Der Regen trommelte laut auf das Autodach. Uwe streichelte Monis Hand. „Mein Engel, du wolltest mir gestern noch was sagen.“
„Ja stimmt. Ähm, es geht um Geld. Kannst du mir welches geben?“
Uwe lachte, „Na klar, wie viel benötigst du?“
„So ungefähr 850.000 Euro!“, antwortete Moni vorsichtig.
„Wie bitte? Warum das denn?“
Das Lächeln wich aus seinem Gesicht.
„Mit dem Geld möchte ich die Immobilie kaufen, die Tom gefunden hat, so dass wir nicht abhängig von einem Vermieter sind.“
Uwes Hals trocknete in Sekundenschnelle aus. Er starrte seinen geliebten Engel ungläubig an. „Das ist nicht dein Ernst, oder?“ Es war ein heißeres Flüstern, mehr nicht.
Trotzig antwortete Moni: „Ich dachte immer, Geld sei kein Problem.“
Uwe reagierte übertrieben wütend und packte sie am Handgelenk. „Sagamal! Es geht mir doch nicht ums Geld! Weißt du denn gar nicht wie weh du mir damit tust?“
„Mit einem Strickcafé?“ Energisch löste sie sich aus seinem Griff.
„Ach! Scheiße!“
Es kehrte wieder Ruhe ein im Wagen. Die restliche Fahrt verbrachte Moni mit ihrem Strickzeug. Uwe telefonierte mit Victor und starrte Ergebnisse und Befunde auf seinem Tablet an.
Mit ein wenig Verspätung parkte Jan Rudel die Limousine vor dem Friedhof. Uta stand schon am Eingang im Regen. In der einen Hand hielt sie den großen Kranz, in der anderen einen überdimensionalen Regenschirm.
Beim Aussteigen raunte Uwe: „Deine Bankkarte verfügt über kein Limit, das weißt du ja. Du kannst dir damit alles kaufen, was du dir wünscht. Das gilt auch weiterhin.“
„Danke.“
***
Trotz des leichten Gewitters lief Käthe mit Bruno die große Runde am Inn. Sie hatte schon früh am Morgen zwei Kuchen gebacken. Einer davon war für die Station K1, Georg hatte sie darum gebeten. Sie würde den Schokokuchen heute Nachmittag vorbei bringen, so konnte sie auch gleichzeitig Rita besuchen. Unterwegs wählte sie die Nummer von Klara, um ihrem Stief-Großvater zum Geburtstag zu gratulieren.
Im Nachhinein tat es Käthe leid, dass sie nicht mit in ihre Heimat fahren konnte. Aber Kim war heute damit beschäftigt, die neuen Bücher einzubinden, das Schreibzeug zu sortieren sowie zu vervollständigen. Noch dazu musste sie dringend ihre Mutter baden, schließlich war sie für den Spätdienst eingeteilt. Uwe hatte sie erst vor zwei Tage darum gebeten. Zum Schluss telefonierte Käthe mit ihrer Schwester Lina. Diese schwärmte von ihrem neuen Freund Simon. Sie hörte ihr geduldig zu. Dann erinnerte sie Lina: „Denk daran, Adolf anzurufen, er hat heute Geburtstag. Klara meint, es wäre sein letzter!“
„Warn mir net eiglaade?“
„Ach Lina, wärst du wirklich gefahren?“
„Ha, nadierlich!“
Käthe verdrehte die Augen, zog an Brunos Leine und eilte wieder zurück nach Hause in die Stadtvilla. Seit zwei Tagen hatte sie keine Zigarette mehr angerührt, sie war unglaublich stolz darauf.
***
Nach dem traurigen Besuch an Herberts Grab, bei dem Moni sehr lange geweint hatte, fuhren sie nun Richtung Andy und Tom. Uta würde in der Zwischenzeit zusammen mit Klara die kleine Feier für Adolf vorbereiten und sich um ihre Hunde kümmern.
Moni und Uwe wurden sehr herzlich empfangen. An der Haustüre waren Willkommensgirlanden und viele Luftballons angebracht. Durch das Unwetter musste das Sommerbuffet leider nach innen verlagert werden. Uwe lernte nun endlich alle Freundinnen kennen, sowie die Partner dazu. Auch Roli war eingeladen und stand zusammen mit Tom, Andys Mann, etwas abseits.
Uwe probierte sich durch die vielen angebotenen Leckereien. Der Nudelsalat war ohne Mayonnaise zubereitet, der Wurstsalat ohne Zwiebel, genau so, wie er es liebte. Moni zwinkerte ihm zu: „Ich habe ihnen Beschied gegeben. Extra für dich, mein Uwe Schatz.“ Er lächelte, küsste sie liebevoll auf die Stirn. „Das freut mich wirklich sehr, danke!“
Moni ließ ihn stehen und marschierte in die Küche, wo Sandra und Claudi gerade damit beschäftigt waren, die Sektgläser zu befüllen. „Kann ich euch helfen?“
Mit seinem gefüllten Teller setzte sich Uwe zu Tom auf die Couch. Sie begrüßten sich schüchtern. Aus den Augenwinkeln musterte Uwe ihn. Tom schien ein unauffälliger, ruhiger und gepflegter Mensch zu sein. Die Männer kamen langsam ins Gespräch und tatsächlich freundeten sich die beiden schnell an. Von Moni wusste Uwe, dass Tom Manager einer bekannten Stuttgarter Bank war. Allerdings sah man ihm das überhaupt nicht an. Sie redeten über Aktien, Finanzen, Politik und der allgemeinen wirtschaftlichen Situation in Europa. Uwe mochte Toms scheuen und zurückhaltenden Charakter. Gleichzeitig wirkte er durch sein Wissen und die Art, wie er sich ausdrückte, sehr intelligent.
Auch Tom war von seiner neuen Bekanntschaft rundum begeistert. Seine Frau hatte ihm erzählt, dass er ein berühmter und erfolgreicher österreichischer Gehirnchirurg mit eigener Privatklinik war. Noch dazu richtig vermögend. Doch Uwe zeigte sich weder eingebildet, arrogant oder überheblich, sondern eher als ein freundlicher, angenehmer und gebildeter Mensch mit äußerst gutem Benehmen. Vor allem hatten die Männer viele gleichen Ansichten und Meinungen.
Moni und ihre Freundinnen lachten und quasselten. Zeigten sich gegenseitig die neuen Strickmodelle und blätterten vergnügt in den Zeitschriften und Anleitungen. Das Strickcafé oder die Immobilie wurden nicht erwähnt. Die Zeit verging wie im Flug und schnell hieß es wieder Abschied nehmen.
Kurz vor halb drei saßen Moni und Uwe im Wagen. Jan Rudel fuhr langsam durch Monis Heimatdorf.
„Mein Engel, ich muss schon sagen, das sind tolle Menschen und Freunde, die du da hast. Tom ist ein super Kerl!“ Moni kuschelte sich an Uwes Seite. Sie saugte die Worte dankbar ein und nickte.
Aufgeregt rannte Klara die Treppe herunter und öffnete die Tür. „Moni, da bisch du ja endlich. Und d Herr Doktor isch aaa dabei, scheee. Los, kommet rei!“
Uwe kratzte sich am Kopf, er verstand sie einfach nicht, genauso wenig wie Lina, wenn sie diesen ausgeprägten Dialekt sprach. Freundlich gab er Klara die Hand und begrüßte sie. Im Treppenhaus roch es wieder sehr unangenehm. Wie damals, als er das Haus zum ersten Mal betrat. Es schüttelte ihn innerlich. Der Gestank war eklig. Bäh.
Moni zog ihren Uwe Schatz mit hoch in den ersten Stock. In der Hand hielt er die große Reisetasche mit den Geschenken. Er hoffte, die Zeit würde schnell vorbei gehen, schon jetzt wünschte er sich weit weg. Durch das schlechte Wetter und den vielen Wolken lag die Wohnung im Dunklen. Hier roch es streng nach eingesperrter Luft, ungewaschener Kleidung und irgendwie nach Kläranlage. Adolf saß am Tisch, vor sich ein schmutziges Weinglas und starrte die Gäste böse an. „Du hättesch nicht kommen sollen, Moni! Nicht ohne mein Sohn. Was hasch du mit ihm gemacht?“ Adolfs Stimme war laut und sein Blick irr. Moni dachte, dass es ihm ja wohl nicht wirklich schlecht gehen konnte. so wie der sich benahm!
Moni schluckte hart und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Uwe drückte ihre Hand liebevoll. Adolf blickte zu Uwe. „Und was isch des für ein hässlicher Kerl? Was will er hier?“