Es war ein sonniger Sonntagmorgen, die Vögel zwitscherten ihre schönsten Melodien und es flog ein buntes Osterei durch den Garten, traf mit einem knackenden Geräusch auf den linksseitig stehenden Kirschbaum und fiel herab in den noch vom Morgentau glitzernden Wiesengrund. Durch die vielen Farben war es nur unschwer in dem saftig grünen Rasen zu erkennen.
»Verdammt! Zu offensichtlich …«, murmelte Darius verärgert.
Sich die eigene Faust auf den Oberschenkel schlagend, griff der Blonde erneut in das blaufarbene Körbchen und nahm ein weiteres Ei heraus, das er im hohen Bogen in die andere Richtung warf. Mit einem dumpfen Klopfen prallte es am Gartenhäuschen ab und kullerte in das Blumenbeet, in dem prachtvolle Narzissen blühten. Mit der Hand bereits wieder in das Korbgeflecht greifend, hörte der Blonde die sich öffnende Terrassentür und wandte den Kopf nach hinten. Sein Freund Martin schlurfte im schwarzen Morgenmantel gekleidet direkt auf ihn zu.
»Sag’ mal, was machst du hier?« Der Schwarzhaarige musterte seinen Lebenspartner, der auf der hölzernen Bank saß und unschuldig dreinblickte.
»Nichts. Ich genieße diese friedliche Ruhe. Ist es nicht herrlich?« Darius hob den Kopf und blickte in den Himmel. »Und diese Frühlingsluft. Sagenhaft …«, flötete er gut gelaunt und sog geräuschvoll die Luft ein.
Misstrauisch ließ Martin seinem Blick schweifen. Seit wann hockte sein Freund um diese Uhrzeit im Garten und redete von einer schönen Welt? Irgendetwas stimmte hier nicht. Aber was?
»Aber sonst geht es dir gut?«
»Ja, siggi.« Ungesehen ließ Darius das Körbchen zur abgewandten Seite seines Freundes unter der Bank verschwinden.
»Aha. Na dann … ich wollte Kaffee machen, willst du auch einen?«
»Jap.«
Kopfschüttelnd machte Martin kehrt und verschwand im Haus.
Sein Freund benahm sich äußerst merkwürdig und er würde noch herausbekommen, was es war.
Als Darius sich sicher war, alleine zu sein, hob er die mit Eiern gefüllte Schale aus dem Versteck und schnappte sich ein besonders schönes Exemplar. Rot mit irgendwelchen floralen Verzierungen. Gerade als er es in den hinteren Teil des Gartens werfen wollte, ertönte die Stimme seines Freundes aus dem Haus.
»Schatz, hast du die Ostereier gesehen? Die standen doch gestern noch auf dem Küchentisch!«
Der Blonde legte das Objekt zurück in den Korb, der nur noch zu einem Drittel gefüllt war. »Hat bestimmt der Osterhase!«, rief Darius über seine Schulter hinweg.
»Der hat nicht zufällig blonde Haare und sitzt draußen?«
»Keine Ahnung, ich habe den nicht gesehen!«
»Na, da bin ich mir aber nicht so sicher …« Die Stimme war plötzlich ganz nah und erschrocken drehte sich Darius um.
»Hab’ ich's mir doch gedacht. Was hast du mit den ganzen Eiern gemacht?« Die Hände in die Hüfte gestemmt, musterte Martin seinen Freund mit erhobener Augenbraue.
»Ich weiß nicht, was du meinst.«
»Darius!«, zischte der Schwarzhaarige ungeduldig und lief um die Bank herum. Direkt vor seinem Freund blieb er stehen und deutete mit der Hand auf die Schale. »Also? Ich höre …«
»Ach menno … ich wollte sie verstecken und du hast mich gestört.«
Martins Miene erhellte sich und ungläubig schüttelte er den Kopf. »Für wen? Für mich? Ich bin doch keine fünf mehr …«
»Was hat das denn damit zu tun? Du liebst doch diesen ganzen Quatsch und da dachte ich, ich verstecke einfach welche, damit du etwas Spaß hast. Ist doch schließlich Ostern.«
»Und wo soll ich jetzt suchen? Hier im Garten oder im Haus?«
Darius nickte in die Richtung der Grünanlage. Daraufhin wandte Martin sich um und seine Füße trugen ihn durch den feuchten Rasen. Sich bückend, um die buntgefärbten Objekte zu finden, schlich er gemächlich voran und entdeckte ein Rotes. Warum war es kaputt, dachte Martin, als er es in die Hand nahm. Seltsam.
Auch die Weiteren, die er fand, wiesen eine gebrochene Schale auf. Was zum Teufel hatte sein Freund damit gemacht? Sich umdrehend, taxierte Martin den Blonden, der ihn mit amüsierter Miene zu beobachten schien.
»Was hast du mit ihnen gemacht? Die sind ja alle kaputt …« Demonstrativ hielt der Schwarzhaarige ein grünes Ei in die Höhe.
»Kaputt? Wie soll das denn gehen? Die sind doch aus Plastik …« In diesem Moment nahm sich Darius ein Gelbes aus dem Körbchen und schlug es auf die Teakholz-Bank. Knackend brach die Schale auseinander und der Blonde bekam große Augen. »Verdammt«, flüsterte er und legte es zurück.
»Du bist so ein Idiot, Darius. Du hast sie alle kaputt gemacht.« Allerdings konnte Martin ihm nicht wirklich böse sein. Immerhin hatte sich sein Freund etwas einfallen lassen, auch wenn es in die Hose hing.
»Sorry. Ich dachte, dass es diese Dekoeier sind. Aber hey … ich kann dir noch zwei heile zeigen.« Mit einem schelmischen Grinsen auf den Lippen, heftete sich sein Blick auf den Schwarzhaarigen, der daraufhin nur mit den Augen rollte.
»Die sind nicht bunt und es ist Ostern, hast du selbst gesagt. Lass uns lieber dein Werk aufsammeln, bevor wir noch Ungeziefer bekommen. Du bist mir ja ein toller Osterhase …«
»Na ja«, sagte der Blonde schmunzelnd und erhob sich von der Bank. »Und wenn du jetzt mit mir kommst, dann zeig’ ich dir noch einen richtigen Hasen.« Die Hand nach Martin ausstreckend, wartete Darius darauf, dass der Andere zu ihm kam.
»Du bist unmöglich …«, stöhnte der Schwarzhaarige und es klang dabei weniger vorwurfsvoll, als er es eigentlich meinte.
Ob Martin an diesem Tag noch einen Hasen gesehen hat, werden wir wohl nie erfahren.
ENDE