Einige Tage später saß ich gemeinsam mit Lance und Andrej, einem unserer Mitbewohner aus der Studenten-WG, im Cash. Es war ein kleiner Club, der jeden Donnerstag eine Gruftinacht veranstaltete. Lance stupste mir gegen die Rippen, während ich an meinem Drink schlürfte. »Alter, jetzt mach nicht so ein Gesicht! Du musst auch mal wieder raus. Du kannst doch nicht ewig nur zu Hause rumsitzen. Wann warst du das letzte Mal aus?«
»Letzte Woche«, antwortete ich missmutig, vermied dabei jeden Blickkontakt.
»Du warst nicht aus, du hast gearbeitet. Das ist ein himmelweiter Unterschied!«, ermahnte er mich in freundschaftlichem Ton.
Genervt seufzte ich. Er hatte ja recht. Ich war wirklich schon länger nicht mehr ausgegangen. Eigentlich ging ich nur noch zum Arbeiten in Clubs. Das war auch der einzige Grund, weshalb ich einmal im Monat überhaupt im Cash war. Seit März legte ich hier jeden dritten Donnerstag im Monat auf. Ich zuckte mit den Schultern. »Weiß nicht, schon ’ne Weile her.«
»Dann lasst uns jetzt feiern, dass wir die letzten Prüfungen für dieses Semester hinter uns haben!« Andrej hob sein Glas.
Lance tat es ihm gleich und sah mich auffordernd an. Also hob ich meines ebenfalls, auch wenn ich meine Augen dabei verdrehte, und prostete ihnen zu. Zufrieden lächelten sie. Sie wussten, dass sie nicht mehr von mir erwarten brauchten. Nach einer Weile verschwanden beide auf die Tanzfläche und ließen mich alleine sitzen.
Mir stand einfach nicht der Sinn nach Party. Die letzte Nacht hatte ich wieder unglaublich schlecht geschlafen. Im Moment war wieder einer dieser Phasen, in denen mich die Albträume fast täglich quälten. Lance und Andrej sollten sich lieber mit den Frauen vergnügen, die sie gerade antanzten, statt darauf zu hoffen, dass sich meine Laune hob.
Mit einem tiefen Seufzen wandte ich mich zurück an die Bar und bestellte einen neuen Drink.
»Hey, du bist doch Samsa, oder?«, hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme neben mir.
Ich drehte mich in die Richtung, aus der sie kam, und starrte auf eine breite Brust. Etwas hob ich den Kopf, um dem Typen ins Gesicht sehen zu können. Möglichst ruhig antwortete ich: »Ja, der bin ich.«
»Cool. Ich find ja deine Musik total klasse! Machst du denn noch was in der Richtung? Fand ja total schade, dass du bei den Death Demons weg bist.« Fröhlich grinste er mich an.
Höflich lächelte ich zurück und verbat mir, ohne eine Antwort aufzustehen. Das konnte ich tun, wenn ich wenigstens den Mindestanstand gewahrt hatte. »Ja. Ich mach jetzt mit Blutlaster mein eigenes Ding.« Ich setzte mich in Bewegung und wollte mich an einen der freien Tische setzen, da ich hoffte, die Unterhaltung wäre beendet.
Doch er folgte mir, sah es wohl als Einladung für ein weiteres Gespräch. Eine ganze Weile redete er auf mich ein, klammerte sich dabei am Thema Musik fest. Wie immer ging ich jedem Anflug, die Konversation zu den Demons abdriften zu lassen, aus dem Weg. Ich wollte nicht über sie reden. Allgemein sagte ich nur so viel, dass es gerade noch höflich war. Doch mein Gegenüber schien das nicht zu bemerken und redete munter weiter.
Als er das Thema immer mehr auf mich lenkte und mir dann auch noch leicht über den Arm strich, unterbrach ich ihn reflexartig: »Ich muss mal aufs Klo.«
Hastig machte ich mich dorthin auf den Weg und schloss mich in einer der Kabinen ein. Gegen die Tür gelehnt atmete tief durch und versuchte meinen Atem wieder unter Kontrolle zu bringen.
Scheiße! Konnten die mich nicht in Ruhe lassen? Verstanden die nicht, dass ich nicht mit ihnen reden und schon gar nicht angefasst werden wollte?
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, trat ich aus der Kabine hervor und wusch mir den Schweiß aus dem Gesicht. Eigentlich war der Abend für mich gelaufen.
Ich ging zurück in den kleinen Club und suchte ihn mit den Augen nach Lance ab. Ich wollte ihm und Andrej wenigstens Bescheid sagen, dass ich ging. Den Typen von vorher, der noch immer am Platz saß, ignorierte ich.
Auch Lance schien mich gesucht zu haben, denn er kam mir entgegen, sobald wir uns gefunden hatten. »Ah, da bist du. Hab mich schon gefragt, wo du abgeblieben bist.«
»War nur eben auf Klo«, antwortete ich lapidar. Erneut ließ ich meinen Blick durch den Club schweifen. »Und wo ist Andrej?«
»Vor ’ner halben Stunde mit der Schnecke von vorhin abgehauen.« Lance zwinkerte mir eindeutig zu. Als wüsste ich nicht selbst, was das hieß.
»Und du? Kein Erfolg?«
»Nee, war nichts. Außerdem wollte ich dich nicht allein lassen.« Er grinste mich an.
Ich verdrehte die Augen. »Danke, aber ich kann gut auf mich selbst aufpassen.«
»Weiß ich doch. Aber du wärst dann auch gleich gegangen. Dich muss man ja immer zu deinem Glück zwingen.«
Erneut verdrehte ich die Augen. Tat mir ja leid, aber mir stand nun mal nicht der Sinn danach, häufiger als nötig auf Partys zu gehen.
Plötzlich deutete Lance hinter mich. »Wer ist eigentlich der Kerl?«
Ich drehte mich um und sah den Hünen von vorhin auf mich zukommen. Genervt drehte ich mich wieder zu Lance um, doch da hatte der Kerl mich schon erreicht und legte mir seine Hand auf die Schulter. Er beugte sich zu mir herunter und sprach dicht an meinem Ohr, als würde ich ihn nicht auch so verstehen: »Hey, warum bist du nicht wiedergekommen?«
Ich streifte seine Hand resolut von meiner Schulter, während ich mich zu ihm umdrehte und ihm fest in die Augen sah. Es wurde Zeit, da mal etwas klarzustellen: »Hör zu: Du bist sicher ein netter Mensch, aber ich hab kein Interesse an Männern, okay?«
Aus den Augenwinkeln sah ich, dass nun Lance die Augen verdrehte und den Kopf leicht schüttelte, während mein Gegenüber verwundert das Gesicht verzog. Sofort stammelte er, was absolut nicht zu seinem grobschlächtigen Äußeren passen wollte. »Sorry, ich dachte ... Es hieß immer, du bist bi. Sorry, ich wollte dich nicht ... Tut mir leid.« Hastig verabschiedete er sich und ließ meinen besten Freund und mich stehen.
Gut, wenigstens hatte er sich schnell geschlagen gegeben. Ich hatte keine Lust auf großartige Diskussionen. Wenn doch Lance nur genauso schnell ruhigzustellen wäre. »Alter, was soll der Mist?«
»Was meinst du?«, fragte ich gespielt ahnungslos.
»Du weißt genau, was ich meine!«
Genervt verdrehte ich die Augen, drehte mich um und wollte mich zurück zur Bar begeben. Ich hatte keine Lust, dieses Gespräch schon wieder zu führen. Das taten wir jedes Mal, wenn mal wieder jemand diesen hartnäckigen Gerüchten glaubte.
Doch Lance hielt mich am Arm fest und zog mich zu sich zurück. »Warum erzählst du ständig diesen Mist, von wegen du würdest nicht auf Kerle stehen?«
»Weil es so ist!« Starr blickte ich ihm in die Augen.
»Ja klar. Und ich bin der Weihnachtsmann.«
»Hallo Santa. Würdest du mich jetzt bitte loslassen? Ich will was trinken.« Ich riss mich los und ging zur Bar.
Gerade pisste er mich wirklich an. Und wenn ich denen erzählte, ich sei der Mann im Mond, ging es ihn noch immer nichts an. Zumal es der Wahrheit entsprach. Ich hatte kein Interesse.
Nachdem ich mir etwas zu trinken geholt und mir einen Platz gesucht hatte, gesellte Lance sich direkt wieder dazu. Noch war für ihn das Thema nicht beendet. War es nie. »Du willst also ernsthaft behaupten, du wärst hetero?«
Missmutig starrte ich ihn über den Tisch hinweg an. Bevor ich antwortete, nahm ich einen großen Schluck von meinem Glas. »Ja.«
Einen Moment starrte er völlig perplex zurück, bevor er sich wieder fasste und energisch den Kopf schüttelte. »Was für ein Blödsinn, Is... Du hattest früher fast jede Woche ’nen neuen Kerl!«
Ich versuchte, möglichst gelassen zu wirken, als ich noch einen großen Schluck nahm und mit den Schultern zuckte. »Man wird sich ja wohl mal ausprobieren dürfen.«
»’Ne Beziehung mit ’nem Kerl gehört dementsprechend also auch zum Ausprobieren?«
Augenblicklich wechselte mein Blick zu böse. Jetzt trieb er es zu weit!
Ich wollte gerade etwas erwidern, doch er ließ mich nicht. »Alter, du kannst doch nicht behaupten, dass das einfach nur ...«
»Ich war siebzehn!«, unterbrach ich ihn energisch. Wann verstand er das endlich? Ich hielt ihm doch auch nicht ständig Dinge vor, die er als Jugendlicher getan hatte!
»Drei Jahre! Du warst fast drei Jahre mit ihm zusammen! Das hat nich...«
Ich ließ ihn nicht einmal ausreden, sondern trank den letzten Schluck aus meinem Glas und stand dann auf. Ich brauchte dringend noch etwas Alkohol und Ablenkung.
An der Bar setzte ich mich auf den letzten freien Hocker zwischen zwei fremde Pärchen. Ich wusste, dass Lance das Thema nicht mehr anschneiden würde, solange jemand so nah war. So viel Anstand besaß er immerhin noch. Meine Privatangelegenheiten hatten nichts in der Öffentlichkeit verloren. Durch die laute Musik im Club hatte auch hoffentlich bisher keiner gehört, worüber wir gestritten hatten.
Sobald der Barkeeper Zeit hatte, bestellte ich direkt zwei Wodka pur.
Nach noch vier weiteren Wodka, diese jedoch mit Orangensaft gemischt, beruhigte ich mich langsam. Ich hoffte, dass auch Lance das Thema nun endlich fallen lassen würde, und sah mich nach ihm um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Innerlich fluchend bestellte ich noch einen fünften, als sich jemand auf den mittlerweile freigewordenen Platz links neben mir schob.
»Da mag es aber jemand süß«, kam eine angenehme Stimme aus eben jener Richtung.
Im ersten Moment wollte ich einfach nur zustimmend brummen, doch etwas an der Art, wie sie es sagte, ließ mich aufblicken. Die Frau hatte ihre Haare zu zwei seitlichen Zöpfen gebunden und trug eine schwarze Lederweste, die genau so weit geöffnet war, dass man darüber fantasieren konnte, ob sie noch etwas darunter trug oder nicht. Die Nieten an ihrem Halsband machten wirklich Eindruck. Irgendwie kam sie mir entfernt bekannt vor, aber ich konnte sie nicht zuordnen. Heiß war sie auf jeden Fall.
Ich riss meinen Blick vom verheißungsvollen Dekolleté los und lächelte sie an. Ihr mein Getränk reichend, antwortete ich ihr so deutlich, wie es mir möglich war: »Ist gar nicht so süß.«
Sie nahm das Glas entgegen und nippte kurz daran. Während sie das Gesicht verzog, zwinkerte ich ihr zu. Woher hätte sie auch wissen sollen, dass ich gerne bereit war, etwas mehr zu zahlen, wenn der Barkeeper dafür nicht mit dem Wodka sparte. Der Kerl kannte mich mittlerweile, daher klappte das auch gut ohne Worte.
Während sie mir das Glas zurückgab, fragte ich: »Was würdest du lieber trinken?«
Statt mir zu antworten, winkte sie lieber den Kerl hinter der Bar heran und bestellte sich einen Mai Tai. Nachdem sie ihr Getränk erhalten hatte, sah sie mich wieder an. »Ich bleib dann doch lieber bei dem, was auch wirklich hart sein soll. Außerdem mag ich keinen Wodka.«
Ich lächelte und nickte. Eigentlich schade, ich hätte sie gerne eingeladen. Aber vermutlich hatte ich bei ihr sowieso keine Chance. Man sah und hörte mir den Alkohol mittlerweile sicher an. Da ich an diesem Abend aber auch gar nicht auf einen Flirt aus gewesen war, war es nur halb so schlimm. Dennoch wollte ich nicht direkt kleinbeigeben.
»Bist du öfter hier?«, versuchte ich es ganz simpel. Immerhin war ich häufig genug hier, um zumindest die Stammgäste zu kennen. Und zu denen gehörte sie eindeutig nicht.
Sie lächelte zurück und schüttelte den Kopf. »Nein, heute zum ersten Mal. Ich hab erst vor kurzem hiervon gehört. Und du?«
Ah gut, das Einfachste war dann eben doch häufig das Effektivste. »Es geht. Meistens nur einmal im Monat.«
»Oh, dann hab ich ja Glück gehabt.« Sie zwinkerte mir zu.
Huch, standen meine Chancen etwa doch nicht so schlecht? »Stimmt. Ich wurde heute nämlich nur von einem Freund mitgeschleppt. Ich bin sonst immer nur am dritten Donnerstag hier.«
Ihr Blick wanderte zu den Programmzetteln, die auf dem Bartresen auslagen. Kurz studierte sie sie, sah dann wieder mich an. »Du magst also den DJ?«
Ich lachte auf. »Ich bin der DJ.«
Sie musterte mich eingehend, schüttelte den Kopf. »Komm schon, du hast es nicht nötig zu lügen. Du bist zu jung, um Samsa zu sein. Wenn es hochkommt, bist du gerade mal wirklich einundzwanzig.«
Jetzt musste ich erst recht lachen. Es war nicht das erste Mal, dass mir das passierte. Dafür, dass ich als Jugendlicher häufig als älter durchgegangen war, war es nun oft andersherum. Vermutlich, weil ich mich äußerlich kaum verändert hatte. Dabei half auch der spärliche Kinnbart nicht, den ich mir wachsen ließ, um nicht jedes Mal nach dem Ausweis gefragt zu werden. Und da wir damals mein Alter, so gut es ging, verheimlicht hatten, glaubten nun viele, Samsa müsste Mitte bis Ende Zwanzig sein. Dass ich die Haare mittlerweile kürzer trug als noch zu Demons-Zeiten, machte die Verwirrung wohl noch größer.
Meine Haare waren nicht wirklich kurz, immerhin gingen sie mir noch immer bis zu den Schultern, aber es war in der WG deutlich praktischer als fast bis zur Hüfte. Man glaubte gar nicht, wie lange vier Jungs morgens im Bad brauchten.
Es gefiel mir, dass die Frau vor mir sich nicht von meinem Namen blenden ließ. Das weckte erst recht mein Begehren. Herausfordernd sah ich sie an. »Komm doch in vier Wochen wieder und überzeug dich selbst.«
»Na, du scheinst dir ja sehr sicher zu sein. Dann will ich mal vorerst mitspielen. Hallo Samsa.« Sie hielt mir lächelnd die Hand entgegen und ich schlug ein.
Einen Moment wartete ich, ob sie sich vorstellte. Doch es geschah nichts. »Verrätst du mir auch deinen Namen?«
»Rachel«, antwortete sie prompt.
Ihr spitzbübisches Grinsen verriet, dass es nicht ihr richtiger Name war. Dennoch spielte ich das Spiel mit und erwiderte nun meinerseits: »Hallo Rachel. Schön dich kennenzulernen.«
Wir unterhielten uns noch lange, wobei sie es witzig fand, dass ich mich scheinbar für jemand anderen ausgab. Immer wieder suchte sie nach Ungereimtheiten in dem, was ich erzählte. Im Gegenzug gab sie sich ebenfalls für jemanden aus, der sie nicht war, nämlich Rachel McDonnell. Ich spielte einfach mal mit, immerhin hatte ich dabei nichts zu verlieren und wusste mittlerweile sehr genau, wie viel Privates ich meinen Flirts erzählen konnte und wie viel ich für mich behielt.
Da ich während des Gesprächs auf Cola umgestiegen war, war ich, als wir tanzen gingen, auch wieder halbwegs nüchtern und machte mich nicht ganz zum Affen. Auch dabei hatten wir unseren Spaß.
Danach verkündete sie, dass sie nach Hause müsste, da für sie am nächsten Morgen Arbeit anstand. Ich erkundigte mich, wohin sie musste und da es auf dem Weg lag, teilten wir uns ein Taxi. Der Taxifahrer musste uns für sehr betrunken halten, da wir während der ganzen Fahrt herumalberten, dass sie sich ein Hotel in einer ziemlich schäbigen Gegend von Boston gesucht hätte.
Als sie ausstieg, gab sie mir noch einen kurzen Kuss auf die Wange und raunte in mein Ohr: »Wir sehen uns in vier Wochen ... Samsa.«
Wie sie meinen Namen betonte, jagte mir ein Schauer über den Rücken. Es klang sehr verheißungsvoll. Ich war mir sicher, dass ich beim nächsten Mal erfahren würde, ob sie etwas unter der Weste trug. Allein der Gedanke daran zauberte ein breites Grinsen auf mein Gesicht.
Das Grinsen wich auch nicht, als ich ins Wohnheim zurückkam und feststellte, dass Andrej und seine Errungenschaft ausnutzten, dass sein Zimmernachbar Cohen über die Ferien nach Hause gefahren war. Auch wenn Lance und ich sie immer noch hören konnten, mussten wir uns das wenigstens nicht mit ansehen. Außerdem lag unser Schlafzimmer am anderen Ende der Wohnung, daher hielt sich die Lärmbelästigung in einem aushaltbaren Rahmen.
»Hey, was machst du denn schon wieder hier? Sag mal, bist du besoffen?«, begrüßte mich Lance überrascht, als ich in unser Zimmer kam. Dennoch sah er nicht vom PC auf, an dem er noch etwas zu arbeiten schien.
Ich grinste noch breiter und schüttelte den Kopf. »Nein, sogar recht nüchtern.«
Nun drehte er sich doch zu mir um. »Moment mal. Du willst behaupten, du kommst jetzt gerade aus’m Club und bist nicht sternhagelvoll? Eigentlich hab ich dich erst morgen mit ’nem Kater wieder hier erwartet, nachdem du so lange weg warst.«
»Na ja, ich hatte eine nette Unterhaltung mit Rachel McDonnell.« Sein völlig verdutztes Gesicht, als ich ihm erzählte, ich hätte mit der Geigerin der Crüxshadows gesprochen, ließ mich kichern. Gut, ganz nüchtern war ich dann doch nicht.
Gnädigerweise klärte ich ihn dann doch auf, was es mit meinem Gespräch mit ›Rachel‹ auf sich hatte, während ich mich auszog, um ins Bett zu gehen. Er tat es mir gleich, hörte dabei aufmerksam und interessiert zu.
»Und dich stört wirklich nicht, dass sie dich nicht erkannt hat?«, fragte Lance, nachdem wir beide in unseren Betten lagen.
»Nein, warum sollte es? Ich erwarte nicht, dass jeder weiß, wer ich bin. Es ist mal ganz interessant. Sonst sorgt mein Name immer dafür, dass mich die Leute entweder direkt ablehnen oder anhimmeln. Irgendwie ist es ja ganz aufregend so eine Herausforderung.«
Lance gab einen verstehenden Laut von sich, der gleichzeitig auch unzufrieden klang. Ich bildete mir ein, zu verstehen, was sein Problem war. Er konnte es sich vermutlich vorstellen, wie ich mich fühlte, war aber auch frustriert, dass er solche Situationen nicht kannte. Wir schafften zu zweit einfach den Durchbruch nicht. Es war, als hätte ich mein ganzes Talent für die Songs bei den Demons aufgebraucht.
Leise flüsterte ich in den Raum: »Tut mir leid.«
»Schon gut. Wir schaffen das. Nächstes Jahr, wenn wir mit dem College fertig sind, suchen wir uns ’nen Drummer und ’nen Bassisten und dann können wir durchstarten. Glaub mir, wenn du erst die richtigen Leute zusammen hast, ist es ein Kinderspiel.«
Ich konnte sein zuversichtliches Lächeln in seiner Stimme hören und erwiderte es unweigerlich in die Dunkelheit hinein.