auf eine Bank, nahm ihr Handy und blätterte durch das digitale Fotoalbum. Die Bilder von Urlaub in Toblach und der Wanderung schaute sie sich lange und intensiv an. Die echten Erinnerungen jedoch blieben aus. Sie vergrößerte das Foto von ihrem Herbert, ihrem geliebten Mann, streichelte mit dem Finger darüber. Dann fing sie bitterlich zu weinen an.
Mit schnellen Schritten eilte Dr. Uwe Ortner Richtung Wohngebäude. Bei der OP war alles wunderbar verlaufen. Das kleine Blutgerinnsel hatte er schnell entfernt. Das umliegende Gewebe war nicht in Mitleidenschaft gezogen. Was für ein großes Glück. Der Patient hatte eine Drainage am Schädel, so dass restliche Flüssigkeit austreten konnte. Diese Nacht hatte er Notdienst, falls es Komplikationen gab. Doch der Arzt war zuversichtlich und freute sich jetzt auf einen schönen Abend mit seiner Moni.
Die Wohnung lag im Dunkeln, die Rollladen waren noch oben. Uwe schmunzelte, er dachte daran, wie er seine Herzdame sanft mit seinen Küssen wecken würde. Doch schnell stellte er fest, dass das Vögelchen ausgeflogen war. „Mhmm komisch“, murmelte er leise. Auch telefonisch erreichte er Moni nicht. Er aß ein großes Stück Käse und einen Apfel, knipste die Kaffeemaschine an, dann wählte er Roberts Nummer.
„Uwe! Was hast du denn für ein Glück? So einen ungeschliffenen Diamanten zu finden? Du bist ein echtes Goldkind.“ „Hallo Robert, ja danke, da hatte ich echt großes Glück. Wie war der Termin? Positiv?“ „Sie ist ein harter Brocken, hast du noch nicht mit ihr gesprochen?“
„Nein, sie ist noch nicht daheim.“ „Wir müssen uns unbedingt zu dritt treffen, da wir nur eine Übergangslösung gefunden haben. Richte ihr doch bitte einen lieben Gruß aus und kommt doch mal abends auf ein Bierchen vorbei.“
Nach einer erfrischenden Dusche zog er sich den Trainingsanzug an, den Moni so sehr liebte. Scheinbar sah er darin so gewöhnlich, aber verdammt gut aus. Mit seinem inzwischen kalten Kaffee in der Hand zappte er durch die Programme, als er endlich das erlösende Geräusch der Haustüre hörte. Schnell sprang er auf. „Mein Engel, ich habe dich vermisst!“ Sie küsste ihn liebevoll, „Uwe Schatz ich musste alleine sein, nachdenken, dabei bin ich dreimal durch den Park getrottet“. Sie lachte laut und schrill. In Uwe kroch das Gefühl von Angst hoch, er schluckte laut. „Alles ok?“
„Nein, ich möchte endlich meine Erinnerungen zurück. Manchmal habe ich das Gefühl, nicht ich zu sein. Und dann die Sache mit dem Geld. Ich bin einfach noch nicht so weit. Lass mir bitte Zeit für alles, ja?“ Uwe nahm sie liebevoll in den Arm und nickte.
Moni kuschelte sich auf der Couch an seine Seite. „Mein Engel, soll ich uns eine gute Flasche Wein holen?“ „Nein, heute nicht. Morgen ist doch die Blutabnahme. Noch dazu bin ich furchtbar müde. Lass uns einfach schlafen.“
***
Pfeifend putzte Olga die Küche. Immer wenn sie daran dachte, dass Moni bald hier einziehen würde, bekam sie sofort gute Laune. Sie liebte diese Frau beinahe wie eine Mutter. Ihre Gefühle hatte sie Käthe anvertraut, doch es machte ihr nichts aus. Sie war weder böse noch eifersüchtig.
Aber noch glücklicher war sie, wenn sie an Stefan, den Orgelspieler dachte. Sie liebte es, wie er auf dem Stuhl saß, wie seine zarten, flinken Hände auf den Tasten umher schwebten. Vor allem liebte sie es, wie selig er dabei schaute. Einmal pro Woche trafen sie sich im Gasthof. Mit ihm konnte sich Olga gut unterhalten, sie hatten so viele Themen. Immer wieder brachte Stefan sie zum Lachen, trotz seiner zurückhaltenden Art, gerne nahm er dabei ihre Hand und streichelte sie. Dann schwebte sie im siebten Himmel. In der Silvesternacht hatten sie sich sogar einen Kuss auf die Wange gehaucht.
Franz, der Knecht freute sich ebenfalls auf Moni. So eine freundliche und sympathische Frau, die Kühe genauso sehr liebte wie er. Viele Stunden hatten sie schon gemeinsam im Stall bei den Tux Zillertaler verbracht. Moni hatte Spaß am Melken und streichelte so gerne die großen, manchmal aggressionsfreudige Tiere. Diese alte Rasse war vom Aussterben bedroht, daher hatten Tina und Georg mit deren Zucht begonnen.
Moni reagierte völlig entspannt, wenn sie schmutzig wurde, oder wenn sie den Kuhmist im Gesicht hängen hatte. Sie war sich auch nicht zu schade, richtig mit anzupacken. Was für eine tolle Frau. Es war unglaublich schön, dass sie mit Uwe auf den Hof zog.
Selbst Rita freute sich auf Verstärkung für den Hof, denn sie wurde auch nicht jünger. Vielleicht könnte sie mit Georg ab und zu ein paar Tage verreisen?
***
Der Wecker klingelte sehr früh, Moni betrachtete den noch schlafenden, halb aufgedeckten Mann neben sich. Seinen großen, breiten, muskulösen Männerkörper zierten von oben bis unten viele dichte, kleine, schwarze kringelige Härchen. Sie liebte diesen Anblick, sofort begann es in ihrem Körper zu kribbeln und eine angenehme Hitze breitete sich aus. Schnell kuschelte sie sich nah an ihren Uwe-Schatz. Liebevoll streichelte sie über seinen Rücken bis zum knackigen Hintern, zupfte dort frech an den Härchen. „Mhmm, ein echter Kerl!“ Seufzte sie verliebt, „Guten Morgen, bist du schon fit?“ Lustvoll flüsterte sie ihm leise ins Ohr, spielte dabei vorsichtig mit ihrer Zunge.
Uwe drehte sich langsam um, fand ihre einladenden Brüste und knetete sie zärtlich. Er stöhnte auf, „Mein Engel, du fühlst dich so gut an“. Die Leidenschaft zog sie schnell in ihren Bann. Schwebend, zufrieden und glücklich flogen sie in kürzester Zeit auf Wolke sieben. „Oh mein Liebling, wie wunderbar, dich bei mir zu haben“.
„Ja, diese Gefühle mit dir, so einzigartig wunderschön!“
Sie lächelte ihn liebevoll an, dann küssten sie sich noch einmal lange und innig.
„Ich koche uns heute ein leckeres Mittagessen, ja? Kannst du bitte pünktlich da sein? Danach spazieren wir zu unserem Termin, ok?“ „Dein Plan ist toll! Ich liebe dich!“ Damit war der Schatz in Weiß verschwunden. Moni atmete tief durch. Sie hatte jetzt schon Bammel vor der Kostümprobe, wie Georg es nannte. Er würde mit seiner Rita ebenfalls beim Termin dabei sein. Schließlich benötigten alle eine neue Abendgarderobe für dieses wichtige Ereignis. Moni wurde es ganz schlecht, wenn sie nur daran dachte.
Eine Benefiz-Gala. Huuuuuu. Noch dazu an der Seite des Mannes, der dies alles ermöglichte. Oh mein Gott. Glitzerndes Rampenlicht, Öffentlichkeit. Das war neu, fremd und irgendwie unheimlich.