Überall im Haus duftete es nach Zimt, Orangen und Vanille, gar ein wenig Amaretto lag in der Luft. Mariah Carey's "Santa Claus" lief lautstark im Wohnzimmer, während Martin die Lichterketten am Fenster befestigte. Hin und wieder war ein genervtes Fluchen zu hören, da, wie jedes Jahr, die Ketten ein einzigstes Knäuel waren.
Schmunzelnd und ein Lachen unterdrückend, stand David im Durchgang von Küche und Wohnzimmer, schaute seinem Freund beim Dekorieren zu und warf immer wieder einen Blick zum Ofen. Martin schmiss gerade aus Frust eine der Lichterketten auf den Boden und motzte diese an.
David begann laut zu lachen und hielt sich eine Hand vor den Mund.
»Hör' auf zu lachen. Das ist nicht lustig«, meckerte Martin und warf der Lichterkette noch einmal einen Blick zu, den man eigentlich nur Menschen zeigte, damit sie auf der Stelle tot umfielen.
»Tut mir leid, Schatz. Vielleicht solltest du eine Pause machen?« David lachte noch immer und deutete auf die Küche. «Komm’, ich mach’ uns ’nen Glühwein und wir probieren die Plätzchen.«
Martin schaute zu seinem Freund und nickte. Sein Blick sprach Bände, denn seine in Falten gelegte Stirn und die zu Schlitzen verengten Augen, waren noch immer präsent. »Ja, bitte. Diese blöden, verschissenen Ketten ... wie ich sie hasse«, murrte er und stieg über das am Boden liegende, unschuldige Objekt hinweg und ging zur Küche.
David stand an der Küchenzeile, holte einen Topf aus dem Schrank, befüllte ihn mit Rotwein und schaltete den Herd an. Weitere Zutaten legte er sich zurecht.
Während der Rotwein zu rauschen begann, nahm er das Blech aus dem Ofen und stellte es auf der Spüle ab. »Hmm«, brummte David und roch an den noch dampfenden Keksen. Damen-Paletten, ein altes Rezept seiner Oma. Als Kind hatte David sie schon geliebt und sie gehörten zur alljährlichen Tradition.
Arme schlangen sich um ihn herum. Sein Freund Martin sah ihm über die Schulter, um die Leckereien zu betrachten.
»Die sehen aber lecker aus. Sind das die von deiner Oma?«, fragte Martin und wollte gerade einen Keks stibitzen als David ihm leicht auf die Hand schlug. »Warte, sie sind noch weich«, bat ihn David, drehte sich um und schmiegte sich an seinen Freund. »Weißt du eigentlich, wie sehr ich mich immer auf Weihnachten mit dir freue?«, fragte Martin an Davids Hals flüsternd, gab ihm dort einen Kuss und drückte den Körper seines Freundes an sich. David legte die seinigen Arme um den Anderen. »Mindestens genauso viel, wie ich mich freue. Weißt du noch das eine Jahr, wo du eingeschneit warst? Wäre ich nicht zu Mama und Papa gegangen, wäre ich ganz alleine gewesen«, murmelte David.
»Hör' bloß auf. Diese verdammte Bahn … und ich hatte mich so gefreut dich zu sehen. Aber weißt du was? Das ist Geschichte. Und weißt du noch was?« Martin hob den Kopf und schaute seinem Freund in die Augen. »Ich liebe dich.« Der Dunkelhaarige gab seinem Freund David einen zärtlichen Kuss auf die Lippen und vertiefte diesen ein wenig. David hauchte zwischen den Küssen ein »Ich dich auch«, während er die Zuneigung genoss. Wie sehr David sich noch immer freute, dass sein Martin damals zu ihm gezogen war.
Drei lange Jahre führten sie eine Fernbeziehung mit zweihundert Kilometer Distanz. Irgendwann hatte Martin ihn angerufen und gefragt, ob sie nicht zusammenziehen wollten. Er war ziemlich bedrückt gewesen, da sein bester Freund ins Ausland gezogen war. Dieser hatte Martin immer wieder aufgebaut, wenn ihn die Sehnsucht packte.
Soeben kochte der Wein auf, was David bemerkte. Er drückte Martin von sich, gab ihm noch einen kurzen Kuss und begann mit der Zubereitung. Was David nicht sah, war, dass Martin sich nun doch einen Keks stahl und genießerisch brummte. David drehte den Kopf und sah seinen Freund noch kauend vor den Plätzchen stehen. »Du kannst auch nicht warten, oder?« , rügte er ihn, nahm zwei Tassen und stellte sie neben den Topf.
»Ich mag es, wenn sie noch heiß sind ... genau wie du«, sagte Martin schmunzelnd. David errötete leicht und schlug ihm belustigt gegen den Arm. »Schwätzer«, erwiderte er lachend und füllte die Tassen auf.
Er reichte seinem Freund einen Becher mit der dampfenden Flüssigkeit. »Hier, aber pass' auf, ist noch heiß, genau wie du«, äffte er die Worte seines Freundes nach. Daraufhin grinste Martin. »Touché.«
Zusammen setzten sie sich mit Plätzchen und Glühwein an den Tisch. »Der ist voll lecker«, schwärmte Martin. »Danke, ist auch ein Rezept von meiner Oma. Sie hatte echt die besten Rezepte in ihrem Buch", erklärte David und tippte auf das besagte Buch neben ihm.
»Anscheinend bist du auch aus diesem Buch, hm? Sehr gelungen, würde ich sagen.« Martin warf David einen Luftkuss zu und nahm daraufhin einen weiteren Schluck.
»Manchmal bist du echt kitschig, weißt du das? Außerdem habe ich Dich erschaffen, Seite neunzehn, "wie backe ich mir einen Mann"«, lachte er und nahm sich nun einen Keks.
»Wer ist jetzt hier kitschig?«, fragte Martin und riss seinem Freund das Plätzchen aus der Hand.
Beide lachten und genossen die Kekse und den Warmmacher. Die Lichterkette war tatsächlich vergessen.
ENDE