Die Eröffnungsfeier des Strickcafés war ein voller Erfolg. Mit so einem großen Ansturm hatte wahrlich niemand gerechnet. Die Kiste mit dem Begrüßungssekt, welchen Tom und Uwe freudig ausschenkten, war schon nach wenigen Stunden leer. Die ersten Workshops waren ruckzuck ausgebucht. Moni nahm viele Bestellungen entgegen und verteilte Prospekte mit Gratisanleitungen. Große, gefüllte Taschen mit Wolle, Zubehör und Anleitungen trugen die begeisterte Handarbeiterinnen hinaus. Manche Frauen brachten ihre begonnenen Strickwerke mit und baten um Hilfe. Andy und Conny hatten an jedem Regal einige Schnäppchenpreise, auf die sich die Leute regelrecht stürzten.
Bruno lag wie ein roter Teppich direkt an der Verbindungstür zum Café. Genau so, dass die Besucher ihn auf jeden Fall wahrnehmen mussten. Kaum einer, der ihn nicht streichelte, bewunderte oder anlächelte. Er genoss diese extreme Aufmerksamkeit und fühlte sich wie der Hahn im Korb.
Sandy, Claudi und Uta waren im Café damit beschäftigt die vielen hungrigen Gäste zu versorgen. Diese lobten die selbstgebackenen Torten und Kuchen, welche zu einem günstigen Preis verkauft wurden. Eine große Auswahl an Kaffeesorten stand bereit. Alle Getränke waren am heutigen Tag umsonst. Kein Wunder ging es zu wie in einem Taubenschlag.
Auf der Straße vor dem Gebäude herrschte ebenfalls Chaos. Roli half den interessierten Kunden beim Suchen von Parkplätzen. Moni und ihre Freundinnen waren glücklich und gestresst gleichzeitig. Abends um 20 Uhr waren alle Kuchen bis auf den letzten Krümel gegessen oder verkauft. Moni hatte ihre Töchter, Klara und Herberts Söhne eingeladen. Sogar Uwes Schwester Tina war mit den Kindern übers Wochenende nach Stuttgart gefahren, um ebenfalls ihr Interesse zu zeigen. Stolz spielte Onkel Uwe den Babysitter. Die Frauen hatten hinten im Büro eine Spielecke für die Kleinsten eingerichtet, welche ebenfalls gut besucht war.
Tom hatte die Idee, zusätzlich eine Postfiliale anzubieten, um so noch mehr Kunden anzulocken. Da die Freundinnen auch fertig gestrickte Teile wie Socken, Pullover und Accessoires anboten, würde sich durch diese Laufkundschaft eventuell der Umsatz erhöhen. So sein Gedanke.
Die ganze Familie half abends beim Aufräumen, Sortieren, Spülen und Putzen. Sie saßen noch lange gemütlich beieinander.
Monis Augen leuchteten, das Grinsen wich nicht mehr aus ihrem Gesicht. Fröhlich setzte sie sich auf Uwes Schoß und gab ihm einen lauten Kuss. „Schatz, ich bin total überwältigt von diesem Ansturm!“
Uwe lächelte liebevoll. „Ja mein Engel, das war der Wahnsinn. Damit habe ich wahrlich nicht gerechnet. Ich freue mich für euch!“ Er meinte es ehrlich, auch wenn ihm dieses Strickcafé wegen der Entfernung nach Innsbruck nicht geheuer war.
Roli stand auf, klopfte mit seiner Gabel auf den Tisch und räusperte sich. Uta strahlte ihn an.
„Ähm, liebe Leute, ich bitte um eure Aufmerksamkeit.“ Verwundert aber höchst interessiert richteten sich alle Augenpaare auf ihn. „Ich wollte euch mitteilen, dass Uta und ich... also wir sind ein Paar.“
Es hagelte es viele Glückwünsche. Das laute Lachen, die klirrende Gläser und die ausgelassene Stimmung zeigten die echte Freude der Anwesenden.
Moni nahm ihre große Schwester in den Arm. „Wie schön, Uta! Da ist ja eine wunderbare Neuigkeit. Ich wünsche euch von ganzem Herzen alles Gute.“ Uta vergoss einige Freudentränen. „Dankeschön, es tut mir so leid, dass ich mich damals von dir zurückgezogen hatte. Ich fand das mit Uwe sogar richtig schlimm. Jetzt weiß ich erst, wie wunderbar eine Liebe sein kann.“
„Kein Problem, meine Große. Wir lernen immer wieder dazu.“
***
Nur zwei Wochen später kam der traurige Anruf.
Moni saß mit Oberarzt Victor im Untersuchungszimmer und ließ sich genau erklären, was da auf sie zu kam. Schließlich sollten endlich die Platten und Schrauben aus ihrem Körper entfernt werden. Ängstlich fragte sie: „Wird es sehr weh tun?“
„Nun, der Eingriff dauert etwas länger, da du einiges an Ersatzteile in dir trägst.“ Victor schmunzelte und nahm ihre Hand. „Wir haben gute Schmerzmittel und einen fürsorglichen Chefarzt. Nach ein, zwei Wochen wird alles wieder gut sein.“
In Monis Handtasche vibrierte es ohne Unterlass. „Sorry, ich muss da jetzt ran gehen.“ Victor nickte, verabschiedete sich freundlich und zog von dannen.
„Moni! Moni, s´isch was schrecklichs bassiert!“ Klara weinte so laut ins Telefon, dass Moni sie kaum verstand. „Hallo Klara. Immer mit der Ruhe. Was ist denn los?“
Adolf hatte einen Schlaganfall erlitten. Die Ärzte wollten ihn jedoch entlassen, damit er die letzten Wochen oder Monate daheim gepflegt werden konnte. Da es ihm sehr schlecht ging, hatte man jegliche Hoffnung aufgegeben. Doch Klara und die Jungs fühlten sich mit dieser Situation total überfordert.
„Klara, bitte beruhige dich. Ich komme so schnell wie möglich. Gemeinsam werden wir eine Lösung finden. Vertraue mir. Ich bleibe bei euch, solange wie nötig.“
Moni fühlte sich verpflichtet zu helfen, denn sie wusste, dass es sonst niemanden gab. Das war sie ihrem Herbert schuldig. Sie würde sich ihm zuliebe um Adolf kümmern.
***
Während Moni ihre wichtigen Sachen zusammenräumte, um sie in den Reisetaschen zu verstauen, lief Uwe wie ein Tiger im Käfig durch die Wohnung. Er hatte die Hand vor dem Mund, sagte aber nichts. Für Bruno packte sie ebenfalls einen kleinen Koffer. Bei diesem Anblick traten ihm Tränen in die Augen. Er hatte sich fest vorgenommen, nicht zu weinen, doch dieses Vorhaben scheiterte genau jetzt.
Moni sah es aus den Augenwinkeln und hielt inne. Mit einem liebevollen Blick nahm sie ihren Schatz in die Arme.
Sie flüsterte ihm ins Ohr: „Ich muss das tun, du weißt es, bitte…“, statt einer Antwort küsste er sie leidenschaftlich. Seine Hände waren plötzlich überall, er seufzte laut. „Mhm, mein Engel“. Es dauerte keine Minute, schon fanden sie sich in ihrem Luxusbett wieder. Völlig ineinander verschlungen und die Welt vergessend gaben sich die beiden ihrem Liebesspiel hin.
„Den letzten Abend habe ich mir romantischer vorgestellt,“ Moni fuhr ihrem Schatz durch die Locken und kicherte dabei. „Das war ja ein echter Quickie“. Uwe schmunzelte frech, „Hey, das war nur der Anfang“, er kitzelte sie. „Gleich geht’s weiter!“
Doch sie entwischte ihm lachend.
Schnell schlüpfte sie wieder in ihre Kleidung, denn das gemeinsame Abendessen mit Rita, Olga, Georg und Franz, eine Art Abschiedsfeier, wartete bereits. „Komm mein Schatz, die Pflicht ruft!“
Später saßen sie draußen auf ihrem Panoramabalkon, hielten ihre Gläser in der Hand und schauten in die dunkle Nacht. Es war eiskalt, Uwe brachte eine Decke, legte sie zärtlich um Moni. Er blieb hinter ihr stehen, streichelte ihr langes Haar. „Mein Engel, ich liebe dich so sehr. Der Abschied, es tut hier so weh!“ Er fasste sich an die Brust.
Moni presste ihre Lippen zusammen. „Mein lieber Uwe Schatz. Du weißt, wir bleiben ein Paar, für immer! Ich möchte keinen anderen Mann, das weißt du doch.“
Doch in Uwes Blick lag sehr viel Traurigkeit.
„Ja klar, aber ich brauch dich doch bei mir!“ Dabei streichelte er ihre Hand und küsste sie immer wieder. „Was soll denn aus mir werden.“
„Wenn wir uns wirklich lieben, dann schaffen wir das!“ Moni trank ihr Glas leer und zog Uwe zu sich. Dann küsste sie ihn zuerst zärtlich, dann einladend und schließlich fordernd, genau so, dass ihm schwindelig wurde.