Bahan seufzte und lehnte sich entspannt an den Baum. Er saß im dichten Gras, abseits der Menschen, die ihn jeden Tag umgaben, und genoss die Ruhe. Nur das leise Rauschen des Flusses, welcher sich ein paar Meter weiter vor ihm in das Landesinnere zog, begleitete seine Gedanken.
Er liebte die Ruhe. Er brauchte sie, vor allem, weil seine Arbeit ihm diese kaum gönnte. Ständig war er unterwegs, musste nach dem Rechten sehen und dafür sorgen, dass alles seine Ordnung hatte und auch behielt. Chaos konnte er sich nicht leisten, zu viel hing am seidenen Faden.
Gedankenverloren griff er in seine Hosentasche, holte das Klappmesser heraus und begann, den Apfel in seiner anderen Hand zu schälen.
Derzeit liefen seine Geschäfte gut. Natürlich könnte es immer besser sein, aber er musste sich – zumindest vorerst – mit dem zufrieden geben, was er hatte. Alles andere würde später kommen. Seine derzeitigen Unterfangen waren schon teuer genug. Vor allem, wenn es um die Sicherheit ging. Dafür war es nie verkehrt, Freunde in der Politik und anderen hohen Ämtern zu haben, die ihm diverse Vorteile verschafften.
Expandieren war teuer. Er brauchte mehr ausgebildete Mitarbeiter. Vor allem aber mussten sie loyal sein, doch in seinem Geschäft war es schwer, genau diese Menschen zu finden. Zu viele ließen sich mit Geld kaufen.
Daher musste er dafür sorgen, dass er davon stets genug hatte.
Doch auch Geld allein reichte manchmal einfach nicht, um die Moral hochzuhalten. Daher musste er selbst Hand anlegen. Die Versorgung musste stimmen, die Männer brauchten Pausen und Unterhaltung. Ein persönlicher Gefallen hier und dort konnte ebenfalls nicht schaden. Außerdem sorge er damit dafür, dass viele Leute ihm ebenfalls etwas schuldig waren.
Gleichzeitig hielt er die Geschäfte mit dem Ausland am Laufen. Verhandlungen, Verträge, Lieferungen von allen möglichen Gütern im Austausch gegen Dinge, die er brauchte. Das war das kleinste Übel. Auch wenn viele Verhandlungspartner sich anfangs gegen seine Forderungen stellten, aber das war mittlerweile Gewohnheit. Denn er war niemand, auf den man sich freiwillig einließ. Hier und dort die richtige „Botschaft“ sorgte dann schlussendlich dafür, dass seine „Partner“ am Ende trotzdem lieferten.
Doch was Bahu nicht leiden konnte, war, während dieser Zeit, seiner Ruhe, gestört zu werden. Diese Auszeit hatte er sich mehr als verdient, aber als er Schritte hinter sich im hohen Gras hörte, wusste er sofort, dass eine Störung dieser Ruhe unvermeidbar näher kam.
„Bahan? Boss?“
„Was gibt es, Jahuni?“, fragte Bahan und versuchte ruhig zu bleiben.
Dabei schaute er zu seinem ersten Offizier auf. Bahan sah dem Mann an, dass ihm absolut nicht wohl dabei war, seinen Boss zu stören. Vor allem, da der Mann ebenfalls wusste, wie wichtig es Bahan war, nicht gestört zu werden. Da Jahuni nun aber trotzdem zu ihm gekommen war, musste es etwas Ernstes sein.
„Die Rekruten machen wieder Ärger, Boss.“
„Die großen oder die kleinen?“, hakte Bahan verärgert nach. Das konnte er jetzt gar nicht gebrauchen, vor allem nicht so kurz vor dem nächsten Auftrag.
„Die kleinen“, antwortete der erste Offizier. „Wir haben versucht sie zur Ruhe zu bringen, aber sie weigern sich.“
„Kinder.“ Bahan stand auf, biss in den Apfel und warf den Rest achtlos auf den Boden. Dann hob er sein Gewehr auf. Als er es sich anschaute, dachte er kurz daran, den schnellen Weg zu wählen, aber das würde seinem Vorhaben nur im Weg stehen. „Bring mir den Anführer dieser kleinen Plagen. Es wird Zeit, dass wir ein Exempel statuieren. Vielleicht werden sie dann endlich ihren Befehlen Folge leisten.“
„Verstanden, Boss.“ Jahuni machte sich auf den Weg zurück ins Lager.
Bahan folgte ihm langsam und dachte daran, dass das Leben eines Warlords wahrlich nicht immer ruhig laufen konnte.
Doch es war das einzige Leben, das er sich vorstellen konnte.