Es war Mittwoch Nachmittag, die Einkaufsmeile brechend voll und Darius stand mittendrin vor einem Schaufenster des kleinen Elektronikgeschäfts, studierte die Auslage und verglich die angegebenen Preise der ausgestellten Tablets, da sein jetziges nicht richtig funktionierte und wahllose Fehlermeldungen anzeigte. Sein Freund Martin stand nur wenige Schritte weiter bei einem Juwelier und betrachtete die dargebotene Auslegeware an Armbanduhren, die auf schwarzem Samt gebettet lagen mit versteckten Preisschildern.
»Schatz?« Darius drehte sich zur Seite und musterte seinen Freund, der sich vom Anblick der Zeitmesser losriss und auf ihn zu kam.
»Ja?«
»Ich wollte eben hier rein und ’n neues Tablet kaufen. Möchtest du auch eins?« Auch wenn Darius wusste, dass Martin lieber das Laptop benutzte, wollte er ihm dennoch etwas Gutes tun.
»Nein, lass’ gut sein. Mir reicht mein Laptop voll und ganz.« Martin hielt nicht viel von den kleinen Allrounder. Zum einen fehlte ihm die Tastatur und zum anderen besaß er schließlich die kleine Variante, ein Smartphone, dass nahezu die gleichen Funktionen aufwies. Und immerhin gab es noch sein geliebtes Laptop. »Aber willst du das wirklich in diesem Laden holen?« Er zeigte mit dem Finger auf die Ladentür und zog skeptisch die Augenbrauen kraus.
»Ja. Die haben wirklich gute Preise. Das eine liegt sogar unter dem Internetpreis.« Ganze vierzig Euro weniger als der günstigste Preis bei den ganzen Vergleichsportalen. Das war ein wahres Schnäppchen.
»Hm ... wenn du meinst ... aber weißt du was? Hol’ du dein Spielzeug, dann gehe ich mir eben eine neue Uhr holen. Der Laden hat ein paar schöne im Schaufenster, die ich mir gerne ansehen möchte.«
»Ist gut. Dann treffen wir uns gleich wieder hier vor der Tür, ja?«
»Ja, bis gleich.« Mit diesen Worten drehte Martin sich um und betrat das Schmuckgeschäft.
Darius rieb sich grinsend die Hände und setzte sich in Bewegung, um den Laden seiner Begierde zu betreten.
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Mittlerweile war es sechs Uhr abends und der Fernseher lief im Haus der beiden Jungs. Darius beschäftigte sich ausgiebig mit dem neuen portablen Computer, der mit dem alten Tablet bereits mit einem Datenkabel verbunden war, während Martin mit ausgestreckten Füßen und in einer Wolldecke eingewickelt auf dem Sofa lag und seine Uhr betrachtete. Ein Fliegerchronograph aus mattiertem Edelstahl mit lumizierenden Stundenindexen und gebläuten Zeigern, die ebenfalls mit Lume belegt waren, auf einem geschwärztem Ziffernblatt, guillochiert.
»So ’n Scheiß«, murrte der Blonde missmutig und fuchtelte an dem Stecker der Verbindung herum, die, seiner Meinung nach, für den Fehler verantwortlich sein musste. Der Verkäufer hatte ihm nahegelegt, ein neues Kabel zu verwenden und hielt ihm dieses für knapp zwanzig Euro bereits grinsend entgegen. Hinzu kamen noch eine Schutztasche, Panzerglas und eine optional verwendbare Tastatur, die über Bluetooth mit dem Tablet verbunden werden konnte. Und jetzt funktionierte nichts.
»Was hast du denn? Geht was nicht?« Martin riss sich von dem unglaublichen Zeitmesser los und schaute zu seinem Freund, der anscheinend kurz vor einem Anfall stand.
»Ich krieg’ meine Daten nicht rüber. Es öffnet sich einfach kein Fenster am neuen Gerät. Oh nein! ... jetzt ist es abgeschmiert.«
»Du hättest das besser woanders kaufen sollen. Der Laden sah mir auch nicht ganz koscher aus. Ist bestimmt genauso ein Scharlatan, wie die anderen Secondhand-Läden in der Stadt auch.« Martin kannte vom Hörensagen her einige der Läden, die preisgünstige Smartphones verkauften. Die Meinungen fielen jedoch deutlich Negativ aus.
»Der kann was erleben. Da tanze ich morgen sofort an ... und dann kann der sich Warmlaufen. Mann!«, fluchte der Blonde und warf das auf dem Sofa verteilte Zubehör samt Tablet zurück in die Tüte.
»Und dann fahren wir morgen in einen richtigen Laden. Und jetzt komm’ her, der Film fängt jetzt an.« Martin freute sich auf den Film, auch wenn er ihn schon zum hundersten Mal sah.
»Was kommt denn?« Darius warf der Tüte noch einen gehässigen Blick zu und rutschte zu seinem Freund, legte den Arm um ihn und drückte ihm einen federleichten Kuss auf die Spitze der Ohrmuschel.
»Dirty Dancing«, sagte Martin knapp und lehnte seinen Kopf auf Darius’ Schulter und seufzte.
»Oh, wie schön«, sagte der Blonde mit triefendem Sarkasmus, überkreuzte seine Arme und starrte mit gelangweilte Miene auf den Bildschirm.