TRIGGERWARNUNG: Es kommen Tod, Mord, und Teile einer psychische Erkrankung vor.
Hinweis: Angelehnt an den Zodiac-Killer, der vor Jahren immer bei seinen Taten einen codierten Brief der Polizei hinterlassen hatte, ist bis heute nicht gefasst worden. Ich habe diverse Berichte gelesen und habe mich mal in ihn hineinversetzen wollen. Diese in der Geschichte sind die Fakten und Tatsachen, bis auf den hinterlassenen Brief, frei erfunden.
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Bald, so bald würde er es endlich erreicht haben. Bald, schon bald, würde er am Ziel sein, seinen Lebenstraum erfüllt haben. Endlich. Er würde Ruhm ernten, würde berühmt sein, würde jeden kennen, jeder würde sein Gesicht wiedersehen. Auf Plakaten, Fotos, Zeitschriften, Zeitungen, Fernsehen, seine Stimme würde übers Land hinaus in den Nachrichten auftauchen, über soziale Medien würde man ihn verherrlichen, als den Einen, den Einzigen, den Wahren. Den Gott.
Ein Auflachen seinerseits über diese absurden Gedanken, die doch so wahr waren. Oh man.
Einmal angefangen, konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Seine Schultern bebten, sein Atmen ging stoßweise, bis er sich auf die Lippen beißen musste. Doch der Lacher ließ nicht lang auf sich warten. Die Hand auf dem Gesicht, um eventuelle Tränen zurückzuhalten. Doch einmal daran gedacht, konnte er nicht mehr aufhören.
Lautes Lachen. Er warf sich zurück und hielt sich den mittlerweile schmerzenden Bauch. Er müssten Minuten vergehen, bis er sich endlich wieder eingefangen hatte.
„Ein Mörder und Berühmtheit“, ließ er seine raue Stimme über die mittlerweile verlassende Wohnung erklingen. Ob seine Aussage eine Frage oder eine Antwort war, schien ihm selbst nicht so ganz klar. Eins stand fest: Keiner würde ihm antworten, denn immerhin war keiner hier. Nicht mehr. Wer hätte ihm denn auch antworten sollen? Mausgraue Augen fixierten die der Frau, die zuvor hier einen Kuchen vorbereitet hatte. Ihre Kehle offen, das Blut noch teilweise laufend, teilweise bereits angetrocknet. Ein toter Blick auf ihn gerichtet, schuldbewusst und wütend, traurig und hasserfüllt., doch dem er mittlerweile überdrüssig war.
Ein schneller Blick zur Wanduhr. Zehn Minuten, dann würde die Frau anfangen seine Geruchszellen zu strapazieren. Er stand auf, schob sich die Handschuhe von den Händen und warf sie in den Sack, den er zuvor vorbereitet hatte. Das Messer, die Mordwaffe, warf er hinterher. Aus dem Augenwinkel erkannte er etwas Blaues, das er ansah und schließlich grinsend anstarrte. Sein Gesicht konnte man auf dem Porzellan sehen und das gefiel ihm irgendwie. Der Henkel war verziert und nicht wie üblich abgerundet. Etwas sehr Privates der Frau, die so teilnahmslos auf dem Boden lag und sich nicht mit ihm unterhalten wollte. Oder mehr konnte.
„Das brauchst du ja nicht mehr“, flüsterte er mehr zu sich als zu ihr und packte den Gegenstand in den Sack. Mit einem Grinsen sah er auf seine stolze Sammlung, die diesmal ein wenig rar ausfiel als die der letzteren Raubzüge, in der Plastiktüte und sah sich kurz um. Das Weiß der Fliesen mischte sich mit einem Grün der Schränke und dem Braun des Bodens. Ein wenig zu viel Rot, wenn es nach ihm ginge. Das Blut schadete dem wohligen Flair in der Küche. Sah man von der Leiche ab, so würde es gemütlich aussehen, immerhin war sein heutiges Opfer eine gesellige Frau mit vielen Freunden gewesen. Deswegen musste er schnell verschwinden, denn das Vergehen würde wohl nicht lange unentdeckt bleiben. Stöhnend und doch aufgeregt zugleich packte er den Sack und hievte sich diesen auf den Rücken. Ein letzter Blick auf sein Meisterwerk, das er wie ein Kamerabild in seinem Gedächtnis verewigte, dann schritt er geräuschlos aus dem Gebäude, dann aus der Stadt.
Es dauerte eine ganze Stunde, bis er an der verlassenen Scheune angekommen war und seine Sachen dort wechselte, und sich schließlich selbst zu seinem eigenen Zuhause begab. Mit einem sorglosen Pfeifen schritt er zum Bahnhof und wartete wie jeder andere teilnahmslos und gelangweilt auf den Zug Richtung Köln.
Einen Tag später stand seine vollendete Tat bereits in der Zeitung. Genüsslich mit einer heißen Tasse Kaffee, natürlich aus dem blauen Gegenstand aus der Wohnung seines letzten Opfers, las er sich den Artikel durch und musste schnauben. Völlig falsch dargestellt von diesen unwissenden Narren von Journalisten. Viel zu neutral und sachlich. Wo waren diese Grazie und Hingabe, die ihm Mühe gekostet hatte? Auch den codierten Brief, den er wieder hinterlassen hatte, wurde zwar erwähnt, konnte aber nicht sofort entziffert werden. Gut, immerhin war das ja nicht seine erste Tat und er wartete seit Jahrzehnten drauf, dass die Polizei, die Ermittler oder wer auch sonst an diesen Fällen arbeitete, ihn endlich schnappte. Doch diese Ignoranten und Idioten sind wohl auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Wieder schnaubte er.
Geistesgegenwärtig schnappte er sich die warme Tasse und wollte einen Schluck nehmen, als er sah, wie sich durch die Wärme des Getränks ein Bild auf dem vorherigen blauen Hintergrund entwickelte. Darauf zu sehen die nun tote Frau mit einer Freundin im Arm. Er musste sich auf die Zunge beißen, um nicht laut aufzulachen. Schnell stand er auf und ging ins Wohnzimmer. Er stellte die Tasse, so wie er sie nun in den Händen gehalten hatte, in die Vitrine am anderen Ende des Raumes. Dann trat er einen Schritt zurück.
Stolz sah er seine Sammlung an privaten oder intimen Gegenständen seiner Opfer an, die er nach jeder Tat hatte mitgehen lassen. Die volle Kaffeetasse passte zwischen den Bildern, dem Schmuck, der Kleidung oder anderen Sachen einfach nicht hin. Doch es gefiel ihm, wodurch sich in ihm wieder eine Euphorie auftat. Eine bunte Mischung, und doch so herrlich anzusehen. Diese drei Schränke voller Gut waren viel zu groß für seine Wohnung, und doch würde er keinen Gegenstand jemals hergeben.
„Mal sehen, wann der erste Akt endlich vorbei ist“, sagte er und sah auf das Bild in der Zeitung. Die Wohnung der Frau war darauf zu sehen mit ein paar Beamten davor. Er lächelte.
„Und dann folgt der Zweite.“