Am nächsten Morgen hatten sie verschlafen. Uwe bat Moni, ausnahmsweise heute schon mit nach Innsbruck zu kommen. Hektisch kramten beide ihre Sachen in die Taschen.
Bruno wartete brav am Wagen auf sein Frauchen, Uwe saß bereits im Auto und telefonierte mit einem der Assistenzärzte. Moni rannte noch einmal nach oben, um die vergessene Handarbeitstasche zu holen, dabei traf sie auf Georg. Der alte Mann stellte sich ihr in den Weg, neigte den Kopf zur Seite. Fragend schaute er Moni an. „Georg, es ist alles in Ordnung. Kümmere du dich um dich und um Rita. Wir schaffen das auch alleine, ja? Dein Sohn ist Mitte vierzig!“ Ohne einen Gruß wandte sie sich ab und stolzierte zum Wagen.
Schmunzelnd blickte Georg ihr nach. Moni war eine starke, mutige und selbstbewusste Frau. Das gefiel ihm richtig gut. Genau so eine Frau hatte er sich immer an seiner Seite gewünscht. Eine die sagt, was sie denkt, die die Zügel in die Hand nimmt und die Richtung bestimmt. Wunderbar! Für Uwe wünschte er sich, dass es genau so bleibt. Aber tief in seinem Inneren spürte er das Unheil drohen.
In der Klinik war derzeit viel los. Die Wander- und Fahrradsaison hatte begonnen. Dadurch häuften sich die schweren Unfälle mit Kopfverletzungen. Uwe fühlte sich zunehmend überfordert. Immer wieder stellte er fest, wie unkonzentriert er bei der Sache war. Die letzten Wochen waren auch für den Chefarzt turbulent und stressig gewesen. Er war absolut urlaubsreif.
Abgehetzt kam er eines Nachmittags für einen schnellen Kaffee zu Moni in die Wohnung. Sie war draußen im Garten und pflanzte unter Brunos wachsamen Augen einige bunte Blümlein, Stauden und Büsche. „Mein Liebling, lass uns an Ostern ein paar Tage wegfahren, nur du und ich. Ich brauche dringend einen Tapetenwechsel. Entspannung und Erholung. Wir haben eine harte Zeit hinter uns.“ Uwe küsste seine Moni zärtlich auf die Stirn.
„Wohin?“ Moni war skeptisch.
„Wohin du möchtest, bitte suche dir ein Reiseziel aus, buche uns ein schönes Hotel. Allerdings würde ich mir ein wenig Wellness wünschen. Verwöhnung für uns beide, mhmm? Aber du hast freie Auswahl,“ er machte eine ausladende Handbewegung. Moni zwinkerte ihm zu, „Stimmt ja, uns gehört die Welt, oder?“ Uwe gab ihr lachend einen Klaps auf den Po. „Du freches Ding!“
„Aber ich habe Lina versprochen, am Karfreitag beim Einzug in den Mirabellenhof zu helfen.“ „Das passt, ich habe erst ab Sonntag Nachmittag frei.“ Er gab ihr einen Abschiedskuss und verschwand wieder in Richtung Klinik. Moni nahm den Laptop, setzte sich gemütlich nach draußen und überlegte sich einen geeigneten Ort für einen Kurzurlaub. Ostern war ja schon nächste Woche. Was für eine tolle Idee von Uwe, sie freute sich sehr. Ein Traumziel, schon seit längerer Zeit, war der Gardasee. Man konnte ihn bequem mit dem Auto erreichen. Fliegen würde sie auf keinen Fall, das hatte sie mit ihrem Herbert so ausgemacht.
Moni buchte fünf Nächte in einer 95,00 m² Spa-Suite in dem Luxushotel Eala Lakeside Dream in Limone. Mit Wellnesswanne auf der Terrasse und einem sagenhaften Ausblick auf den See. Ansonsten gab es in dem Zimmer jeglichen Luxus. Uwe würde begeistert sein. Den Preis versuchte sie zu ignorieren und telefonierte mit der Rezeption. Die Dame war extrem freundlich. Sie erklärte Moni die Besonderheiten der Suite. „Es gibt sogar einen Shuttleservice, der Sie in das historischen Zentrum führt. Noch dazu gibt es weiche Bademäntel, Pantoffeln und Kuschelhandtücher.“
„Na, bei dem Preis kann man das ja auch erwarten,“ Moni erschrak selber über ihren Ton. Selbstbewusst und streng fügte sie hinzu: „Wir hätten gerne täglich einen frischen Obstkorb mit heimischen Früchten, vor allem Äpfel, auf dem Zimmer.“ „Aber sehr gerne meine Dame. Haben Sie außerdem noch einen Wunsch?“ Aus einer ihr bis zu diesem Zeitpunkt unbekannten Laune heraus, bestellte Moni einen privaten Chauffeur, Sekt und Champagner von der aller feinsten Sorte. Noch dazu Uwes Lieblingstrüffel sowie eine kleine Kiste kubanische Zigarren. Sie buchte Massagen, Anwendungen und einen Frühstückszimmerservice. Die freundliche Dame notierte sich die Informationen und Wünsche, bedankte sich und versprach Moni eine Auftragsbestätigung per E-Mail zu schicken.
„Auf welchen Namen möchten Sie buchen?“ Moni gab ihre Daten durch. „Meine Begleitung möchte inkognito reisen, ist das ein Problem für Sie?“ „Ähm nein, Diskretion wird in unserem Hause groß geschrieben.“
Zufrieden beendete Moni das Gespräch. Sie lehnte sich kichernd zurück und klappte den Laptop wieder zu. „Bruno mein Lieber, das war geil! Was wohl unser Herrchen dazu sagen wird?“ Sie nahm den Hund an die Leine und spazierte die große Runde am Inn entlang.
Ihr Weg führte sie zu Robert, ihrem Finanzexperte. Dieser reagierte total entspannt, „Servus mein Liebe, wie kann ich dir helfen? Möchtest du die Welt kaufen?“ Moni ignorierte seinen seltsamen Witz. Sie erzählte ihm von ihrer Buchung, sie war sich nicht sicher, wie man mit solchen Beträgen umgeht. „Es ist ganz einfach, du kannst mit der Partnerkarte, die ich dir damals gegeben habe, alles bezahlen. Es ist das gleiche Prinzip wie im Supermarkt, du benötigst nur deine PIN. Es gibt kein Limit, Uwe wollte es so.“ Moni biss sich auf die Unterlippe, warf ihr langes Haar zurück, nickte und bedankte sich freundlich. Aus einer weiteren Laune heraus spazierte sie anschließend beim Einwaller Fashion Store vorbei. „Für meinen Mann und mich würde ich gerne am Mittwoch einen Termin vereinbaren.“ „Aber sehr gerne Frau Ortner, oh Entschuldigung, Frau Häberle meinte ich,“ Moni grinste und zwinkerte der überaus netten Verkäuferin zu. Sie erzählte von der Reise an den See. „Wir interessieren uns vor allem für die aktuelle Bade- und Strandmode. Vielleicht noch ein, zwei schicke Kostüme fürs Abendessen.“
Die Verkäuferin verneigte sich so tief, beinahe hätte Bruno einmal über ihre Haare geschleckt. „Aber selbstverständlich, sehr gerne. Wir bereiten alles für sie vor!“
***
Heute war der Tag der großen Besprechung, die Georg angeordnet hatte. Wieder einmal waren sie zu viel zu spät dran, denn Uwe hatte sich um einen Notfall gekümmert. Moni lenkte den Wagen geschickt durch den Innsbrucker Feierabend-Verkehr. Es schien so, als würde sie hier schon ihr Leben lang wohnen. „Du bist einfach spitze, mein Engel“, Uwe streichelte ihre Schenkel, während er seinem Vater die Verspätung mitteilte. „Fangt einfach schon ohne uns an.“
„Um was geht es eigentlich?“ Moni fehlte jegliche Information. Uwe zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Genüsslich biss er in seinen roten Apfel.
Am Tisch saßen Käthe, Kim, Rita, Georg, Tina und Max. Aaron begrüßte seinen Freund Bruno überschwänglich, dabei rannten die Hunde laut kläffend durchs Haus. Moni knuddelte ihre Käthe, dann setzte sie sich schnell dazu. Georg schloss die Türe. Alle Teilnehmer blicken ihn neugierig an.
„Nun, da wir jetzt vollzählig sind, möchte ich euch meine neueste Idee, meinen Vorschlag unterbreiten.“ Moni schenkte sich Kaffee ein, nahm ein Stück vom leckeren Kuchen und begann zu essen. Sie hörte gar nicht richtig zu. Das Thema war sicherlich eine interne Familienangelegenheit. Uwe zwickte sie in die Seite und schüttelte den Kopf. „Hä? Ich habe halt jetzt Hunger“, flüsterte Moni. Käthe und Kim kicherten. Man sah an ihrem Gesichtsausdruck ebenfalls die Verwunderung über die Pflicht-Teilnahme der Besprechung.